Porträt: Jellybeat

Invasion auf der Tanzfläche! Wenn Jellybeat das Publikum zur gemeinschaftlichen Disko-Kinetik aufruft, fangen selbst die Wände in den Clubs zu schwitzen an. Die selbsternannte Wiener „beat-electro-pop collision“ weiß ganz genau, wie man an den Reglern dreht, mit noch so simplen Gittarrenriffs eine eingängige Melodie zaubert und nebenbei mit einer ungeheuer sympathischen Gesangstimme punkten kann. Mit den Jahren komm Erleuchtung, eine Menge an musikalischer Praxiserfahrung und folgedessen auch ein richtig erfrischender Sound zustande, der ohne große Komplikationen den augenblicklichen Zeitgeist widerspiegelt. Klar formulierte Klangskulpturen, Big Beats mit Hit-Potenzial produzieren Jellybeat schon seit 1998.

Innerhalb der letzten Dekade wurde zwar die Sängerin gewechselt – anstelle von Anna Jung, die das heimische Dasein als Stimmakrobatin mittlerweile gegen deutsches Mutterglück getauscht hat, gibt seit wenigen Jahren die iranisch-österreichische Sing-/Songwriterin Katrin Navessi den Ton an – zum Qualitätsverlust der Songs hat dies aber nicht geführt. 13 Jahre Jellybeat, diese Anzahl lässt einiges an musikalischen Repertoire vermuten. Wie wahr! Insgesamt 5 Platten wurden bislang veröffentlicht. Zum wohl bekanntesten Album zählt hierbei sicherlich die 2001-Veröffentlichung „Jellyfication“ (Triple Records), welche mit der Singleauskoppelung „Re-Beat“ für Einiges an Furore sorgte. Nicht nur, dass der Elektropop-Kracher in der Playlist von FM4 rauf und runter gespielt wurde, hat der saloppe Indie-Hit bis heute nichts an Langweile oder am Phänomen des Tothörens eingebüßt. Gleich dem umgemodelten Motto „Was lange währt, bleibt lange gut“, dreht der Hörer auch noch heutzutage gerne bei „Re-Beat“ den Lautstärken-Regler höher und fängt automatisch an, die Hookline mitzuträllern. Die Mundwinkel biegen sich bei dem Guten-Laune Ohrwurm dann ganz von alleine nach oben. Und damit man den Song auch wirklich ja nicht aus dem Gedächtnis bekommt, haben Jellybeat genau diesen überarbeitet. Als Neuinterpretation namens „Re-Beat V 2.0.“ platziert sich der Track nun als Nummer 10 am neuen Album, welches seit März letzten Jahres in den heimischen Verkaufsregalen (sowie als MP3 Download zur Verfügung) steht und mit dem Titel „don`t let us be misunderstood“ versehen wurde.

Unverstanden brauchen sich DJ Y, Gottfried Schinagl und Katrin Navessi aber bitteschön nicht zu fühlen. Der kluge Hörer versteht sehr wohl, dass zwischen Elektropop und Elektropop ein großer Unterschied liegt. Darf man den aktuellen Chartsplazierungen glauben, feiert das Genre ja gerade ein großes Comeback. Derjenige, der Jellybeat mit Eurodance, New Beat , Future Pop oder Ähnlichem verbindet, liegt zwar nicht besonders richtig, aber auch nicht ganz daneben. Facettenreichtum, das ist das Wort mit dem die Wiener Formation gerne um sich wirft. Ein Potpourri aus melodiösen Elektro, Retro-Revival und einer überladenen Portion Pop- genau das und nichts anderes ist Jellybeat.

Jellybeat – Lily`s in the Kitchen by mica

Auf den Begriff  Retro darf man hier ruhig etwas genauer eingehen, in einem großen Teil des bandinternen Liedguts stößt man schließlich auf eingängige 60ies/70ies Klänge. Selbst im Video zu „Echo“ zeigt Frau Navessi, dass ihr die Kleidung dieser beiden Jahrzehnte gut zu Gesicht steht. Auf der Band-Homepage werden als musikalische Einflüsse unter anderem Fatboy Slim, Chemical Brothers, Charlatans, Propellerheads oder Apollo 440 genannt. Wer bei der Auflistung überraschender Weise fehlt, ist die kultige 90er Jahre Electrohouse-Combo Deee-Lite aus New York. Nicht nur in der Bandkonstellation, sondern vor allem in Sachen Soundscaping lassen sich mitunter Parallelen finden. In dieser spezifischen Jellybeat-Fusion aus Pop/Rock, Elektro und Indie ist es natürlich schwer eine homogene Hörerschaft für sich zu gewinnen. Dennoch haben sie es geschafft einen soliden Mittelweg für alle Hörersparten einzuschlagen. Die langjährigen Fans und die vielen Live-Auftritte- auch weit über die österreichischen Grenzen hinaus- zeugen davon.

In Deutschland versuchen sie gerade mit der Single „Trial and Error“ Gusto auf die aktuelle Platte zu machen. Der ein oder andere Neuzugang als Jellybeat-Symphatisant wurde sicherlich schon gewonnen. Vielleicht begibt sich ja sogar ein Landesnachbar in unsere Hauptstadt, genauer gesagt zum Waves Vienna Festival. Am 29. September werden dort Jellybeat neben vielen anderen guten heimischen Bands ein sicherlich schönes Live-Set zum Besten geben. „Re Beat“- ob als neue oder alte Version wird wohl auch zu hören sein. Eines ist jetzt schon klar: „They will stop rock the beat!“ (bw)

Termine:

29. 9. 2011 Waves Vienna

Fotos by Manfred Weihs, Stephan Doleschal

Rossori Music