Porträt: Esteban’s

Es hat so langsam den Anschein, dass die Energie und der Kreativitätsschub österreichischer Musiker aus allen Nähten platzt. Es reicht schon lange nicht mehr, „nur“ in einer Band hinter Mikro und Instrumentarium zu stehen. Da müssen schon mehrere musikalische Zusammenschlüsse herhalten und falls es mit neuen Kollegen nun mal doch nicht so klappen sollte, wie man es sich vorgestellt hat, dann tingelt man einfach ungehindert auf Solopfaden. Selbst ist der Mann.

Man denke da unter anderem an Stefan Deisenberger der zwischen Love& Fist und Naked Lunch umhergeistert, einen Wolfgang Schlögl, der nicht nur auf dem Sofa surft, sondern auch gerne im Alleingang unter Decknamen I-Wolf durch die Clubs dieser Welt zieht oder etwa einen Franz Adrian Wenzel, der neben seinem Hauptprojekt namens Kreisky gerne die Zeit nutzt sein Alter-Ego Austrofred aufs wohlgesonnene Publikum loszulassen. Die österreichische Musiklandschaft strotzt vor schöpferischen Workaholics.

Zu diesem Bunde zählt seit wenigen Jahren auch Christoph Jarmer. Ist uns Name und Gesicht doch eigentlich aus der Indieformation Garish bekannt, bleibt ihm zwischen touren und texten auch noch die nötige Zeit für eigenes Schaffen. Wenn er nicht gerade mit seinen vier Bandkollegen unterwegs ist, kreiert der Exilwiener unter dem Künstlernamen Esteban’s fein instrumentierte Klangbilder, welche er erstmals im Jahre 2008 auf das Album „Serenity“ gepresst hat. Damals wurden ganz neue Herausforderungen an sich selbst gestellt. So wird etwa nicht wie bei Garish auf Deutsch gesungen, sondern die wundersame Poesie in englisches Sprachgewand gepackt. Und dass das Album auf dem Schönwetter-Label erschienen ist, kann nur pure Absicht gewesen sein. Denn schon beim ersten Anhören der elf Songs, kommt man auf den Gedanken, dass sich Christoph Jarmer für seine Produktion unter dem Deckcode „Esteban“ für unbestimmte Zeit in eine Finca des südlichsten Spanien verbarrikadiert hat und genau dort zwischen Hitze, Flamenco und Tapas die nötige Inspiration für sein Solowerk gefunden hat.

„Serenity“ klingt wie der Soundtrack des mediterranen Lebensgefühls. Das milde, herrliche burgenländische Klima, in dem Christoph Jarmer Zeit seines Lebens aufgewachsen ist, hat wohl viel zur künstlerischen Inspiration beigetragen. Prickelnde Melancholiemelodie verwebt sich gekonnt mit tiefschürfenden Metaphern. Den Song „Eviva la Noia“ etwa möchte man am liebsten während einer Cabriofahrt durch die salzig riechende Sommerbrise genießen, „Blues of Wonderland“ eignet sich hingegen bestens bei einem Sundowner auf der Terrasse mit Meeraussicht oder wahlweise mit Blick auf den schönen Neusiedlersee.

Esteban’s – Eviva La Noia by mica

Vom Songwriting, bis hin zur Komposition, Gesang und Produktion lag alles ganz alleine in der Hand des talentierten Musikers. Bei den Aufnahmen wurden neben Klavier und Gitarre außerdem Banjo und Ukulele ausgepackt. Die unterschiedlichsten Klangfacetten fügen sich zu einer saloppen Einheit: Jazzelemente verschmelzen mit Folk-Einflüssen, Klaviersolis brechen mit Blues Einschlägen – ohne, dass eines dieser Elemente zu sehr an die Oberfläche drängt. „Serenity“ verspricht was der Name hält: Enspannung pur! Ob sich Esteban’s auch beim kommenden Album so mühelos an der stilistische Vielfalt der Klänge dieser Welt bedienen wird, wird sich bald herausstellen.

„In Rebellion“ wird das zweite Album heißen und soll nach den Sommermonaten veröffentlicht werden. Der beste Zeitpunkt um die warme Jahreszeit musikalisch ausklingen zu lassen. (bw)

Fotos © Julia Grandegger

http://www.estebans.cc/
http://schoenwetterschall.at/