Das österreichische Musikkollektiv POLKOV veröffentlicht am 25. November 2016 sein zweites Album: „Closer“ (Phonotron). Obwohl sich das Quintett schon seit seiner Gründung 2012 großer Aufmerksamkeit erfreut, wird „Closer“ wohl vorerst das letzte Album sein: Es ist Zeit für eine Pause.
Seit 2012 machten Paul Pfleger, Laurenz Jandl, Alex Hackl, Günther Paulitsch, Jürgen Schmidt und Florentina Finder gemeinsam Musik – dieses Jahr trennte sich Florentina Finder von der Band, und somit sind sie nur noch fünf. Aber auch als Quintett funktioniert es gut: Das neue Album ist zerbrechlich, von Selbstzweifel und Enttäuschungen geplagt. Sie tauschten Pedal-Steel-Gitarre gegen 80er-Synthesizer und verbanden das mit ihren gefeierten Songwriting-Skills. Was einst eine europaweite Showcase-Reihe war, entwickelte sich zu einem von Kritikerinnen und Kritikern gelobten Musikprojekt, das nach diesem Album in eine kreative Pause geht, denn wie heißt es so schön: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.
„Pedals and leaves sending patterns to space“
Eines vorweg: „Closer“ ist ein großartiges Werk, das für wirklich jede und jeden etwas zu bieten hat. Ob rockig, poppig oder eher Singer-Songwriter, Indie etc. – es ist alles da. Jedes einzelne Lied ist eine Überraschung wie ein Geschenk, das sich mit Klicken des Play-Buttons öffnet. Die Schleife auf dem Geschenk sind die von Laurenz Jandl und Jakob Kolb geschriebenen Lyrics, bei denen man auch noch nach mehrmaligem Hören neue Harmonien findet. Die instrumentale Untermalung der Stimme erinnert öfter an die frühen Jahre der deutschen Band Tocotronic, wobei Polkov den rauen Unterton weglassen und somit viel verletzlicher klingen.
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Das Album steigt mit der Nummer „My Sweet Oblivion“ ein, die nostalgisch in Erinnerungen schwelgt und dementsprechend schwerfällig, aber leichtfüßig zugleich wirkt. Man bekommt unweigerlich Gänsehaut beim Refrain und verfällt in eine träumerische Trance. Dieser Zustand wird beim darauffolgenden Lied sofort wieder aufgehoben, denn Tempo und Stimmung steigen, das verträumte Feeling bleibt jedoch – es ist ja auch Polkovs Spezialität. Der Titelsong „Closer“ wurde noch gemeinsam mit Florentina Finder aufgenommen – ein Duett, das die Zuhörenden in die seltene Stimmung der glückseligen Melancholie versetzt. Ein riesiger Klangteppich breitet sich aus und in der Mitte des Teppichs sind die Stimmen fein eingewoben, perfekt komponiert und zusammengestellt. Eine etwas rockigere Nummer ist „Stay“, die zwar nicht schnell, aber dafür umso lässiger ist. Die Atmosphäre schwankt zwischen road trip und forever goodbye, auf jeden Fall herrscht Aufbruchsstimmung. Das Album schließt mit „Hyrule“, einem anfangs rein akustischen Song, der sich nach und nach zur Ballade entwickelt. Auch hier kann man nicht wirklich identifizieren, ob das Lied glücklich oder traurig ist, denn die Harmonien schwanken von Vers zu Vers zu Refrain. Das Tempo ist gedrosselt, der Songtext erfreut das Herz aller Lyrics-Enthusiastinnen und -Enthusiasten und die instrumentale Untermalung ist wie im übrigen Album das Feinste vom Feinsten.
Schade, dass Polkov in eine Pause gehen, denn an Alben wie diese könnte man sich wirklich gewöhnen: Vor allem in der zwischenmenschlich oft angespannten Vorweihnachtszeit sind die Lieder auf „Closer“ überaus passend und werden wohl so manchen den Winter versüßen. Polkov präsentieren ihr Werk am 6. Dezember 2016 im Chelsea in Wien und am 8. Dezember 2016 in der Postgarage in Graz im Rahmen einer Release-Party.
Antonia Seierl
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