Im Rahmen der POPFEST SESSIONS diskutierten am 30. Juli im Wien Museum Karlsplatz ZEBO ADAM, PAUL GALLISTER und CHRONO POP zum Thema „Politics of Sound“. Moderiert wurde das Panel von THOMAS MIESSGANG.
POLITICS OF SOUND
Gäste: Zebo Adam, Paul Gallister, Chrono Popp
Moderation: Thomas Mießgang
Der dritte Talk der Popfest Sessions befasste sich mit den Arbeitsumständen und Hintergrundfaktoren österreichischer Popstars im Zeitalter der Elektronik. Als Moderator beleuchtete der Musikexperte und Kulturjournalist Thomas Mießgang einleitend nicht nur heimische, sondern auch internationale Erfolgsformationen aus Gegenwart und Vergangenheit wie Kendrick Lamar, Actress, The Kinks und die Rolling Stones und versuchte so, als Diskussionsbasis ein mögliches Konzept von Kassenschlagern zu etablieren. Sehr konkret und praxisnah konnte der weitere Verlauf des Gesprächs dank der beiden nationalen Star-Produzenten Zebo Adam und Paul Gallister verlaufen, die nicht zögerten, unkaschierte Einblicke zu liefern.
Zebo Adam ist Gitarrist, ehemaliges Russkaja-Mitglied und heute in erster Linie Produzent von Bilderbuch, Beasteaks, Francis International Airport, Gudrun von Laxenburg, Streaming Satellites und Velojet. FM4-Indie-Kids verdanken Zebo Adam ihre Sommer-Hymnen, Dancefloor-Hits und generell Popmusik, die mit dem Zeitgeist geht. Adam selbst sprach über seine Arbeit sehr bescheiden und verwies auf die Vision des Musikers, der er als Produzent lediglich auf die Sprünge geholfen habe. Wenn es ein Erfolgsgeheimnis gebe, dann eventuell jenes, dass die Tatsache, sich nichts Neuem zu verschließen, sehr gut funktioniert habe. Zebo Adam unterstrich den Vorteil musikalischer Progressivität unserer Zeit, in der das lebenslange Klavierlernen nicht mehr notwendig sei, um anspruchsvolle Musik machen zu können. Der Computer und seine technischen Mittel machten die Aufnahme, Entwicklung und schlussendlich den gesamten Ausdruck junger KünstlerInnen grenzenlos möglich. Die Improvisation sei zu einem neuen Parameter aufgestiegen, der den klassischen Zugang überholt habe. Im zeitgenössischem Mediensumpf gehe es um das Erwecken von Emotionen und Interesse. Auch optische Aspekte spielten eine Rolle. Daher sei an dieser Stelle erwähnt, dass die Band Bilderbuch ihrem Produzenten auch die blond gefärbten Haare von Maurice Ernst zu verdanken hat, die – so Adam – entscheidend zum Bilderbuch-Triumph beigetragen haben.
Dass ein visueller Wiedererkennungswert nicht unbedeutend ist, stritt auch Wanda-Produzent Paul Gallister nicht ab: „Wer weiß, was ohne Lederjacken, Sonnenbrillen und Jeans mit den Bologna-Liebhabern geschehen wäre?“ Durch Gallisters Hände ging 2016 ebenfalls das Nino-aus-Wien-Album „Wach“, das mit der Nummer „Praterlied“ den Alternative-Olymp erklomm und sich kollektiv ins Gedächtnis und Herz mehrerer Generationen eingeschrieben hat – ganz ohne Techno. Mit Conchita Wurst hat Gallister auch zusammengearbeitet, er zeichnete für die Orchestrierung von „Rise Like a Phoenix“ verantwortlich. Damit stellte der selbst ernannte „Beatles-Nummer-eins-Fan“ unter Beweis, zeitgenössischem Pop doch recht nahezustehen, trotz seiner Behauptung, am liebsten von einer Lagerfeuer-Stimmung auszugehen, weil die Schönheit einer analogen Gitarre für ihn durch nichts zu ersetzten sei.
Von den Gitarren begeistert zeigte sich nicht zum ersten Mal auch der dritte im Bunde, der Gitarrist und Produzent Chrono Popp. Der bereits quer durch alle möglichen Klanglandschaften gereiste Musiker zweifelte an der Komplexität geläufiger Chart-Hits und stellte die Frage, ob Popmusik Komposition sein kann.
Abschließend waren sich die Gäste jedenfalls darin einig, dass ein elektronisch verstärktes Livekonzert im Jahr 2017 in jeder Hinsicht anders aussieht als heutige Folkauftritte und dass darin vielleicht auch der entscheidende Unterschied zwischen analogem und digitalem Musizieren besteht, nämlich nach welchem Erlebnis das jeweilige Publikum verlangt. Denn Geschmäcker seien ja bekanntlich verschieden und sollten es auch bleiben.