Porträt: Hans Theessink

Wäre Hans Theessink Amerikaner, wäre er wohl einer dieser Legenden, deren Gitarrenspiel Generationen von MusikerInnen beeinflussen würde. Nicht, dass der gebürtige Niederländer dies nicht ohnehin schon tut, als europäischer Musiker aber zu Weltgeltung zu gelangen, verlangt einen langen Atem und natürlich ein Viel an Talent und spielerischer Virtuosität. Doch das Durchhaltevermögen des in Wien lebenden Musikers hat sich ausgezahlt. Nach mehr als 7000 Konzerten in den vergangenen 40 Jahren und einer Reihe stilprägender Veröffentlichungen hat sich Hans Theessink in Sachen Blues und Roots Music längst als eine der großen Institutionen etabliert.

Wie kaum ein anderer Musiker steht der mehrfach ausgezeichnete Wahlwiener für die Pflege der Traditionen des Country- und Folk-Blues in seiner echten und ursprünglichen Form. Wenn schon eine Legende wie der amerikanische Bluesmusiker Bo Diddley sich zu der Aussage „Hans ist ein höllisch guter Gitarrist“ hinreißen lässt, dann bedeutet das schon etwas. Nicht jeder Musiker kann von sich behaupten, von einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des Blues quasi in den Rittersstand erhoben worden zu sein. Hans Theessink allerdings hat sich diese ihn so ehrenden Worte, blickt man auf langjähriges Schaffen zurück, mehr als verdient.

Der 1948 im holländischen Enschede geborene Hans Theessink wird schon in frühen Jahren mit dem Virus des Blues infiziert. Das für den angehenden Musiker vielleicht prägendste Ereignis ereignet sich in den frühen sechziger Jahren, als der noch blutjunge Gitarrist erstmals der heute legendären Radiosendung “The Blues” lauscht. Es ist vor allem die enorme Breite an stilistischen Ausdrucksmöglichkeiten sowie das durch die Musik transportierte tiefe Gefühl, die es Hans Theessink vom ersten Moment an angetan haben. Zunächst mit seiner ersten Band “Silly Skiffle Group” in seiner Heimatgegend und Deutschland unterwegs, veröffentlicht der Musiker 1970 mit „Next morning at sunrise“ sein erstes Album.

In seinem Spiel orientiert sich der Gitarrist vorwiegend an den legendären Altmeistern des Blues wie etwa Big Bill Broonzy und Leadbelly. Auf irgendwelche technische Spielereien wie Drum Computer oder Click-Tracks verzichtet er bis heute. Viel mehr folgt sein Stil dem menschlichen Puls und Herzschlag im erdverbundenen Groove. Manchmal genügt eine einfache Akkordabfolge, um einen Song voll zur Entfaltung bringen zu lassen. Atmosphäre erzeugt Hans Theessinks dabei alleine durch seine außergewöhnlich facettenreiche und gefühlvolle, warme Klangsprache. Genau diese Fähigkeiten, gepaart mit einer ungemeinen Bühnenausstrahlung lassen Hans Theessink auch im Mutterland des Blues, den Vereinigten Staaten, zu großer Bekanntheit gelangen. So wird er als einer der wenigen europäischen Musiker zu den wichtigsten amerikanischen Festivals wie dem “New Orleans Jazz & Heritage Festival” oder dem “Chicago Blues Festival” eingeladen.

Einen der großen Höhepunkte in der langen Karriere bildet mit Sicherheit die Zusammenarbeit mit der Blueslegende Charles Brown, der sich bereit erklärt, auf Theessinks im Jahre 1998 erscheinenden Album “Lifeline” einen Song gemeinsam mit ihm einzusingen. Ein weiterer Beleg für hohes internationales Ansehen des Gitarristen erfolgt 2009: als erster und einziger europäischer Künstler wird er für die Blues Music Awards, quasi das Pendant zu den Film Oscars, in der Kategorie „best acoustic album of the year“ nominiert. Hierzulande darf sich der Gitarrist an unglaublichen fünf Nennungen für den Amadeus Austrian Music Award freuen, welchen er für „Songs from the Southland“ auch mit nach Hause nehmen darf. Darüber hinaus bekommt Hans Theessink 2001 von der Stadt Wien für seine Verdienste als musikalischer Botschafter den Goldenen Rathausmann verliehen. Auch 2010 darf sich der Gitarrist eine hohe Auszeichnung entgegen nehmen. Und zwar den Amadeus Austrian Music Award in der Kategorie Jazz/World/Blues.

Trotz der inzwischen 40 Jahre „on the road“ denkt der heute 62-jährige Musiker noch lange nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen. Auch heute bereist Hans Theessink mit viel Enthusiasmus und einer ungemeinen Liebe zur Musik die entferntesten Winkel der Welt. So führen ihn seine Touren durch Europa, Nord-Amerika, Asien, Neuseeland bis hin nach Australien. Hans Theessink ist einer jener Musiker, denen es zu verdanken ist, dass die traditionelle Roots Music ins aktuelle Jahrtausend gerettet worden ist, denn immer noch begeistern sich abertausend Menschen an dem originalen Blues-Sound alter Prägung. Bleibt zu hoffen, dass dies noch lange so bleibt. (mt)

http://www.theessink.com