Porträt: Die Strottern

Seit Jahren eine echte Institution in der heimischen Wienerliedszene ist das Duo Die Strottern. Klemens Lendl (Gesang, Violine) und David Müller (Gesang, Gitarre) zeigten sich mit ihrer erfrischenden und modernen Version der originalen Wiener Schrammelmusik mitverantwortlich dafür, dass Musikstil nach einer langen, langen Zeit eine Art Renaissance erleben durfte. Was das Zweiergespann aber keineswegs betreibt, ist Altertumspflege, davon ist es meilenweit entfernt. Vielmehr liefern die beiden Musiker mit ihrer Interpretation des Wienerlieds eindrucksvoll den Beweis, dass es in diesem Genre noch viel zu sagen gibt, dass dieser nicht notwendigerweise den althergebrachten Klischees entsprechen muss, sondern sehr wohl musikalisch qualitätsvollen Maßstäben entsprechen kann. Es ist ein weiter und kunstvoller Spagat, den Klemens Lendl und David Müller vollführen, einer zwischen Traditionen und modernen Ansätzen, zwischen dem weiten Fundes des Wienerliedschatzes und der Einbeziehung klanglicher Elemente anderer Musikstile, wie etwa des Jazz. Was Die Strottern entstehen lassen, ist eine neuartige, zeitgemäße und charmante Interpretation der Wiener Schrammelmusik, die auch jenen gefällt, die eigentlich recht wenig mit dieser Musikrichtung am Hut haben.

Wiewohl die Strottern –  der Name leitet sich von dem Altwiener Ausdruck “Strotter” ab, der für “Gauner, Landstreicher, Strauchdieb, Gelegenheitserwerb Suchende” steht –  selbst den Begriff des „Wienerlied“ bewusst nicht allzu eng zu fassen versuchen. Vielmehr ist es ihnen ein großes Anliegen, ihre eigene Version der originalen Wiener Schrammelmusik, dem lange Zeit mit Vorurteilen behafteten Kontext zu entreißen. Was für die beiden Musiker nichts anders bedeutet, als sich hin zu anderen Richtungen, wie etwa zum Jazz, dem Pop, der Weltmusik oder dem modernen Liedermachertum zu öffnen. Wiewohl ein solcher Ansatz, sich oftmals als ein nicht wirklich leicht zu meisternden Spagat darstellt. „Das Wienerlied ist ja keine Musik, in der jetzt unbedingt Innovation einen großen Stellenwert hat. Es geht eher um Tradition. Da gibt es viele abgeschlossene Gebiete, die viele Menschen auch genau als solche ansehen. Vor allem bei noch älteren Musikern scheint dieses Schubladendenken noch stark im Kopf verankert zu sein. Unsereins muss daher viel mehr aktiv sein, um sich von diesen Denken zu befreien“, so Klemens Lendl in einem mica-Interview 2008.

Bereits die erste und inzwischen vergriffene Erstlingswerk des bereits mehrfach ausgezeichneten Zweiergespanns (2006 erhielten sie den Österreichischen World Music Awards, 2008 den Fraunhofer Volksmusikpreis, 2009 den Amadeus Austrian Music Award in der Kategorie „Jazz/World/Blues“) „Wien bleibt Wien” im Jahre 1998 offenbart unverkennbar die auch für die folgenden Jahre bestimmende musikalische Ausrichtung der beiden Schrammelmusikanten. Es handelt sich um eine CD mit Klassikern des Wienerlieds, welche, in ein zeitgemäßes klangliches Gewand gehüllt, in ganz neuer Form zum Erklingen gebracht werden. In den darauffolgenden Jahren viel Aufsehen erregen können Klemens Lendl und David Müller unter anderem mit ihrer Zusammenarbeit mit dem Wiener Poeten Ahorner, der für das Duo, etwa auf dem 2003er Album “mea ois gean“, wunderbar „Wienerische“ Texte verfasst, welche von ihnen in eindrucksvoller Form ins Musikalische übersetzt werden.

Die Strottern – Das Grösste Glück by mica

Wie weit Die Strottern bereit sind, ihr angestammtes musikalisches Umfeld zu verlassen, beweist auch das gemeinsame Projekt mit MusikerInnen der Wiener Jazzwerkstatt, mit denen man gemeinsam, ganz in der Tradition eines Kurt Sowinetz, Helmut Qualtingers und Ernst Jandls, faszinierende Vertonungen von Texten aus dem Wien von heute erarbeitet. Zu hören ist das Ergebnis auf der 2009 erschienenen CD „Elegant“. Nicht weniger spannend, die bislang letzte Veröffentlichung des Zweiergespanns. Die 2010 erschienene CD „Das größte Glück“, ein Live-Mitschnitt von zwei Konzertabenden im Theater am Spittelberg, offenbart sich als eine musikalische Schatzkiste, die bis zum Rand mit glänzenden Perlen traditioneller Wiener Liedermacherkunst aus den 19. Und 20 Jahrhundert gefüllt ist und von den beiden Musikern in gewohnter Manier kunstvoll einer Neubearbeitung unterzogen werden.

Klemens Lendl und David Müller gelingt es in ihren Interpretationen auf eine unvergleichliche Art, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Wienerliedkunst in einer beeindruckenden Klangsprache zu vereinen, die an Schattierungen enorm reich ist und darüber hinaus enorm viel Charme besitzt. Mit der Fähigkeit, die eigene Musik immer wieder um spannende neue Facetten zu erweitern, darf durchaus angenommen werden, dass man von diesem außergewöhnlichen Zweiergespann auch in Zukunft noch einiges zu hören bekommen wird. (mt)

Fotos © Peter Mayr

http://www.diestrottern.at