Hört man den Namen Bruno Strobl, denkt man an die IGNM Österreich, die er als Präsident und, wie er nie zu betonen vergisst, zusammen mit seinem Vorstandsteam, zu neuem Leben erweckt hat. Man denkt an, ja an Asterix, das Gallische Dorf, rundherum Römer … So ähnlich muss er sich gefühlt haben als Kärntner Komponist, der bis Anfang 2011 in Spittal an der Drau gelebt hat. Und der sich wie wohl keiner sonst, in Kärnten für zeitgenössisches Kunstmusikschaffen eingesetzt hat und einsetzt. In der IGNM Kärnten, als Organisator des Festivals EXPAN, als Ensembleleiter, aktuell der MusikFabrikSüd, im Zentrum aktuelle Musik Kärnten, in diversen Gremien und nicht zuletzt bis 2003 als Musiklehrer am Gymnasium in Spittal an der Drau.
Doch im Grunde genommen ist er Komponist und möchte Zeit haben zu komponieren. Anfang 2011 ist er nach Wien übersiedelt. Von der Neue-Musik-Wüste im „Musikland Österreich“ in den lebendigen Dschungel aus musikalischen Pflanzen der verschiedensten Art. Und Bruno Strobl geht eifrig Pflanzen betrachten, besucht Konzerte, sucht den Austausch mit Komponierenden, MusikerInnen, Improvisierenden. Vieles ist nun endlich möglich, was jahrelang qua Wohnsitz und den entsprechenden Umständen in dieser Intensität nicht möglich war. Festivalbesuche unter der Woche? Fehlanzeige, auch nicht als Bildungsurlaub für Musiklehrer.
Bruno Strobl hat sich erst relativ spät seinen Wunsch erfüllt, Komponist zu werden. Im Alter von 30 nahm er zunächst Privatstunden bei Nikolaus Fheodoroff, um dann bei Dieter Kaufmann Komposition zu studieren. Seit Ende der 1980er Jahre begann ihn die Arbeit mit Obertonreihen zu interessieren. Die Musik der Spektralisten waren ihm damals allerdings noch unbekannt. Mikrotonalität ist in seinem kompositorischen Denken zwar möglich, doch nicht als Basis, sondern eher als Zutat. Verschiedene Teiltonreihen dienen ihm als Grundlage zur Organisation. Die, die natürlichen Obertonreihen prägenden, mikrotonalen Abweichungen von der temperierten Skala gleicht er dieser an. So entsteht keine dezidiert mikrotonale Musik, auch wenn Mikrotonalität von Strobl immer wieder verwendet und in verschiedenen Werke integriert wird.
Seine Werke sind oft gekennzeichnet von Übergängen, die er gerne mit der Form der Welle beschreibt. Eine scheinbar grundlegende und unzählige Musiken bestimmende Form. Möglichkeiten der Veränderungen, Irritation, Brüche, Transformationen, Umschwünge, Spiegelungen sind es, die Strobl daran interessieren, nicht die stete Wiederholung einer Grundform. Übertragen auf strukturelle wie klangliche Entwicklungen und Prozesse ist Strobls Musik stets im Fluss. Darin integrierte Kombinationen und Wechsel von abstrakter Klangbildung oder scheinbar in sich ruhenden, intimen und in feinsten Nuancen changierenden Passagen einerseits und andererseits Abschnitten mit zum Teil hoher, gelegentlich auch durch traditionelle Gestik hervorgerufener Expressivität, die manchmal als Verweis, dann wieder als Gegenpol oder als Irritation erscheint, sind Teil dieses Wellen-Konzepts. Expressivität und Sparsamkeit, auch und gerade der verwendeten musikalischen Mittel erscheinen auch hier nicht nur als Gegenpol, sondern ineinander verzahnt.
Eine Vorliebe hat Bruno Strobl für die menschliche Stimme, die er fast immer als traditionelle Gesangsstimme einsetzt, sie in sein Gestaltungskonzept integriert oder auch darüber legt. Es ist dabei nicht nur die Stimme, die ihn interessiert, sondern auch der Text, dem er sich immer wieder widmet – sei es als Lied, sei es im Musiktheater oder als Bühnenmusik Schreibender für Theaterproduktionen der „Neuen Bühne Villach“. Aktuellstes Werk ist seine Kirchenoper „Sara und ihre Männer“, die im Juli in der Stiftskirche Ossiach Premiere haben wird. (Nina Polaschegg)
Foto: Patrick Connor Klopf