Die goldenen 20er Jahre feiern ein Comeback und die Swinging Sixties sind plötzlich Retro?! Diesen zumindest musikalischen Trip in die Vergangenheit verdanken wir unter anderem dem aus Linz stammenden Marcus Füreder, der mit seinem Synonym Parov Stelar gerade eifrigst in der internationalen Club- und Elekroszene mitmischt.
Einst als Grafiker tätig, bespielt er nun als Produzent und DJ die Tanztempel der Welt. Moskau, Hamburg, Kairo, Istanbul, Mexico City- keine dieser Städte ist zur Zeit vom schwungvollen Sound des Österreichers sicher. So groß der Hype um den Musiker gerade sein mag, so klein hat alles angefangen: Nach ersten Maxi-Veröffentlichungen unter seinem gebürtigen Namen, sowie unter dem Pseudonym Plasma bei „Bushido Records“, beschloss Marcus Füreder 2003 lieber sein eigener Chef zu sein und gründete das Label „Etage Noir“. Im „dunklen Stockwerk“ legte er sich schließlich seinen jetzigen Künstlernamen zu, der ihm schon bald zu heimischen Ruhm verhelfen sollte. Der Durchbruch gelang ihm bereits ein Jahr später mit der EP „KissKiss“, die sogleich in der FM4-Playlist landete und schnell von Nachtprogramm ins Tagesprogramm vorrückte. Nach dem Debütalbum „Rough Cuts“ folgte ein Jahr später sein zweites Werk mit dem Titel „Seven and Storm“. Einige der Lieder schafften es auf diverse Compilations, unter anderem auf zwei FM4-Soundselections.
Sein breit gefächertes, individuelles Musikrepertoire machte ihn über die österreichischen Grenzen hinaus schnell berühmt. Die gekonnt gemixten Kreationen aus Nu-Jazz, Swing, Electro, House und Downbeat lassen den Sound- verwöhnten Hörer nicht kalt: Der Elektroswing war geboren!
Plötzlich kommen Tanzcafés wieder in Mode und 20er Jahre Kostümparties werden nicht nur in Metropolen wie Berlin und Paris zum absoluten Renner. Ganz so einfach lässt sich der Künstler aber nicht in den Retro-Schublade schieben. Man könnte meinen, Füreder sei genau der Typ, der gerne in alten Zeiten schwelgt und die Welt lieber in Sepia als in Color betrachtet. Annahmen wie diese sollte man möglichst schnell wieder unter den Tisch kehren: Besessenes Sammeln von alten Jazz- und Swingplatten war noch nie seinen große Leidenschaft. Da greift er lieber auf digitale Sounds zurück, die schon mehrere seiner Festplatten füllen. Trotz allem spielt Parov Stelar bei seinen Shows keine banalen DJ-Sets mit dem üblichen technischen Equipment, sondern erfreut sein Publikum lieber mit seiner zusätzlichen Live-Band.
Treibende Clubakustik und melancholische Blueseinflüsse finden auf seiner aktuellen Platte „Coco“ (2009) gleichermaßen Platz. Das Durchzappen nach dem nächsten guten Song auf der Scheibe, bleibt dem Hörer erspart. Die Doppel-CD lässt keine Wünsche offen und die unterschiedlichsten Hörpräferenzen des Konsumenten werden mit vollster Zufriedenheit abgedeckt. Während sich die erste Scheibe als „Easy-Listening“ Background-Kulisse entpuppt und zum gemütlichen Chill-Out einlädt, kann man bei Zweiter nur schwer das Bein still halten. Songs wie „The Mojo Radio Gang“ oder „Catgroove“ schreien regelrecht nach einer spontanen Swing-Session. Da verspürt man schon mal den Drang, sich anstelle des USI-Sportprogramms in einen Tanzkurs einzuschreiben, um endlich mal eine ordentliche Sohle aufs Parkett zu legen. Die neue EP „The Phantom“ wird zur Zeit auf den alternativen Radioplattformen rauf und runter gespielt. Bisher hat Füreder sieben CDs veröffentlicht, von seinen vielen EPs und Singles einmal abgesehen.
Als wagemutiger Globalplayer vermischt er houselastigen Lounge-Sound mit Balkan Beats und Bossa Nova. Latin Jazz trifft auf Gipsypunk. Das Jagen nach neuen Klängen fällt ihm allem Anschein nach nicht allzu schwer. Eigentlich kein Wunder, kann er doch bei seinen internationalen Auftritten gleich direkt im Feld forschen. Es sei denn,er hat zwischen Live-Auftritten und Jet-Set noch die nötige Zeit dafür. Das kreative Netzwerk rund um Parov Stelar hat sich im Laufe der Jahre stark erweitert. Der hauseigenen Band, bestehend aus sehr talentierten Berufsmusikern, ist es gar erlaubt Eigeninterpretationen in die Arbeiten einfließen zu lassen. Ebenso hat der Linzer mit dem amerikanischen Rapper Blaktronics, sowie den heimischen Sängerinnen Yola B und Lilja Bloom zusammengearbeitet. Trotz Indielabel, sind Parov Stelar Top-Plazierungen in den internationalen Download-Charts sicher. Besonders großen Erfolg erlangt er in Osteuropa und Griechenland, wo er fast schon als Popstar angehimmelt wird und nur mehr über den Backstage-Bereich die heiligen Konzerthallen still und leise verlassen kann.
Bohème is back – und Parov Stelar hat Vieles dazu beigetragen. Schon zwei mal war er für den Amadeus-Award in der Kategorie FM4 Act nominiert. Gewonnen hat bisher zwar noch nie, aber das dürfte ihn an der großen Anzahl an Booking-Anfragen genauso so egal sein, wie die Frage ob man seinen Live-Auftritten lieber mit Federboa und Charleston-Outfit, oder doch eher schlicht in Jeans und Turnschuhen beiwohnen sollte. (bw)