Porträt: Tirana

Veronika Eberhart kann jetzt schon auf eine solide Karriere zurückblicken, aber an aufhören ist noch nicht zu denken. Seit nicht zu geraumer Zeit führt sie ihr musikalisches Schaffen unter dem Namen Tirana fort. Alles hat aber schon 2005 angefangen, als sie bei der Organisation des zweiten Ladyfests in Wien mitarbeitete. Auf der Veranstaltung, deren Fokus auf der Unterrepräsentation von Frauen und Mädchen in der Musik- und Kunstszene liegt, traf sie Julia Mitterbauer. Gemeinsam mit Freundin Alena Pfoser gründeten sie Ilsebill, eher ein loses Geflecht aus Musikinteressierten, als Band. Sie blieben nächtelang auf um einander die wildesten Stile und Handgriffe an den verschiedensten Instrumenten beizubringen.

Vier Jahre später waren nur Mitterbauer und Eberhart übrig geblieben, die sich fortan Plaided nannten. Alle Wege führten scheinbar zu jenem Bandnamen, denn inspiriert wurden sie von diversen Quellen. Erstens traten sie mit Ilsebill in karierten (zu Englisch „plaided“) Hemden auf, wie Mike Watt, ein vielseitig talentierter Musiker, dessen Markenzeichen jenes Kleidungsstück ist. Zweitens fiel der Bandname p.l.a.i.d. in einer Dokumentation über ein Girls Rock Camp in Portland. Und drittens führte die Abkürzung des Titel ihrer EP„People lying around in dirt every day“ ebenso zu diesem Namen.

Das Label Fettkakao war schon bei Ilsebill auf der Seite der Musikerinnen gewesen, und verhalf dann auch Plaided zum Debütalbum „Playdate“. Es wurde in Graz mit Hilfe des Multitasking-Wunders Wolfgang Möstl aufgenommen. Sein Einfluss ist in dem rauen Unterton und der Lo-Fi Produktion des Albums zu hören. Mit Pfoser hatte die Band eine Keyboardspielerin gehabt, was die Musik von Ilsebill verspielter klingen ließ. Reduziert auf Gitarre und Schlagzeug, mal abgesehen von einem aushelfenden Bass, klingt „Playdate“ nach angenehm anarchistischem Punk. In den Texten und der Produktion merkt man die Eigenständigkeit des Duos und den Widerstand gegens Schubladisieren.

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Vergleiche zur Riot Grrrl Szene der 1990er Jahre sind fast schon aufgelegt. Die feministische Subkultur war eine Reaktion auf die Dominanz von Männern in der Musikszene. Typisch männliche Elemente von Bühnenshows wurden von den Frauenbands nicht nur übernommen, sondern auch karikiert. Musikalisch zählt Riot Grrrl zum Hardcore-Punk. Heutige Organisationen wie das Ladyfest bauen auf die 90er Bewegung auf, um die Selbstverständlichkeit weiblicher Akteure in der Musikszene zu vermitteln.

An den Auftritten von Plaided sah man nicht nur den starken Einfluss dieser Botschaft, sondern auch von Sängerinnen mit starker Ausstrahlung wie Scout Niblett oder Screaming Females. Und weil Plaided genau ihr Ding machten, ohne sich verbiegen zu lassen, wurden sie Anfang 2013 von der amerikanischen Band Grass Widow als Support zu einer USA-West Coast-Tour eingeladen. Mit dabei waren Andi Dvorak, der Chef von Fettkakao, und die Filmemacherin Cordula Thym. Letztere filmte den gesamten Road Trip, der als ein Mix aus Roadmovie und Dokumentarfilm herauskommen soll.

Veronika Eberhart hatte schon 2011 angefangen auch eigene Wege zu gehen. Tirana nannte sie ihr Soloprojekt und ihre erste Single „Red Hills“, die auf einem Fettkakao Sampler erschien, wurde vielseitig gelobt. Regisseurin Katharina Mückstein hatte in dem Lied den Titelsong für ihren neuen Film „Talea“ gefunden und bat Eberhart weitere Lieder zu komponieren. Mit der Hilfe von Wolfgang Möstl entstanden „Talea“ und „Ready to go“. Ersteres ist eine sanfte Gitarrenballade mit großzügigem Intro. „Ready to go“ ist ein richtiges  Euro-Disco-Tanzlied mit Synthie-Sounds und ausladenden Vocals. Die zwei neuen Lieder wurden im Sommer 2013 als Vinyl EP „Talea“ veröffentlicht. Zurzeit tourt Tirana durch Österreich, und bringt das Publikum mal zum Tanzen und mal zum Nachdenken.
Anne-Marie Darok

Foto: Andi Dvorak