Porträt: Kollegium Kalksburg

Mit dem Kollegium Kalksburg, dem positiv verrückten Trio Infernal bestehend aus Heinz Ditsch, Paul Skrepek und Wolfgang Vincenz Wizlsberger, feierte 2011eine echte und inzwischen unverzichtbare Wiener Musikinstitution sein 15-Jähriges Bestehen. Dem Dreiergespann ist es mit zu verdanken, dass das Wienerlied in den vergangenen Jahren hierzulande eine Art Renaissance erleben durfte, vermochte das Dreiergespann es doch auf unnachahmliche Weise, die traditionelle Schrammelmusik in ein modernes und zeitgemäßes Gewand zu hüllen. Mit einer ordentlichen Portion Humor, ungemeiner Experimentierfreudigkeit und angetrieben vom Geiste der Erneuerung, spannen die drei virtuos spielenden Entertainer seit je her einen weiten musikalischen Bogen, der von der Vergangenheit bis in die Gegenwart reicht. Ein Ansatz, der das Wienerlied letztlich auch solchen Leuten näher gebracht hat, die im Grunde genommen, wenig bis gar nichts mit dieser Musikrichtung am Hut gehabt haben.

Die Anfänge der Bandgeschichte reichen tief in die 80er Jahre zurück, als sich  Heinz Ditsch und Wolfgang Vinzenz Wizlsperger mit dem heute ebenfalls nicht unbekannten Stefan Sterzinger unter dem Namen „Franz Franz & the Melody Boys“ zusammentaten, um fortan das Wiener Publikum mit ihren schrägen Eigenkompositionen und höchst eigenwilligen Coverversionen in Entzücken zu versetzen. Nun, der Plan, die heimische Musikszene von Grund auf zu revolutionieren, ging letztlich dann nicht ganz so auf, wie erhofft. Dennoch gelang es dem Dreiergespann, sich einen Namen zu machen, einen, der bis heute für originelle Musik aus Wien mit höchst eigenständigem Charakter steht. 1992 wurde mit dem Einstieg von Paul Skrepek schließlich aus dem Trio ein Quartett, dessen Lebensdauer allerdings, aufgrund der einvernehmlichen Trennung von Stefran Sterzinger, auf zwei Jahre beschränkt blieb.

1996 folgte unter neuem Namen die Wiederauferstehung. Paul Skrepek, der mit der Aufgabe betraut worden war, ein Festival für das moderne Wienerlied auf die Beine zu stellen, überredete Heinz Ditsch und Wolfgang Vincenz Wizlsberger es erneut als Trio zu versuchen. Man taufte sich Kollegium Kalksburg und nahm sich vor, sich ganz der originalen Wiener Musik hinzugeben. Jedoch wollte man sich keinesfalls auf eine Art Altertumspflege beschränken. Vielmehr hatten die drei Musiker im Sinn, durch die Einbeziehung anderer Stilelemente und Musikformen eine Brücke von der Tradition hin zur Moderne zu schlagen. Das Wienerlied sollte mit neuem Leben erfüllt und einer zeitgemäßen Interpretation zugeführt werden. Der Versuch eines kunstvollen Spagates zwischen Alt und Neu, Klischee und Qualitätsanspruch.

Schon der erste Auftritte im Rahmen dieses Festivals offenbarte, dass es sich bei diesem Dreiergespann um mehr als nur bloß eine Musikgruppe handelte. Weil die drei ehrenwerten Herren Wizlsberger (Liedgesang, Kamm, Euphonium), Ditsch (Akkordeon, Singende Säge, Gesang) und Skrepek (Kontragitarre, Gesang) zu Beginn klarerweise nicht über das Material für ein einstündiges Programm verfügen könnten, behalfen sie sich damit,  zwischen den einzelnen Liedern quasi ins Kleinkunstfach zu wechseln. Mit einer Mischung aus witzigen und spontanen Moderationen des Herrn Wizlsperger und humorvoll dargebrachten Nummern wusste das Dreiergespann sein Publikum schließlich auch  in höchstem Maße zu begeistern. Noch heute sprechen diejenigen Glücklichen, die bei diesem Konzert anwesend waren, von einem denkwürdigen, ja legendären Musikabend.

 

 

Das erste Album „Bessa wiads nimma“ erschien 1997 und wurde sogleich von den Kritikern mit viel Lob bedacht. Was in den folgenden Jahren von Kollegium Kalksburg auf all ihren Veröffentlichungen in Perfektion vorexerziert wurde, waren die Offenheit zu allen Seiten und die Liebe zum Experiment. So folgte 1998 auf dem zweiten Werk „Oid und blad“ eine Zusammenarbeit mit dem renommierten Koehne String Quartet. Auf dem wegen rechtlichen Fragen niemals offiziell veröffentlichten Album „Sis Wos Se Bittls“ ehrte man auf humorvolle Weise die Beatles. Die eher experimentelle fast schon jazzige Schiene wurde gemeinsam mit dem Klarinettisten Martin Zrost und der japanischen Performance-Künstlerin Yoshie Maruoka auf dem 2003 veröffentlichten «A Höd is a Schiggsoi» gefahren. Das originale Wienerlied gekreuzt mit weltmusikalischen Einflüssen gab es 2005 auf „Imma des Söwe“ zu hören. In eine ähnliche Richtung ging es drei Jahre später auch auf dem Album „Wiad scho wean“.

Auf der bislang letzten Veröffentlichung „schee is wos aundas vol. 1+2“ aus dem Jahre 2010 vollzog die Wienerliedcombo abermals einen radikalen Richtungswechsel. Unter dem Projektnamen Klangkombinat Kalksburg überführten Heinz Ditsch, Paul Skrepek und Wolfgang Vincenz Wizlsberger gemeinsam mit Oskar Aichinger (Piano), Thomas Berghammer (Trompete), Hannes Enzlberger (Bass), Christian Gonsior (Saxophon), Clemens Hofer (Posaune) und Martin Zrost (Saxophon) das Wienerlied in den Jazz und ernteten für diesen ambitionierten musikalischen Spagat völlig zu Recht abermals enthusiastisches Lob.

Heinz Ditsch, Paul Skrepek und Wolfgang Vincenz Wizlsberger stellen auf eindrucksvolle Art und Weise dar, dass es im Bereich des Wienerlieds immer noch etwas zu sagen gibt, dass es immer noch neue Wege zu beschreiten gibt. Mit ihrer Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden, ihre Musik stets auf die nächsthöhere Ebene zu heben, darf angenommen werden, dass Kollegium Kalksburg auch in Zukunft noch für einige musikalische Überraschungen sorgen wird. (mt)

 

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Kollegium Kalksburg