Schön wäre es ja schon – und vielleicht eine der wenigen Möglichkeiten –, die lebenswerteste Stadt der Welt doch noch „ein bissl leiwander“ zu machen. Dieser Vision widmen sich PÜNKTLICHKEIT & ANARCHIE alias HANNES LÖSCHEL (Harmonium, Gesang) und WOLFGANG VINZENZ WIZLSPERGER (Euphonium, Gitarre, Gesang) auf ihrem aktuellen Album „wien liegt am meer“ (loewenhertz). Auch musikalisch werden aus dem Volkstümlichen bekannte Klänge und Instrumentierungen mit Rhythmen und Harmonien südländischer Regionen vereint, was ein Album erschafft, das Heim- und Fernweh gleichermaßen hervorzurufen vermag.
Neben selbst verfassten Wienerliedern und einer mit Harmonium und Euphonium arrangierten Interpretation von Johann Sebastian Bachs „Inventio IV“ finden sich auch Coverversionen von Pop-Klassikern wie etwa Procol Harums „A Whiter Shade of Pale“ und Leonard Cohens „Take This Waltz“ auf „Wien liegt am Meer“ wieder. Diese Coverversionen fügen sich nahezu nahtlos in die selbst komponierten Songs ein. Dies liegt zum einen an dem durchaus volkstümlichen Grundcharakter der Instrumentierung und an den in Mundart vorgetragenen humoristischen Texten und zum anderen an den gecoverten Titeln und deren Stimmung an sich. So geht die düstere Leichtigkeit Cohens perfekt in der Wiener Melancholie und deren leicht depressiven Grundstimmung auf.
Humor und Melancholie
Humoristisch und gleichzeitig düster, vielleicht auch etwas makaber: So könnte man die Texte auf „Wien liegt am Meer“ umschreiben. Zeilen wie „Im Gänseheifl bin i a Admiral“ und „I sitz do und iss mei Knackwurscht“ bringen die ZuhörerInnen trotz teils dramatischer Stimmung zum Schmunzeln. Originelle Formulierungen wie diese wechseln sich stellenweise mit Passagen aus Gedichten des niederösterreichischen Lyrikers Theodor Kramer ab und erschaffen so unterschiedlichste erzählerische Welten.
Trotz des reduzierten Einsatzes verschiedener Instrumente – getragen werden die 15 Titel meist durch das Harmonium – fühlt sich dieses Album erstaunlich abwechslungsreich an und vermag es gekonnt, die Aufmerksamkeit der ZuhörerInnen auf mehreren Ebenen zu fesseln. „wien liegt am meer“ zeigt wunderbar, wie volkstümliche Klänge mit einer freieren Zugangsweise klingen können.
Alexander Kochman
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Hannes Löschel
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