Porträt: Klaus Ager

„Wir sind der Meinung, dass es weit mehr österreichische Komponisten gibt, die wahrgenommen werden sollten. Es gibt kaum ein Land, das über so viele so gute Komponisten verfügt wie Österreich. Freilich werden Leute wie Furrer, Haas und Neuwirth schon auch bei uns wahrgenommen. Aber drei von 600 sind einfach zu wenig“. Der das in einem mica-Interview 2008 sagte, könnte mit Fug als ein Urgestein der Neue Musik-Szene in Österreich genannt werden. Die Funktionen die Klaus Ager (geb. 1946) in seinem bisherigen Leben ausgefüllt hat und ausfüllt, berechtigen zu dieser Qualifizierung. Aber vor allem ist er selbst ein guter Komponist.

Klaus Ager studierte von 1967 bis 1970 am Mozarteum Salzburg (unter anderem) Komposition und Musikwissenschaften. Das allein war ihm nicht genug, 1971 bis 1973 studierte er  Komposition bei Olivier Messiaen und Elektroakustische Musik bei Pierre Schaeffer am Conservatoire de Paris, war bei Kursen zudem bei  Karlheinz Stockhausen und Luciano Berio.

Daneben war er von 1970 bis 1971 Korrepetitor bei den Salzburger Festspielen, 1973 freier Mitarbeiter von Radio France in Paris und von 1974 bis 1978 des ORF in Salzburg. Von 1975 bis 1986 leitete er das Österreichische Ensemble für Neue Musik. 1977 gründete er das zeitgenössische Musikfestival Aspekte Salzburg, welches im Jahr 2006 den 30. Geburtstag feierte. 1979 wurde er Leiter der Lehrkanzel für Musikanalyse und ab 1986 Professor am Mozarteum Salzburg, von 1995 bis 2000 Rektor ebenda. Ab 2000 widmete sich Klaus Ager vor allem der Tätigkeit als Gastkomponist und Lektor in Süd- und Nordamerika, er setzt sich europaweit für eine Besserstellung der Komponisten/Komponistinnen ein. Gemeinsam mit Andor Losonczy verlegt er im Eigenverlag Edition 7 in Salzburg.

Von 1981 bis 1994 war er Präsident der Europäischen Konferenz der Veranstalter Neuer Musik. Seit April 2004 ist er Präsident des Österreichischen Komponistenbundes, in dieser Funktion initiierte er u. a. ein Netzwerk aller europäischen Komponistenverbände.  2006 wurde er Präsident des Europäischen Komponistenverbandes ECF, dem European Composers’ Forum in Brüssel. Bereits zum 5. Mal lud übrigens der Österreichische Komponistenbund in Kooperation mit „prima la musica“ zum „Jugend komponiert” Nachwuchs-Wettbewerb für Komposition. (Vorsitz der Jury 2012: Klaus Ager): Junge Talente im Alter zwischen 10 bis 18 Jahren hatten wieder Gelegenheit, ihre selbst komponierten Werke zum Wettbewerb einzureichen. Je ein Konzertstück mit der Trio-Besetzung Saxophon, Klavier und Kontrabass (Aufführungsdauer: 5 bis 15 Minuten) und ein Selbstwahlstück waren diesmal gefragt.

Bewertungskriterien waren neben Genauigkeit und Lesbarkeit des Notenmaterials die musikalische Eigenständigkeit,  kreative Idee und Originalität der Umsetzung. Die Gewinner stehen bereits fest, ihre Werke werden beim Aspekte-Festival aufgeführt.

Der Komponist Klaus Ager

Aber, und darin wird er zu oft vernachlässigt: Er gilt als einer der renommiertesten zeitgenössischen Komponisten in Österreich. Ein Porträt von Klaus Ager muss  ihn als vielfältigen Komponisten würdigen, auch bei den Aspekten 2012 wird es von ihm eine Uraufführung geben, das oenm wird unter Johannes Kalitzke sein neues Werk “Bruchstücke“ aufführen. Klaus Ager fand in seinem Interview vor vier Jahren auch, dass es für einen Komponisten nicht reicht, zu denken, es würde schon irgendwie laufen, wenn man nur das kompositorische Rüstzeug beherrscht. „So ist es ja schon lange nicht mehr. Beim Komponistenbund versuchen wir, das zu artikulieren und den Leuten zu zeigen, wie sie das Heft selbst in die Hand nehmen müssen, um Erfolg zu haben.“ Er selbst hat eine vorbildliche Website (http://www.klausager.at), die in Deutsch, Englisch und Französisch vorliegt. Und dort erfährt man auch, welche Werke von ihm und wo in aller Welt etwa 2011 von ihm aufgeführt wurden – in Basel, Berlin, Wien, China, Tokio, Salzburg, Lüneburg, Bukarest… Von nichts kommt nichts.

Und diese Werke (derzeitige Liste mit  Opuszahlen: 96) sind sehr spannend und wert, kennen gelernt zu werden. Von ihm selbst stammt eine „Stilbeschreibung“, die zwischen einer experimentellen Phase (bis 1975), der einer sehr komplexen „inkohärenten Prozessgestaltung“ (etwa in „la regle du jeu“ und „a lost shimmer of sunlight“, 1978), einer Auseinandersetzung mit computergenerierter Musik („Fades the light from the sea“ – ein Lamento für großes Orchester) unterscheidet. Doch: „Mit der Serenade op. 60 für Klavier und Orchester beginnt ein Schaffensabschnitt, der wiederum einen ganz neuen Weg geht:  Fast eine Symbiose der ‘inkohärenten Prozessgestaltung’ mit den Entwicklungen der 80er Jahre;  Techniken der Variantenbildung, Unabhängigkeit der einzelnen Stimmen aber auch Brechungen des Ablaufs charakterisieren die Werke dieser Schaffensperiode, deren Höhenpunkte wohl die Kantate ‘Friede!’, oder ‘HanLiu-Ker’ für Bassklarinette darstellen.“

Schöne, teils auch auf CD erhältliche Stücke von ihm sind, neben den bereits erwähnten, etwa das Lied ohne Worte für Oboe und Streichtrio „An die Stille“ nach einem Gedicht von Georg Trakl, das für Gunter Schneider komponierte Gitarrenstück „Atacama“, das sich auf die Stille der (chilenischen) Wüste bezieht, eine Vertonung der Duineser Elegien von Rainer Maria Rilke, nicht zu vergessen auch die MaMuMis für Violine und Klavier, das sind aphoristische Miniaturen, die sich nicht nur auf Postkartentexte von Peter Altenberg, sondern durchaus auch auf Anton Webern und sein op. 9 beziehen.  (Heinz Rögl)

 

Foto: rechtefrei (ÖKB)

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