mica-music austria porträtiert diesmal einen Musiker, der von den einen als „Newcomer der Elektro-Szene geadelt“ wird, anderen hingegen schon lange Zeit ein Begriff ist. Insbesondere Club-affinen Elektro-Szeneasten sollte dieser Name schon einmal untergekommen sein: Sixtus Preiss.
Die Rede ist hier von einem waschechten Wienerkind, das schon im frühen Alter mit harter Disziplin in Sachen Musikerziehung in Berührung kam. Eine strenge Musiklehrerin aus Russland unterwies ihm anno dazumal in schnurgerader Haltung und korrekter Fingerfertigkeit auf dem Klavier. Unterlief dem jungen Sixtus doch mal ein kleiner Fehler, durften seine Finger so lange mit einem Holzstäbchen Bekanntschaft machen, bis sie vor Scham rot anliefen. Trotz dieser speziellen Unterrichtsstunden – deren pädagogisches Prinzip auch schon im vergangenen Jahrhundert sehr fraglich war – wurde dem jungen Wiener die Musik auf keinster Weise madig gemacht. Zum Glück! Zwar wurde aus Sixtus – wie man vermuten könnte – kein Wunderkind am Klassischen Klavier, dafür aber ein Virtuose auf elektronischen Geräten. Seit Jahren bastelt Sixtus Preiss mit großer Leidenschaft an Sounds, Beats & Bass. Gestern hat er auf Affine Records, dem führenden Label-Sitz heimischer Elektroniker, die 12-Inch „Samba Feeling Beein This“ herausgebracht.
Die Vielseitigkeit an Genres, die auf dieser Platte zu hören ist, spiegelt die musikalische Sozialisation des Wieners auf sehr exotische Weise wider. Der Key-Track verweist dem Titel nach zwar direkt ins pulsierende Herz lateinamerikanischer Gegenwartskultur, wird man davon jedoch in die Irre geführt. „Samba Feeling Beein This“ reminisziert viel eher die gute alte Ära des Free-Jazz. Dank Frischzellenkur im Sinne von Soundskulpturen, die aus dem Feld des Psychedelic-Hip Hop entlehnt wurden, bekommt das Ganze einen eigenen Spirit, den man schwer in eine Schublade stecken kann. Der zweite Track „Kation“ mit seinem Syhnthielklangteppich gibt sich da schon weitaus Dancefloor-tauglicher, auch wenn stets eine chaotische Energie vorherrscht, mit der sicherlich nicht Jedermann umzugehen vermag. Prinzipiell basieren Sixtus’ Produktionen aus einem Hybrid von Broken Beats und selbst gebauten Drum-Patterns. Mit improvisierten Spielereien hat das Ganze allerdings wenig zu tun. Sixtus Preiss ist sozusagen ein Meister vom Fach: Neben seiner klassischen Klavierausbildung, entwickelte der Musiker ganz nebenbei eine Vorliebe für alten Elektro-Schrott, insbesondere Radios, die es galt auseinanderzunehmen und neu zusammen zusetzten. Nach einer daraus folgenden Technikausbildung, studierte der Wiener Schlagzeug bei Howard Curtis und Walter Grassmann. Jazz-Einflüsse machen sich allerdings erst auf dem Soloprojekt bemerkbar. Zuvor trommelte Sixtus Preiss in der Eurodance-Trashband Super Cerny, die mit dem 2010 veröffentlichten Album „Dancers from Space“ zuletzt von sich hören lies.
Sixtus Preiss – Kation by mica
Mittlerweile fährt Preiss lieber sein eigenes Programm, holt sich allerdings immer wieder gerne Verstärkung aus dem nahen Kollegen-Umfeld. So fand im Sommer 2012 eine Kollaboration mit Musikern der Jazz-Elektro-Improformation Kompost3 statt. Der Elektroniker hat beim diesjährigen Popfest gemeinsam mit Martin Erberle (Flügelhorn, Trompete), Manu Mayr (Bass) und Lukas König (Schlagzeug, Sounds) an einem interessanten musikalischen Konzept gearbeitet, dessen Endprodukt schon bald als EP bei Affine Records erscheinen soll. Im Mittelpunkt der Arbeit stand die Idee elektronische Musik mit komplexen Motiven zu versehen, die beim Hörer allerdings im ersten Moment nicht als komplexe Motive auffallen dürfen, schon gar nicht, wenn zusätzlich mit „echten“, akustischen Instrumenten gearbeitet wird.
Andere heimische Musiker, finden an der elektronischen Komplexität, mit der der Wiener an seine Werke herangeht, sehr wohl Gefallen. Violetta Parisini ließ sich ihren Track “The Blackest Coffe” remixen. Und nach seiner gelungenen Elektro-Adaption des M185- Songs „Floating“ kann es leicht passieren, dass sich Sixtus Preiss mit weiteren Aufträgen bald einen Namen als Mixmaster der Nation macht.
Derweil ist Sixtus Preiss als Support-Act von Bauchklang in Österreich unterwegs. Die Ray-Tour führt diese Woche nach Salzburg und Dornbirn. Am Samstag den 27. Oktober geht es für ihn nach Graz zum Elevate-Festival, wo zeitgenössische Musik, Kunst und politischer Diskurs ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm rund um das Thema „Apokalypse“ bilden werden. Selbst so ein Weltuntergang hat seinen Preiss. Ende der Geschichte. (bw)
Termine:
18. Oktober: Rockhouse (Bauchklang Support), Salzburg (A)
19. Oktober: Conrad Sohm (Bauchklang Support), Dornbirn (A)
27. Oktober : Elevate Festival, Graz (A)
14. Dezember : K4 (Affine Label Night), Nürnberg (GER)