POPFEST SESSIONS – Panel 4: „Die Matrix der Szenen, die Magie der Orte, die Trugschlüsse der Erinnerung“

Im Rahmen der POPFEST SESSIONS diskutierten am 30. Juli im Wien Museum Karlsplatz HEINRICH DEISL, MICHAEL LINDINGER und THOMAS MIESSGANG zum Thema „Politics of Sound“. Moderiert wurde das Panel von WALTER GRÖBCHEN. 

GANZ WIEN : Die Matrix der Szenen, die Magie der Orte, die Trugschlüsse der Erinnerung

Gäste: Heinrich Deisl, Michaela Lindinger, Thomas Mießgang
Moderation: Walter Gröbchen

Unter dem Titel „Die Matrix der Szenen, die Magie der Orte, die Trugschlüsse der Erinnerung“ wurde die vierte und letzte Diskussion der Popfest Sessions von Walter Gröbchen eingeleitet. Als inhaltliches Leitmotiv galt dabei die von Michaela Lindinger und Thomas Mießgang kuratierte Ausstellung mit dem Titel „Ganz Wien. Eine Pop-Tour“, die im Herbst 2017 im Wien Museum anlaufen wird. Bei der ersten musealen Aufarbeitung einer möglichen Wiener Pop-Historie richtet sich der Fokus auf eine Auswahl von zehn Veranstaltungsorten, die man im jeweiligen Kontext als physische Sammelstelle der Entwicklungen österreichischer Musikgeschichte bezeichnen kann. Die Zeitspanne reicht dabei von den 50er-Jahren bis heute. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit Privatpersonen und Archiven wie etwa dem des Wiener Subkultur-Experten Al Bird Sputnik. Darüber hinaus ging es laut Lindinger und Mießgang vor allem darum, den Ort als sozial konstruierten Raum zu hinterfragen, der durch fehlende Zeitdokumente auch schnell wieder in Vergessenheit geraten kann. Keine Beweise, keine Relevanz. Im Rahmen der Ausstellung sollen historische Räume die Möglichkeit zur Diskussion öffnen. Ob Atlantis, Club Exil, Adebar, Starclub Wien oder doch Chelsea und Flex ausgewählt wurden, wird man sehen.

Bild (c) Simon Brugner

Der ehemalige Skug-Chefredakteur, Kulturwissenschaftler und Autor von „Kartographie: Im Puls der Nacht“ Heinrich Deisl beschäftigte sich ebenfalls mit Phänomenen der örtlichen Szenenbildung. Ihm ging es vor allem um die Frage, welche Rolle Musik oder insgesamt Sound als autonomer Bereich innerhalb eines akademischen Diskurses spielt oder spielen sollte, denn ein Blick in die Vergangenheit zeige klare Mechanismen der Ausschließung. Sound sei gewissermaßen eine Randerscheinung zwischen Pop- und Gegenwartskultur und werde bis heute von Theater, Film und Literatur in die Schatten gedrängt, stets als diskursunwürdig hervorgehoben. Gerade deshalb sei es auch so wichtig, aus heutiger Perspektive ein relevantes Statement zur örtlichen Sound-Historie auch im Museum sichtbar zu machen. Der allgemeine Umgang mit Popkultur als formgebendem Medium werde dabei thematisiert, dabei gelte naturgemäß Amerika als Paradebeispiel für die Aufarbeitung der eigenen popkulturellen Entwicklungen, gerne auch in Form von überwältigenden Retrospektiven.

In welcher Form lassen sich Musik und Atmosphäre ausstellen und sollen sie überhaupt ausgestellt werden? Die Kuratorin Lindinger verwies dabei vor allem auf die Emotion als nonverbalen Vermittler von Historie, eine Möglichkeit, Soundentwicklungen und Szenengeschichte erfahrbar zu machen. Doch wie kann man Emotion visualisieren? Gemeinsam mit Mießgang wurde am Podium entschlossen, dieser Frage bis zur Ausstellungseröffnung aus dem Weg zu gehen. Bis dahin seien alle Diskutierenden gerne für ein Gespräch bereit. Ob die Pop-Tour ihre BesucherInnen glücklich machen wird, bleibt offen. Mießgang meinte abschließend: „Man kann sowieso nur alles falsch machen.“

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