POPFEST SESSIONS – Panel 2: „Das Wort im Pop“

Im Rahmen der POPFEST SESSIONS diskutierten am 29. Juli im Wien Museum Karlsplatz MARKUS BINDER, RANA FARAHANI alias FAUNA, CHRISTOPHER JUST, TEX RUBINOWITZ, ANDREAS SPECHTL und HUBERT WEINHEIMER über „Das Wort im Pop“. Moderiert wurde das Panel von TERESA PRÄAUER.

ES GEHT IMMER UMS VOLLENDEN – Das Wort im Pop
Keynote: Teresa Präauer
Diskussion:
Gäste: Markus Binder, Rana Farahani alias Fauna, Christopher Just, Tex Rubinowitz, Andreas Spechtl, Hubert Weinheimer
Moderation: Teresa Präauer

Mit dem Song-Titel „Es geht immer ums Vollenden“ des Beisl-Poeten Der Nino aus Wien leitete Moderatorin Teresa Präauer eine Diskussion über „Das Wort im Pop“ ein. Die in Linz geborene und 2015 für den Bachmann-Preis nominierte Autorin zog den roten Faden entlang der österreichischen Songtextkultur unserer Zeit, wobei sich ihre erste Frage – passend zum Motto – dem Reim widmete. „Es geht immer ums Vollenden“ bricht in der letzten Strophe mit der vorangehenden Paarreim-Struktur und lässt auf die Notwendigkeit dieses Bruches schließen. Oder doch nicht? Ist der deutsche Reim in der Popmusik Prämisse oder ist er längst obsolet geworden? Ist die rhythmische Verständlichkeit, die erkennbare Melodie und Sinnhaftigkeit eines Songs noch wichtig für den Erfolg oder hat der Pop neue Parameter?

Wenn der deutsche Zeichner und Autor Tex Rubinowitz, der seit über drei Jahrzehnten in Wien lebt, an die Text-Zeit seiner 1994 entstandenen Band Mäuse denkt, verspürt er seiner Aussage nach keinen Hang zum Reim, sondern im Gegenteil einen nach wie vor sehr starken Reimverhinderungszwang. Lakonische Zeilen aus „Il pullover“ wie „Ein kurzes Telefonat ist kein langes Telefonat, wenn man rechtzeitig auflegt“ können das vielleicht bestätigen. Dafür plädierte Rubinowitz für eine Wort-Authentizität, die sich keiner Gattung zuordnen lässt, zumal er generell vor der Anpassung warnte, denn „Adaption ist immer scheiße“.

Bild (c) Simon Brugner

Weiterer Gesprächsgast war Markus Binder, ebenfalls österreichischer Autor und Musiker, der gemeinsam mit Hans Peter Falkner als Duo Attwenger auf der Bühne steht und eine moderne Variante der Mundartmusik und des Gstanzl-Gesangs etablierte. Künstlerisch dem Dadaismus nahe stehend, reflektierte Binder im Zuge des Talks weniger seinen Reim-Bezug als vielmehr die Wichtigkeit der Repetition, die für seine Band unverzichtbar geworden sei.

Rana Farahani produziert als FAUNA seit einigen Jahren experimentelle Clubmusik, die sich allzu banalem Soundsumpf und inhaltsloser Neutralität querstellt. Als einzige Diskutantin dieses Talks stand sie nicht zuletzt deswegen – jedenfalls in diesem Kontext – als Sinnbild für Engagement. FAUNA plädierte für eine inhaltliche Message, ob konkret oder subversiv, jedenfalls aber ehrlich. Als ausgebildete Sängerin bringt Farahani die vokale Ebene in ihrer eigenen Musik gut zur Geltung, äußerte zudem aber ihr Interesse am Texten in einer Fantasiesprache. Ein furchtloserer Zugang sei hier wünschenswert.

Andreas Spechtl gestand als Sänger und Gitarrist der Band Ja, Panik, dass inhaltlicher Mut nicht immer funktioniere. Als Autor sei ihm bewusst geworden, dass in einem literarischen Kontext eine leichtfüßige Provokation schwieriger ist als im Rahmen der Musik. Das Texten für Songs ist laut Spechtl persönlicher, abgekapselt und unerschrocken. Für ihn stellt sich nicht die Frage des Stils, sondern jene des Mediums.

Bild (c) Simon Brugner

Hubert Weinheimer ist als Sänger des Trojanischen Pferds für seine Unerschrockenheit bekannt. Für die in einem Song geäußerte Drohung „Der Nächste, der Kunst sagt, kriegt eine aufs Maul“ zeichnet er auch als Autor verantwortlich. Als progressiver Denker hege er zudem eine Begeisterung für Muster und für die lateinische Lautmalerei am Beispiel von Ovid. „Aber im richtigen Moment musst du darauf pfeifen, ein symmetrisches Gesicht irritiert.“

Der Wiener Techno-Pionier Christopher Just gab abschließend zu bedenken, dass Partyhymnen mit Standardaussagen wie „Move your body, move your ass“ sowohl wunderschönes Gedicht als auch gefährlicher Aufruf zur Volksverblödung sein können.

Das Fazit war, dass es für gute Inhalte kein Rezept gibt und auch in dieser einen Stunde – zum Glück – keines gefunden wurde. Musik basiere auf unterschiedlichen, individuellen Motiven, die 2017 besser nicht zu voreilig der Banalität bezichtigt werden sollten. Aber auch vice versa: Unreflektiertes Glorifizieren berge die Gefahr der Enttäuschung.

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