Wer das radio.string.quartet.vienna kennt, der weiß, dass es sich hier um ein Ensemble handelt, welches sich von Album zu Album immer wieder auf höchst spannende Art neu zu erfinden weiß. Nicht anders verhält es sich mit dem vor wenigen Wochen erschienenen fünften Album „Radiodream“ (ACT) aus. Einmal mehr unternehmen die vier MusikerInnen den Versuch, ihre Interpretation von einer von allen stilistischen Fragen losgelösten Musik in neuer Form erklingen zu lassen. „Radiodream“ ist als ein Konzeptalbum angelegt. Ganz wie für den Wiener Psychoanalytiker Sigmund Freud einst die Auseinandersetzung mit Träumen einen bestimmenden Teil seiner Arbeit eingenommen hat, bilden sie für das Quartett den thematischen Ausgangspunkt einer imaginären Reise, welche es in musikalischer Form durch die verschiedensten Gemütszustände und Emotionen führt. Was Bernie Mallinger, Cynthia Liao, Igmar Jenner und Asja Valcic entstehen haben lassen, sind atmosphärisch ungemein verdichtete 14 Stücke, welche faszinierende Bilder in die Köpfe der HörerInnen pflanzen. Gelegenheit, die neuen Nummern live zu hören, gibt es im Rahmen der aktuell laufenden ausgedehnten Konzertreise, welche das Ensemble unter anderem am 31. Jänner auch in das Wiener Porgy & Bess führt.
Egal im welchem musikalischen Kontext auch immer agierend, ob nun sich dem Jazzrock der 70er Jahre in Form von John McLaughlins Mahavishnu Orchestra annehmend, mit der schwedischen Sängerin Rigmor Gustafsson, die weite Welt des kammermusikalischen Jazz bewandernd, oder mit dem Akkordeonisten Klaus Paier den musikalischen Bogen bis hin zum Tango und weltmusikalischen Klängen spannend, für Bernie Mallinger (Violine), Cynthia Liao (Bratsche), Igmar Jenner (Violine) und Asja Valcic (Cello) scheinen traditionelle Begrifflichkeiten schlicht und einfach keine Bedeutung zu haben. Aus der Klassik kommend hat das Quartett niemals irgendeine Scheu gezeigt, auch in andere Musikformen einzutauchen, diese für ihre eigenen klanglichen Visionen zu adaptieren, um sie in neuer Form aufgehen zu lassen.
So geschehen auch auf dem neuen Album „Radiodream“. In den ungemein abwechslungsreichen Stücken des experimentierfreudigen Streicher-Ensembles kommt irgendwie alles vor, Klassik genauso wie Jazz, Neue Musik genauso wie Pop, Rock genauso wie Improvisation. Die Kunst, welche die Mitglieder des radio.string.quartet.vienna auch diesmal meisterlich umzusetzen wissen ist, aus all den verschiedenen Zutaten einen neuen, noch spannenderen, einzigartigeren und fesselnden Sound zu fabrizieren. Einer, der überaus vielschichtig und facettenreich daherkommt, aber niemals ins Kopflastige kippt. Für den überwiegenden Teil der 14 Nummern zeigen sich diesmal Bernie Mallinger und Asja Valcic verantwortlich, die ihre Ideen gekonnt in höchst stimmungsvolle und sich stets steigernde und verdichtende Klanggemälde voller Dramatik und Tiefe verarbeiten.
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Nicht fehlen dürfen wie schon in der Vergangenheit auch Coverversionen. Und die Auswahl genau dieser macht den von aller Offenheit getragenen Grundgedanken dieses außergewöhnlichen Ensembles wohl am deutlichsten. Wer kommt sonst schon auf die Idee so Unterschiedliches wie Franz Liszts „Liebestraum“, Henry Mancinis „Moon River, George Gershwins „I Loves You, Porgy“ oder Radioheads „Nice Dream“ für eine einzelne CD einer Neuinterpretation zuzuführen. Wahrscheinlich nicht allzu viele.
„Radiodream“ ist musikalisches Kopfkino allererster Güte. Vom ersten Ton gefesselt, bleibt einem nicht anderes übrig, sich dem faszinierenden Hörerlebnis voll und ganz hinzugeben. Kurz: ein Album, an dem man nicht so leicht vorbeikommt. (mt)
Termine:
31.01. Porgy & Bess, Wien
02.02. Akku Kulturzentrum, Steyr
03.02. Jazz am See, Feldafing (D)
04.02. Treibhaus, Innsbruck
05.02. Jazzit, Salzburg