One woman to rule it all – LULU SCHMIDT im mica-Porträt

Man sagt, sie sei ein One-Woman-Orchester: Sie singt, sie musiziert, sie performt. Und vor allem auf dem Wort „Performance“ sollte die Betonung liegen, zumal LULU SCHMIDT mit ihren extrovertierten Auftritten eher als Musik-Performerin denn Sängerin bekannt ist. Doch nun soll sich einiges ändern, denn aus dem Visuellen ist ein rein auditives Werk geboren: die EP „Let Me Go“.

Und auf dieser EP vereint Lulu Schmidt alles, was sie in den vielen Jahren ihrer Karriere als Performerin gelernt und zusammengetragen hat. Herausgekommen ist eine Platte, die ihren ganz eigenen Stil widerspiegelt, ohne dabei an Zugänglichkeit zu verlieren. Musikalische Vergleiche können mit der Kanadierin Feist, teilweise mit dem amerikanischen Frauenduo Cocorosie und mit der österreichischen Sängerin Soap&Skin gezogen werden. All diese Frauen – Lulu Schmidt inbegriffen – verbindet eine außergewöhnliche Stimme, die sich eigentlich auf der kühlen Seite der Intonation herumtreibt und nicht so viel von Schmalzarien à la Mariah Carey hält.

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Trotzdem sind diese Stimmen voller Emotionen, die das Publikum in ihren Bann ziehen. Weniger Gemeinsamkeiten finden sich bei den oben genannten Künstlerinnen im Bereich der Musik selbst. Die fröhlichen, melancholischen (Fast-)Indie-Pop-Lieder von Feist passen so gar nicht zu den elektronischen Klängen Lulu Schmidts. Da sind Cocorosie mit ihren experimentellen Liedern schon viel näher dran. Lulu Schmidt macht aber nicht direkt Experimental-Musik, sondern baut sich ihre eigene Electronic-Dance-Music-Welt zusammen. Dabei kombiniert sie die wilden Klänge ihrer Violine mit tanzbaren Melodien, was eine ganz eigene Mischung ergibt. Die Geige spielt die Künstlerin seit ihrem dritten Lebensjahr. Und schon mit fünf nahm das kleine Mädchen heimlich ihre erste Radioshow auf und animierte ihre Kindergartenfreunde zum Mitmachen.

Spätere Erfahrungen hat die Performerin aus Horn, die auch im wahren Leben Schmidt heißt (nur nicht Lulu, sondern Carola), schon mit einigen Kollaborationen gesammelt. Am meisten hört man da wohl auch die am längsten laufende Zusammenarbeit mit dem Berliner Tangowerk heraus. Seit 2014 gehört die Sängerin zu den fixen MitarbeiterInnen des Kollektivs. Das Tangowerk wurde vom Berliner Musiker Nhoah gegründet, nachdem dieser das erste Mal nach Buenos Aires gereist war, um Abstand von seinem Leben in der deutschen Hauptstadt zu gewinnen. Seine Mischung aus lateinamerikanischen Klängen und sehr geradliniger elektronischer Musik gehen ins Ohr.

Kühle Elektronik gepaart mit visueller Strahlkraft

Lulu Schmidt nimmt beim Tangowerk den singenden Part ein und liefert auch eine ganz eigene Performance ab. Vor allem im Clip zu „Innocent“ präsentiert sich die Sängerin in extrovertierten Outfits, die an die Garderobe von Roisin Murphy, die ehemalige Moloko-Frontfrau, erinnern. Bei ihren Soloauftritten setzt sie weniger auf besondere Kleidung, sondern auf einen starken ersten Eindruck. Auf der Bühne spielt sie Geige und Synthies und singt – unterstützt von grellen Visuals –, bis auch der letzte Mensch im Publikum das Tanzbein schwingt.

Doch warum wird die Musikerin so oft als Performerin tituliert? Schließlich hat sie mittlerweile sogar eine EP herausgebracht, was sie dann doch auch zu einer Singer-Songwriterin macht. Die Erklärung ist eigentlich ganz einfach: Carola Schmidt hat einen akademischen künstlerischen Hintergrund. Sie studierte Film, Fotografie, Multimedia und Performance an der Universität für angewandte Kunst Wien und der Universität der Künste Berlin. Mit ihren Ausstellungen, die auf ihr gefeiertes Uni-Abschluss-Filmprojekt folgten, reiste sie quer durch Europa und machte sich einen Namen in der Kunstszene. Nun verankert sie sich mit ihrer EP „Let Me Go“ schlussendlich in der Musikszene und zeigt, dass sie für viele Bereiche der Kulturproduktion einen ziemlich guten Riecher hat.

Anne-Marie Darok

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