Porträt: Georg Breinschmid

Ginge es darum, die bedeutendsten und wichtigsten Persönlichkeiten der heimischen Jazzszene der Gegenwart zu benennen, sein Name wäre auf alle Fälle unter den Erstgenannten zu finden: Georg Breinschmid. Blickt man auf die zahlreichen Projekte, in denen der Kontrabassist und Komponist seine Finger mit im Spiel hat, wird eines sofort klar. Hier ist ein Musiker am Werken, der sich seine eigenen Freiräume schaffen will und für den der Begriff „Berührungsangst“ ein Fremdwort darstellt. Es gibt wohl kaum ein Genre, in dem der 1973 in Amstetten geborene Instrumentalist nicht schon einmal eindrucksvoll reüssieren konnte.

In welchem musikalischen Kontext auch immer agierend, der inzwischen zweifach mit dem begehrten Hans Koller Preis ausgezeichnete Musiker (2002 zusammen mit Arkady Shilkloper und Alegre Correa für die CD “Mauve”, 2003 als “Newcomer of the Year”) bewegt sich in seinem Spiel am liebsten an den Schnittstellen zwischen den verschiedenen Stilen. Er hält wenig davon, sich ständig zu wiederholen. Vielmehr strebt er danach, sein Tun immer wieder auch die nächsthöhere Ebene zu heben, um nicht Gefahr zu laufen, sich irgendwann in der Beliebigkeit zu verlieren. Angetrieben von der Neugier und dem Ehrgeiz, Außergewöhnliches zu leisten, erschafft der Amstettener seine ureigene, irgendwo zwischen Jazz, Klassik, Weltmusik und Improvisation angesiedelte Klangsprache, die, egal in welcher Formation auch immer zum Ausdruck gebracht, schlicht unverkennbar bleibt.

Wiewohl der im Jahre 1973 geborene Georg Breinschmid nach eigenen Angaben erst relativ spät den Beschluss gefasst hat, überhaupt ein Instrument zu lernen. „Im Gegensatz zu meinen beiden älteren Brüdern, die schon Jahre vor mir Berufsmusiker waren, bin ich auch fast schon ein Spätstarter gewesen und habe mich lange Zeit, aus irgendwelchen Gründen, dagegen gewehrt, ein Instrument zu erlernen. Das mit dem Kontrabass hat sich dann eher zufällig ergeben, weil bei uns zu Hause zwei davon herum gelegen sind und ich so beiläufig begonnen habe, darauf herum zu zupfen. Und so ist das dann entstanden. Da war ich so ungefähr 14 Jahre alt, also vergleichsweise spät“ so der Niederösterreicher in einem mica-Interview vor drei Jahren. Was aber umso mehr das ausgeprägte musikalische Verständnis des heute in Wien lebenden Kontrabassisten unterstreicht. Auch sein Weg hin zum Jazz, obwohl von diesem schon immer begeistert, verlief nicht direkt.

Georg Breinschmid studierte zunächst klassischen Kontrabass an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Alsbald folgten auch schon die ersten Engagements bei namhaften österreichischen Orchestern wie etwa den Wiener Philharmonikern und den Wiener Symphonikern, sowie bei verschiedenen Kammermusik-Ensembles, wie etwa dem Amadeus Ensemble, dem Ensemble Kontrapunkte und dem Ensemble Die Reihe. Auch war er einige Jahre Mitglied des niederösterreichischen Tonkünstlerorchesters. Mit der Zeit jedoch drängte es Georg Breinschmid aber immer deutlicher in Richtung Jazz, wo er annahm, sich als Musiker mehr entfalten zu können. „Bei mir ist es so, dass ich zum Jazz immer den etwas natürlicheren Zugang gehabt habe, als zu gewissen Teilen der Klassischen Musik, zu denen ich teilweise auch heute noch nicht wirklich einen emotionalen Zugang habe“, so der Kontrabassist.

Georg Breinschmid (c) Julia Wesely

Er entschloss sich, der der Orchesterlaufbahn ganz den Rücken zu kehren, um seine musikalische Karriere als freiberuflicher Jazzmusiker auf die nächsthöhere Ebene zu heben. Schnell gelang es ihm, sich als einer der versiertesten und vielseitigsten Bassisten der internationalen Jazzszene zu profilieren. Es folgten musikalische Kollaborationen mit Größen wie etwa Archie Shepp, Charlie Mariano, Kenny Drew jr., Biréli Lagrène, Wolfgang Muthspiel, Triology, Megablast, Harry Sokal und vielen anderen. Zwischen 1999 und 2006 war der Niederösterreicher zudem auch ständiger Kontrabassist des weltweit bekannten Vienna Art Orchestra.

Seit etwa 2005 trat Georg Breinschmid zudem vermehrt als Komponist in Erscheinung, wiewohl es auch hier etwas länger gedauert hat, wie der facettenreiche Musiker zugibt: „Obwohl ich eigentlich schon immer improvisierte Musik gemacht habe, habe ich fast bis zu meinem 30. Lebensjahr keinen einzigen Ton komponiert. Ich habe das lange Zeit auch gar nicht erst probiert, einfach, weil ich es mir gar nicht zugetraut habe. Damit begonnen habe ich dann auch nur, weil ich mir gedacht habe, dass ich es zumindest einmal probiert haben sollte. Das habe ich dann auch gemacht und, siehe da, plötzlich ein völlig neues Betätigungsfeld für mich erschlossen.“ Zur Aufführung gebracht wurden seine Werke und Stücke unter anderem von dem Ensemble Amarcord Wien, dem Duo Bach & Bosnisch und dem Ensemble Bass Instinct.

In all seinem musikalischen Schaffen präsentiert sich der heute in Wien lebende Musiker stets als ungemein wandlungsfähiges Chamäleon. All seine Veröffentlichungen und Projekte zeugen von einer ungemeinen Offenheit, den unterschiedlichsten Strömungen gegenüber. Ob nun die hohe Kunst der Improvisation gemeinsam mit seinem langjährigen Weggefährten Thomas Gansch zelebrierend, oder, wie auf seiner allerorts hochgelobten CD „Wien bleibt Krk“, tief in die Welt der Balkanmusik eintauchend oder gemeinsam mit den Gebrüdern Janoska in der Formation Brein’s Liszt Cafe auf den Spuren Franz Liszts wandelnd, Georg Breinschmid scheint seiner Zeit immer einen Schritt voraus zu sein.

Die Liebe zum Experiment sowie seine Neugier nach dem Neuen beflügeln den Kontrabassisten und Komponisten stets zu ungeahnten kreativen Höchstleistungen. Mit seiner Fähigkeit, sein Spiel immer wieder neu zu erfinden, darf angenommen werden, dass dieser außergewöhnliche Künstler das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht hat. (mt)

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