Ein spannendes Stück Musik fern jeder Konvention: MARTIN PHILADELPHY, CHRISTIAN MARTINEK und das sie begleitende Trio THE ARRESTO KIDS machen auf ihrem Album „Ten Years After“ (Delphy Records) auf aufregende Art vor, wie man der Popmusik einen kunstvollen Ton entlocken kann.
Das Spannende an den Veröffentlichungen von Martin Philadelphy ist, dass man im Grunde genommen nie wirklich weiß, was man präsentiert bekommt. Der umtriebige Gitarrist ist ein unglaublich wandlungsfähiges musikalisches Chamäleon, das sich immer und immer wieder neu erfindet und es sich von Projekt zu Projekt in einer anderen Nische gemütlich macht. Tätigte Martin Philadelphy in den letzten Jahren Ausflüge vor allem in die Bereiche Jazzrock, Free Jazz und Improvisation, so schlägt er auf „Ten Years After“ gemeinsam mit dem Elektroniker Christian Martinek erneut ein gänzlich neues musikalisches Kapitel auf. Wobei, um ein ganz Neues handelt es sich dann doch nicht ganz: Die Wege der beiden aus Tirol stammenden Musiker haben sich in der Vergangenheit projekttechnisch schon mehrmals gekreuzt – zuletzt eben vor zehn Jahren.
Die etwas andere Annäherung an das Thema Pop
Was Martin Philadelphy und Christian Martinek auf ihrer neuen Platte zum Programm machen, ist der Klang des Pop, natürlich derjenige der etwas eigenwilligeren und stilistisch deutlich erweiterten Note, denn das von dem Zweiergespann gemeinsam mit den Arresto Kids (Enzo Kogleck, David Sieberer, Lukas König) zu Gehör Gebrachte spielt sich immer noch weit außerhalb der gewöhnlichen Normen ab. Wirklich interessant machen die ganze Sache vor allem die musikalische Mischung und deren aufregende Umsetzung durch die Beteiligten. Das Quintett spannt den musikalischen Bogen ausgesprochen weit, von der Elektronik und Einflüssen aus dem Dub und Reggae über den Jazz, Rock, Pop und Blues bis hin zum Hip-Hop und zu ambientartigen Soundwolken.
Der Grundtenor auf „Ten Years After“ ist ein fast ausschließlich zurückhaltender und ruhiger, gleichzeitig aber auch sehr abwechslungsreicher. Martin Philadelphy, Christian Martinek und ihre Begleitband verstehen es wirklich ausgezeichnet, Stimmung in die zwischen Song und ausgedehnten Instrumentalpassagen wechselnde Geschichte hineinzubringen, sie entwickeln eine seltsam entspannte Schwingung, die mal sanft und melancholisch, mal smooth und loungeartig, dann wieder wunderbar verspielt erklingt. Auch vor balladeartigen Passagen zeigt man keinerlei Scheu.
Martin Philadelphy und Christian Martinek nähern sich auf „Ten Years After“ dem Thema Pop auf eine sehr eigenwillige Art an, sie zwängen ihre Stücke nicht in vorgefertigte Schablonen, sondern lassen ihnen jeden Raum und alle Zeit zur vollen Entfaltung. Man kann bestens in die Musik dieser Truppe eintauchen und sich von ihr durch die verschiedensten klanglichen Umgebungen treiben lassen. Richtig schön.
Michael Ternai
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