„Oper ist für mich eine sehr aktuelle Kunstform” – Interview mit CAITLIN SMITH

CAITLIN SMITH versteht sich als Komponistin, die vor allem mit Worten arbeitet, und sie nutzt diese, um sensible Geschichten über Beeinträchtigungen und Ungleichheit aus feministischer Sicht darzustellen. Die in Wien lebende Kanadierin hat mit aktuell zwei Opern in der Pipeline gerade eine Menge zu tun. Dank einer Residency bei enoa steht SMITH in Kontakt mit Operninstitutionen wie dem LOD Muziektheater oder den Theatres de Villes und erlebt, dass es ein wachsendes Verständnis dafür gibt, dass Außenseiterperspektiven für die Oper nützlich sind.

Im Laufe der Jahre hat CAITLIN SMITH viel Erfahrung in der Studioproduktion gesammelt. Sie hat ein tieferes Verständnis dafür bekommen, wie Menschen über Musik denken, was ihr als Produzentin hilft – eine Rolle, die sie ein- bis zweimal im Jahr spielt. Im Interview mit Ruth Ranacher spricht sie darüber, wie man die Top 40 der Country-Musik auseinandernimmt, wie wichtig es ist, einen tiefen Atemzug zu nehmen bevor man spricht, und warum sie die Oper als die fortschrittlichste Kunstform der darstellenden Künste betrachtet.

Du wurdest als Artist in Residence bei enoa ausgewählt – einem weltweiten Netzwerk zur Förderung der Oper. Könntest du bitte kurz deine Rolle in diesem Programm für diejenigen beschreiben, die enoa oder das von Creative Europe finanzierte Programm nicht kennen? Der vollständige Titel lautet: “Empowering Opera: Grenzen überwinden für Institutionen und Künstler”.

Caitlin Smith: Diese immersive Residency von enoa wurde entwickelt, um Menschen, die normalerweise ausgeschlossen sind, den Zugang zu etablierten Operninstitutionen zu ermöglichen. Wir sind acht Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer quer durch Europa und aus vielen verschiedenen Disziplinen. Dieses Programm ist ganz neu, es ist also ein Lernprozess für beide Seiten, für die Teilnehmenden als auch für die Institutionen. Wir haben viele großartige Diskussionen geführt, die mit einer Online-Residency via Zoom begannen. Von da an haben wir alle unsere Residencys individuell zusammengestellt nach Bedarf gestaltet.

„WENN ICH HISTORISCHE ERZÄHLSTRUKTUREN VERWENDE, DANN NUR, WEIL ES DIE EFFIZIENTESTE ART ZU SEIN SCHEINT, DEM PUBLIKUM DIE INFORMATIONEN ZU VERMITTELN.“

Was kannst du von der traditionsreichen Form „Oper“ und beispielsweise ihrer klassischem Erzählstruktur für die Entwicklung deines Materials nutzen? Und wo adaptierst du dein Storytelling?

Caitlin Smith: Ich nähere mich der Geschichte der Oper völlig als Außenstehende. Ich fühle mich dieser Geschichte nicht verpflichtet. Alles, was ich über die Oper weiß, habe ich gelernt, indem ich zugehört, Partituren angeschaut und die Leute gefragt habe, die sie machen. Ich habe nicht das Bedürfnis, Geschichten so zu erzählen, wie sie erzählt wurden. Ich bin eher daran interessiert, Themen darzustellen, die Teil einer nützlichen Unterhaltung sein können. Wenn ich also historische Erzählstrukturen verwende, dann nur, weil es die effizienteste Art zu sein scheint, dem Publikum die Informationen zu vermitteln. Es ist mein Anspruch, die Oper als Medium zu nutzen, um Gespräche anzuregen oder schwierige oder komplexe Themen auf eine Weise zu vermitteln, sodass das Publikum sie über die Musik erfährt.

Du hast erwähnt, dass du die Oper bisher als Außenseiter erlebt haben. Würdest du sagen, ein Grund dafür ist, dass du eine Frau bist?

Caitlin Smith: Mhm, ja.

Dieses Thema könnte uns gleich zu einem aktuellen Stück führen, das du in Zusammenarbeit mit der Autorin und Dramaturgin Carolyn Amann entwickelst. “NOW THAT WE ARE PERSONS WE SHALL MAKE ART” ist eine Kammeroper, die erforscht, wie Frauen ihre eigene Kunst machen, und die den Mythos des männlichen Genies dekonstruiert. Wie machen Frauen ihre eigene Kunst?

Caitlin Smith: Unsere Figuren beantworten diese Frage in diesem Stück, indem sie Zeit und Raum schaffen, in dem sie sitzen, nachdenken und sprechen können. Sie müssen diesen ruhigen Raum, in dem Kreativität entstehen kann, für sich erst finden. Die Gründe, warum sie nicht in der Lage sind, Kunst zu machen, gehen auf fehlende Sicherheit und Zugehörigkeit zurück. Indem man ihnen auf der Bühne Raum gibt, können sie ihre Kreativität entfalten. In der Handlung des Stücks nehmen wir uns die verschiedenen Momente vor, die die Kreativität unserer Figuren unterbrechen. In der Eröffnungsszene wird unser Erzähler, ein junger Maler, der versucht, einen Raum zu finden, in dem er Kunst machen kann, von einem jungen Mann angesprochen, der ebenfalls ein aufstrebender Maler ist. Wir sehen, wie sein Wunsch Künstler zu sein, ganz selbstverständlich akzeptiert wird. Wir sehen sein Verlangen als eine der physischen und manchmal auch gewalttätigen Kräfte, die die Grenzen des kreativen Raums einer Frau einschneiden können.

(c) Franciska Ery

In einer anderen Szene, die in der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in Wien vor Tintorettos “Susanna im Bade” spielt, beleuchten wir, was es für eine Frau bedeutet, in einer Galerie zu sitzen, die voll von Darstellungen des männlichen Blicks ist. Diese Szene ist eine Neuinterpretation der traditionellen Geschichte von “Susanna im Bade”, denn unsere weiblichen Figuren erzählen sich die Geschichte so, wie sie sie sehen, und nicht so, wie Tintoretto sie verstanden hat. Ich habe viele Abhandlungen von Kunsthistorikern gelesen, um zu verstehen, wie sie das Gemälde interpretieren. Je mehr ich las, desto stärker wurden ihre Stimmen in meinem Kopf. Für die Oper haben wir Schauspieler aufgenommen, die Monologe, die dieselbe Sprache wie diese akademischen Abhandlungen verwenden, vortragen. Dem stellen wir gegenüber, wie unsere weiblichen Figuren das Gemälde selbst analysieren. Wir analysieren also nicht nur das Gemälde und die Art und Weise, wie Kunsthistoriker Tintorettos Werk betrachten, sondern auch die Geschichte von “Susanna im Bade” neu.

Du hast einen genrekonformen Country-Music-Song geschrieben, den du online mit Session-Musikern in Nashville produziert hast. Für die Oper hast du ihn in kleine Teile zerlegt und in die Partitur integriert. War das für die – ich schätze mal – männlichen Musiker einfach nur “business as usual“? Wussten sie, was dein Plan war?

Caitlin Smith: Ich habe ihnen gesagt, was ich vorhatte, und sie waren voll und ganz damit einverstanden. Die Aufnahmesession habe so vorbereitet, wie jede andere kommerzielle Aufnahmesession. Für die Musiker war es also ein ganz normales Geschäft. Aber das Endprodukt ist jetzt ein radiotauglicher Country-Song, den wir in kleine Teile zerlegen. Wir improvisieren zu den verschiedenen Themen des Songs, der aus der Perspektive des jungen Mannes geschrieben wurde, der auf die Galerie kommt und dort Platz nimmt. Die Idee ist, dass unsere weiblichen Charaktere diesen Song in der Oper neu interpretieren werden.

„ALS BEOBACHTERIN FINDE ICH DIE GESCHLECHTSSPEZIFISCHE NATUR VON COUNTRY-MUSIK FASZINIEREND. DIE MACHO-KULTUR IST TEIL DER MARKE.“

Wie ernsthaft warst du, als du das Lied geschrieben hast? War das wie ein Kochrezept für dich?

Caitlin Smith: Sehr ernst. Das geht auf meine Ausbildung zurück. Ich habe im Laufe der Jahre eine Menge kommerzieller Musik für verschiedenste Formate geschrieben. Es war also sehr einfach für mich, einen Song zu schreiben, der auf den ersten Blick sehr nach Mainstream-Country klingt. Aber wenn man sich mit dem Text beschäftigt, wird klar, dass es sich um eine Parodie handelt oder vielleicht nicht ganz so ernst gemeint ist. Es ist dieser Sound, der dem Ohr sofort sagt, dass es sich um Top-40-Country-Musik handelt. Als Beobachterin finde ich die geschlechtsspezifische Natur von Country-Musik faszinierend. Die Macho-Kultur ist Teil der Marke. Die Verwendung des Country-Sounds ist ein effektiver Weg, um die Verletzlichkeit unserer männlichen Figur hinter ihrer Macho-Fassade zu untersuchen. Das können wir durch den Sound signalisieren.

Ein anderes Werk, „The State of Her”, ist ebenfalls Teil der enoa Opera Creation Journey, einem neuen Förderprogramm für Opernstoffe, welches 2022 stattfinden wird. Gib uns bitte ein paar Einblicke in dieses Stück.

Caitlin Smith: Wir befinden uns bei diesem Stück in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung. Ich arbeite mit Sinéad O’Kelly, einer irischen Mezzosopranistin, und Franciska Ery, einer ungarischen Regisseurin, an der Entwicklung dieser Kurzoper für Mezzosopran und Orchester. Wir haben uns im Rahmen des Engender Networking-Programms des Londoner Royal Opera House online kennen gelernt. Während einer Speed-Dating-Session landete ich in einen Zoom-Room mit Franciska und wir hatten ein sehr gutes Gespräch. Die Idee ist, ein Stück für Sopran und Orchester zu produzieren, das als Teil eines Triptychons mit Händels “La Lucretia” und Poulencs “La voix humaine” aufgeführt werden kann. Unser Ziel ist es, einen Abend zu gestalten, an dem in allen drei Stücke – Händel, Poulenc und dem neuen Stück, das wir jetzt gemeinsam kreieren – die gleiche Figur auftritt.

„FRAUEN, DIE SICH HEUTE IN DER GLEICHEN SITUATION BEFINDEN, HABEN MEHR HANDLUNGSSPIELRAUM, HABEN ABER IMMER NOCH MIT DEN GLEICHEN GRUNDPROBLEMEN ZU KÄMPFEN.“

Man muss also etwas kreieren, das exakt dazu passt…

Caitlin Smith: Ja, das aber auch für sich allein steht. Die Geschichte ist über die Jahrhunderte hinweg dieselbe. Es gibt eine Menge Ähnlichkeiten zwischen La Lucretia und Poulencs Figur. Beide sind Frauen, die die unmittelbaren Folgen sexueller Gewalt erleben. Was uns aufgefallen ist, ist, dass Poulencs Figur viel mehr Handlungsspielraum hat als La Lucretia. Im frühen 20. Jahrhundert war Poulencs Figur nicht in der Lage, explizit über sexuelle Gewalt als Thema zu sprechen, aber sie wurde auch nicht auf diese hilfloser Figur reduziert, wie Händel sie darstellt. Sie verarbeitet das Trauma auf eine viel introvertiertere Weise. Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden zu sein, ist für sie nicht der Punkt, an dem das Leben endet, aber für La Lucretia war es das. In unserem Stück wollen wir die Fortführung dieser Entwicklung zeigen. Frauen, die sich heute in der gleichen Situation befinden, haben mehr Handlungsspielraum, haben aber immer noch mit den gleichen Grundproblemen zu kämpfen.

Und vielleicht fehlen ihnen ja auch die Worte?

Caitlin Smith: Ganz genau. Für die Erarbeitung des Librettos stellen wir uns verschiedene Fragen. Wie viel Handlungsspielraum hat unsere Figur, um explizit über das zu sprechen, was ihr passiert ist? Und wie viel muss im Unklaren oder unter der Oberfläche bleiben? Wem wird sie ihre Geschichte erzählen und wird man ihr dann tatsächlich zuhören?

(c) Franciska Ery

Du hast die Form eines inneren Monologs gewählt. Es ist also noch nicht festgelegt, wohin deine Figur mit ihrem Schmerz geht.

Caitlin Smith: Ja. Wir hoffen, die Abläufe rund um die Anzeige eines sexuellen Übergriffs bei der Polizeistation untersuchen zu können, und die Worte, die in dieser sehr bürokratischen Situation “erlaubt” sind, herauszufinden.

Ungleichheit spielt darin vermutlich auch eine Rolle.

Caitlin Smith: Die Machtdynamik bei der Anzeige eines sexuellen Übergriffs ist so unangenehm. Wir stellen das, was unsere Figur in dieser Situation sagt, ihrem inneren Monolog und das, was sie für sich selbst ausdrücken muss, gegenüber. Musikalisch können wir mit diesem inneren Monolog eine Menge anfangen. Den gleichen Effekt versuche ich bei “NOW THAT WE ARE PERSONS”. Beide behandeln sehr traumatische Themen und für viele Menschen im Publikum nicht nur eine abstrakte Frage. Es ist eine Erfahrung, die sie gemacht haben. Um zu vermeiden, dass unser Publikum möglicherweise erneut traumatisiert wird, wollen wir die körperlichen Auswirkungen die die Darstellung dieser Geschichten haben können, mitbedenken. Das ist unser Ziel bei beiden Opern. Das erreichen wir durch das Timing und das Tempo der Informationen, die wir vermitteln. Indem wir körperliche Pausen einlegen, echte Atempausen. Wenn wir zum Beispiel etwas Schwieriges behandeln, lassen wir Raum um tief durchzuatmen und sagen uns gemeinsam: “Woooha, das war schmerzhaft!” Wenn wir uns mit diesen komplexen Themen befassen, möchte ich sicherstellen, dass unser Publikum immer noch in der Lage ist, sich zu beteiligen und Teil des Gesprächs zu sein. Ich persönlich habe es so satt Opern zu sehen, die echte Tragödien sind, und dabei das Gefühl zu haben, nichts Neues zu lernen. Ich bin danach erschöpft, zermürbt und stelle fest, dass das Thema die Gesellschaft in keiner Weise vorangebracht hat.

„JE MEHR OPERNSCHAFFENDE ICH KENNENLERNE, DESTO MEHR DENKE ICH, DASS DIE OPER DERZEIT DIE PROGRESSIVSTE KUNSTFORM IN DER DARSTELLENDEN KUNST IST.“

Oper ist Drama, Mord und Totschlag, und Liebe…

Caitlin Smith: … und so ist auch das Leben. Es ist wichtig, dass die Oper all das abbildet, was wir im wirklichen Leben erleben. Dabei darf sich aber gleichzeitig nicht sinnentleert sein.

Du hast erwähnt, dass du “The State of Her” in einem Club aufführen willst. Ist die Verlegung der Szenerie in einen Club ein Beweis dafür, dass Oper sehr zeitgemäß sein kann? Was ist noch nötig?

Caitlin Smith: Die Frage, ob man die Oper für unsere heutige Gesellschaft relevant machen kann oder ob sie nur eine museale Kunstform ist, stellt sich nur Personen, die Museumsstücke machen wollen. Für mich ist die Oper eine sehr aktuelle Kunstform. Je mehr Opernschaffende ich kennenlerne, desto mehr denke ich, dass die Oper derzeit die progressivste Kunstform in der darstellenden Kunst ist. Denn sie muss so viele Disziplinen einbeziehen, um ein ganzes Stück zu schaffen. Sie ist per Definition eine sehr moderne und dynamische Kunstform. Es scheint, dass jede und jeder ortsspezifische Werke aufführt und mit innovativen Technologien arbeitet. Aber die Grundprämisse, das zeitgenössische Leben mit Worten, Musik und Bewegung zu untersuchen, ist sehr natürlich.

In der Kunst ist Diversität in aller Munde, aber schwer implementieren. Wenn du die österreichische oder deutschsprachige Szene mit der internationalen Szene vergleichst, hast du das Gefühl, dass dort mehr getan wird, um ein höheres Maß an Diversität zu erreichen?

Caitlin Smith: Ich bin mir nicht sicher, ob ich die richtige Person bin, um über die Szene im Allgemeinen zu sprechen. Da ich schon so lange mit einer chronischen Krankheit lebe, habe ich mich nicht in dem Maße mit der Szene auseinandergesetzt, wie andere. Ich habe nur diese kleinen Berührungspunkte, die ich in den letzten Jahren zwischen Krankheitsepisoden hatte. Von dieser sehr begrenzten Perspektive aus gesehen, scheint es innerhalb der Opern-Szene und den Akteuren, mit denen ich in Kontakt gekommen bin – durch enoa, das Engender-Netzwerk oder die Arbeit, die ihr mit Austrian Music Export geleistet habt, als ihr uns zu den Operadagen Rotterdam gebracht habt, und auch durch das Kennenlernen von Leuten in Wien – ein echtes Verständnis dafür zu geben, dass Außenseiterperspektiven in der Oper sehr nützlich sind. Dass die Oper als Medium sich leicht an unterschiedliche Auffassungen von dem, was sie sein kann, anpassen kann.

“ICH HABE MENSCHEN, DIE IN VERSCHIEDENEN GENRES ARBEITEN, BEI IHREM KREATIVEN PROZESS BEOBACHTET UND SO EIN TIEFGEHENDES VERSTÄNDNIS DAFÜR BEKOMMEN, WIE MENSCHEN ÜBER MUSIK DENKEN.”

Du hast erwähnt, dass du als Studioproduzentin arbeitest und auch Erfahrung mit kommerzieller Musik hast?

Caitlin Smith: Im Laufe der Jahre habe ich mit verschiedensten Tätigkeit Geld verdient – von Studioproduktion über Ghostwriting, bis hin zum Arrangieren von kommerzieller Musik und Arrangements für Orchester. Ich hatte viel Kontakt mit Pop und kommerzieller Musik. Dadurch kann ich mich schnell auf die verschiedenen Arten, wie Menschen Musik verstehen wenn sie sich hinsetzen und einen Song komponieren, einlassen. Ich habe Menschen aus verschiedenen Genres bei ihrem kreativen Prozess beobachtet und so ein tiefgehendes Verständnis dafür bekommen, wie Menschen über Musik denken. Als Produzentin hilft mir das, weil ich den Künstlern und Künstlerinnen helfen kann, ihren eigenen kreativen Prozess klarer zu machen. Hier in Wien produziere ich hauptsächlich für Musikerinnen, die ihre erste Solo-CD aufnehmen. Ich mache ein oder zwei Sessions pro Jahr.

Darunter sind Anna Anderluh, Julia Lacherstorfer und Verena Zeiner. Alles Alben, die einen großen Einfluss hatten, wenn man sich die Kritiken ansieht.

Caitlin Smith: Das sind Musikerinnen, die extrem talentiert sind und schon vor diesen Aufnahmen sehr erfahren waren. Sie wussten, dass sie etwas zu sagen haben. Sie suchten nach dem passenden Rahmen um sich auszudrücken. Es ist genau das gleiche Thema, mit dem wir uns in NOW THAT WE ARE PERSONS beschäftigen: sich selbst die Erlaubnis zu geben, kreativ zu sein, und Menschen zu finden, die wissen, wie man Raum für sich schafft. Ich sehe meine Rolle als Produzentin darin, die erste Person zu sein, die diese neuen Songs hört und dabei hilft, sie an den Rest der Welt weiterzugeben. Es war mir eine große Ehre, mit diesen Frauen an diesem entscheidenden Punkt ihrer Karriere zu arbeiten. Es gab auch Leute, die das in meiner Karriere für mich getan haben, als ich Musik machen wollte. Ich genieße es wirklich, das für andere zu tun.

Ich habe mir während unseres Gesprächs ein paar Notizen gemacht. Eine davon lautet “Taking a deep breath”, was auch im Titel bei einem deiner Songs vorkommt, den ich auf SoundCloud gefunden habe. Ich bin neugierig darauf, ein bisschen mehr zu erfahren, also nehmen wir das als letzte Frage.

Caitlin Smith: Ja, “Joan Jett kicks off her boots, finishes her beer, and takes a deep breath “. Das Werk wurde von strings&noise in Auftrag gegeben. Ich habe die Melodie und den Rhythmus von Joan Jetts “Bad Reputation” verwendet, aber die verzerrten Gitarren durch Soundclips ersetzt, die ich aus Radiointerviews, in denen Frauen selbstbewusst über ihre eigene Arbeit sprechen, gesammelt hatte. Schriftstellerinnen und Künstlerinnen, die sagen “Was ich denke…” oder “Meine Meinung ist…”. Ich wollte speziell mit dem Atem arbeiten, denn bevor Frauen selbstbewusst über ihre Arbeit sprechen können, müssen sie erst einmal tief durchatmen. Wir müssen uns diesen Raum mit unserem Atem schaffen. Sophia Goidinger-Koch, die Geigerin von strings&noise, kuratiert ein Konzert, in dem dieses Stück zusammen mit einer Videoprojektion präsentiert wird.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Ruth Ranacher

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Termine: 26. März 2022, Sargfabrik, Werkstattvorführung von NOW THAT WE ARE PERSONS WE SHALL MAKE ART, produziert von Civic Opera Creations

Links:

Caitlin Smith (Webseite)
Caitlin Smith (Musikdatenbank)

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Übersetzt aus dem englischen Original von Katharina Reiffenstuhl.