Christian Bakanic ist ein vielbeschäftigter Mann. Mag sein Name auch eher nur den „Eingeweihten“ ein Begriff sein – die Projekte, an denen er sich das letzte Jahrzehnt hinweg beteiligt hat und die durch sein facettenreiches Akkordeonspiel wesentlich geprägt waren, sind auch außerhalb der jeweiligen Nischen bekannt: Ob Beefólk, Trio Infernal oder Folksmilch. In all diesen Ensembles, die sich durch eine jeweils unterschiedliche Gemengelage von Jazz, Klassik und Folklore auszeichnen, findet sich sein einprägsames und stilistisch vielseitiges Spiel. Selbiges lässt sich grob in folgende Stränge aufdröseln, die gemäß der jeweiligen Gewichtung stets präsent sind: die komplexe Spontaneität der Improvisation, die temperamentvolle Leidenschaft des Tango Nuevo, das disziplinierte Moment abendländischer Klassik und die vielschichtigen Traditionen europäischer Volksmusik.
Geboren 1980 im Burgenland, wurde Christian Bakanic bereits von Kindesbeinen an mit musikalischen Lehren vertraut gemacht. Einer allgemeinen schulischen Ausbildung folgten Studien am Johann-Joseph-Fux-Konservatorium und an der Grazer Universität der Künste. Ersteres schloss er mit einem Diplom auf dem Gebiet der volksmusikalischen Instrumente ab. Auch an diversen Wettbewerben nahm er regelmäßig teil und gewann sowohl in den Folk-Kategorien als auch in klassischen Disziplinen. In den Folgejahren wurden etliche Ensembles unter seiner Mitwirkung gegründet, einige davon sollen hier in gebotener Kürze vorgestellt werden.
Das kammermusikalische Quartett Folksmilch wurde bereits im Jahre 2000 anlässlich einer Werbeveranstaltung gegründet und fühlt sich seither dem rein akustischen Spiel verpflichtet. Neben dem Akkordeon aus Violine, Kontrabass und Klarinette bestehend, vereint Christian Bakanic hier gemeinsam mit seinen Kollegen Klemens Bittmann, Eddie Luis und Stefan Traussnigg bzw. Gerald Preinfalk vermeintlich Unzusammengehöriges wie Klassik, Tango oder Improvisation. So mäandernd dieser stilistische Crossover, so weit verstreut auch die Liveauftritte, die das Quartett von Kleinkunstbrettern zur klassischen Bühne und vom Jazzclub zum Straßenfest führte. Die drei erschienen Alben unterstreichen gleichermaßen einen sowohl humoristischen als auch allürenlosen Zugang, wie sich etwa an der ebenso phantasievollen wie geschmackssicheren Bearbeitung des Popklassikers „Billie Jean“ ablesen lässt. Seit 2010 spielen Folksmilch nur noch im gestutzten Trioformat, was jedoch weder der klanglich-stilistischen Vielfalt noch der Häufigkeit ihrer Auftritte irgendwelchen Abbruch tut.
Mala Junta ist ein österreichisches Quartett mit der einzigartigen Besetzung Akkordeon/Bandoneon, Violine (Igmar Jenner), Klavier (Aris Feslikidis) und Violoncello (Rina Kacinari). Die Musik des Ensembles reicht von traditionellen argentinischen Tangos und Tango Nuevo bis hin zu Eigenkompositionen Bakanics. Ein ähnliches schrankenloses Wesen zeichnete die inzwischen leider aufgelöste Kapelle Beefolk aus. Von 2001 bis 2011 aktiv, bleiben neben dem Fusion-inspirierten, progressiven Sound vor allem die Zusammenarbeit mit dem österreichischen Ausnahmegitarristen Wolfgang Muthspiel sowie das Konzertprojekt mit dem Wiener Barocksänger Alexander Mayer in Erinnerung. Ihr virtuoses Konzept „Opera Buffa in Five Microscenes“ von 2009, das Facetten der komischen Oper in ein zeitgemäßes Jazzszenario übertrug, war das letzte programmatische Lebenszeichen dieses höchst kreativen Ensembles.
Aus dessen verbliebener Rhythmusgruppe formierte sich schließlich die New Jazz Combo Trio Infernal, mit der Christian Bakanic einen einigermaßen neuen Weg beschritt. Gemeinsam mit Christian Wendt und Jörg Haberl integriert er Clubsounds von Drum’n’Bass bis HipHop und Dancehall-entlehnte Rhythmik in eigenständige Jazzkompositionen oder adaptiert Astor-Piazzolla-Klassiker in einem elektronisch inspirierten Fusion-Gewand. Trio Infernal sehen sich selbst dabei weniger als Grenzgänger, sondern vielmehr als Brückenbauer zwischen den Stilen. Als Resultat präsentieren diese drei hochkarätigen Musiker ein vibrierend lebendiges Klangergebnis, das gewohnte Stile durchbricht und Grenzen aufhebt – Musik reich an Freiheit, Leidenschaft, Virtuosität und Ideenreichtum. Kategorien, die sich durch das gesamte, höchst individuelle Schaffen Christian Bakanics ziehen.
David Weidinger
Fotos: christianbakanic.com
http://www.christianbakanic.com