Einen halben Tag FM4 durch den Äther schießen zu lassen, sollte ausreichen, um zumindest einmal auf den Song „Time Loops“ zu stoßen. Dieser Synthiemelancholia-Sound hat was. Nicht umsonst steht das Lied in hervorragender Symbiose zum tristen Novemberwetter und hat den Anschein, als würde es direkt aus dem skandinavischen Hinterland bei uns einflattern. Doch nicht nur den vielen nordischen und britischen Bands sei Großes beschert. Diesmal nicht. „Time Loops“ stammt aus der Feder einer (fast) waschechten heimischen Band, der es gebührt, porträtiert zu werden – Giantree.
Ausgehend vom Brüderpaar Hele und Roland Maurer hat sich die Band in ihrer jetzigen Form erst im letzten Jahr zusammengeschlossen. Die musikalische Ursprungsquelle, liegt natürlich in längst vergangener Zeit, wo die Geschwister noch als richtige Jungspunde galten. Beim Spielen war es für die Beiden deutlich interessanter, mit Kochlöffeln auf Omas Töpfe zu trommeln, als sich gegenseitig mit bunten Bauklötzen zu bewerfen. Keine Frage also, dass man im reschen Teenageralter schon auf eine gemeinsame Bandkarriere hinzielte. 2008 haben die Maurers eine gewisse Vorarbeit am Giantree – Projekt geleistet, an Melodien und Texten gefeilt, Höhen und Tiefen, wie zum Beispiel den Abgang der ehemaligen Drummer- und Bassisten – Kollegen erlebt und sich der Tatsache bewusst gemacht, dass es nun an dem ein oder anderem Musiker fehle, um das Bandvorhaben perfekt zu realisieren. So wurde unter anderem der Schlagzeuger Konstantin Spork, den die Brüder vom Konservatorium her kannten, in die Band geholt. Ganz im Sinne der Gender – Freundlichkeit, durfte es auch an einer weiblichen Besatzung nicht fehlen. Und wie holt man sich neue Mitglieder leichter ins Boot, als über eine Annonce. Nach einem kleinen Casting-Marathon, ist nun auch die Berliner Bassspielerin Franziska Kleinschmidt festes Bestandsmitglied von Giantree. Ada Joachimsthaler an Synthesizer und Mikrofon hingegen, stieß auf die Band über ein Kurzfilmprojekt.
So geschehen, hat das Quintett im Frühsommer ihre erste gemeinsame Mini-EP veröffentlicht. Nach einer gemütlichen Akustik-Tour durch Berlin, ist die Band im digitalen Zeitalter angekommen und setzt fürs Erste auf den unkomplizierten Weg des Downloads. So einfach der ergriffene Distributionsweg, so schwerer legt sich einem der Song „Time Loops“ aufs Gemüt. Das Giantree-Universum ist zum Teil ein Undurchsichtiges. Sind die einzelnen Mitglieder in ihrer Gesinnung durchwegs positiv gestimmt, setzt man in der musikalischen Umsetzung eher auf eine depressive Gefühlswelt. Frei nach der Auffassung, dass sich die Muse in der Melancholie entlarvt, wühlen die Song-Inhalte in Negativressourcen. Die Schattenseiten des Lebens werden akribisch durchforstet, Herzschmerz, Verlust, Einsamkeit und Trauer sind die Themen, denen sich Giantree gerne annehmen. Das Gute an ebenjener Band ist die Tatsache, dass ihre Musik nicht in kitschige Schwermut abdriftet. Aus viel zu unterschiedlichen musikalischen Ecken, kommen hierfür die einzelnen Beteiligten, die unter anderem auch schon ins Metier von Jazz oder Softpop reingeschnuppert haben.
Im großen und ganzen sind die Arbeitsschritte in der Formation gut aufgeteilt. Während sich Hele hauptsächlich den Songtexten widmet, sorgt sein Bruder für das klangliche Grundgerüst. Die Übrigen geben den Werken mit perfekt ausgeklügelten Arrangements den letzten Schliff. Und weil man gemeinsam so gute Sache macht, wird es nicht mehr allzu lange dauern, bis das erste Album von Giantree erhältlich sein wird. An Songmaterial fehlt es der Band schon mal nicht. Der fünfköpfige Musikergilde ist es ein Anliegen, ihre Tätigkeiten in Fluss zu halten und gesetzte Deadlines ernst zu nehmen. So hat sie sich vorgenommen, noch bis Ende des Jahres am musikalischen Details zu arbeiten, danach soll es sofort ans Mastering gehen. Eine kleine Finanzspritze für die Albumproduktion wurde der Band dank des Österreichischen Musikfonds zuteil.
Nicht nur der zartbesaitete Hörer werden mit den Debütalbum auf ihre Kosten kommen. Es besteht eine gute Chance, dass selbst emotionsrobuste Hörer von Gänsehaut-Schauern übermannt werden. „Communicate”, ein Song über Fehlkommunikation in Beziehungen, ist ein gutes Beispiel dafür, was dem Hörer auf dem Album erwarten wird. Das Video dazu, wird in kürze auf GoTV zu sehen sein. (bw)
Giantree – Communicate by mica
Fotos: Dominique Hammer
http://www.giantree.net/