OLGA NEUWIRTH – Musik ist ihre Sprache. Zum 50. Geburtstag

OLGA NEUWIRTH, Pionierin der Neuen Musik, feierte am 4. August Geburtstag. Mit ihren vielfältigen Kompositionen, die zum kritischen Denken anregen, erlangte sie internationale Bekanntheit. Außerdem misst sie keinen Moment, um auf die Situation von Frauen und Künstlerinnen in Österreich aufmerksam zu machen.

Die Musik ist ihre Sprache. So vielfältig wie Sprachen, sind auch ihre Kompositionen. Olga Neuwirth möchte bewusst Grenzen herausfordern, ein Zögern des Zuschauers hervorrufen und zum Nachdenken anregen. „Widersprüchliches und Zweideutiges muss man zu Tage fördern, damit man unsere Hirne zum Bersten bringt, statt sie petrifizieren zu lassen“, sagte Neuwirth 2006 in einer Rede für das Eröffnungs-Symposium der Salzburger Festspiele. Dabei bedient sie sich der Elektromusik, dem Film und dem Theater, um Genre übergreifende visuelle und akustische Sinnbilder zu vereinen. Diese Vielfalt rührt von ihrem Interesse an Wissenschaft, Architektur, Literatur, Film und bildender Kunst. „Für mich persönlich kann der Sinn von Musik nicht darin liegen, Menschen mit Verheißungen einer alle Grenzen überbrückenden Gemeinsamkeit einzulullen und gefügig zu machen.“

Die 1968 in Graz geborene Komponistin bekam ab ihrem 7. Lebensjahr Trompetenunterricht. Nicht verwunderlich, als Mitglied einer musikalischen Familie. Da sie das Instrument allerdings aufgrund eines schweren Autounfalls an den Nagel hängen musste, widmete sie sich dem Komponieren. 1986 studierte sie in San Francisco Malerei und Film am Conservatory of Music und am Art College, bevor sie ihr Studium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und am Elektroakustischen Institut in Wien weiterführte. Wesentliche musikalische Anregungen bekam sie durch die Begegnungen mit Adriana Hölszky, Tristan Murail und Luigi Nono. Zu internationale Bekanntheit gelangte sie 1991, als sie nach Texten ihrer langjährigen Freundin Elfriede Jelinek Mini-Opern komponierte. Neben zahlreichen Künstler-Residenzen und Preisen, darunter auch der Große Österreichische Staatspreis, wurden ihre vielfältigen Kompositionen weltweit aufgeführt. Als Höhepunkt ihrer Karriere nennt sie die Einladung zur „dokumenta 12“ in Kassel.

Klare Worte fand sie auch in Eröffnungsrede zum Steirischen Herbst 2003, in der sie unter anderem auf den Kampf als Künstlerin in der zeitgenössischen Musik und als Frau in einer immer noch männerdominierten Branche aufmerksam machte. Eine nur noch auf die wirtschaftliche Not reagierende Kulturpolitik versucht sich dem Massengeschmack anzupassen und somit Individualität zu unterdrücken.” Und als Frau in der Musik wird ihr bei jedem neuen Auftrag wieder dieses Misstrauen und diese Angst entgegengebracht, dass ein neues Stück vielleicht peinlich wird oder ein Skandal – und das ist auf Dauer ein bisschen anstrengend und zermürbend“. Dabei erlebt jeder Komponist Höhen und Tiefen. „Aber ich glaube, ich als Frau kann mir keinen Ausrutscher leisten. Dann wär’s aus“ (Valie Export). Als sie 2010 ials jüngste Preisträgerin den Großen Österreichischen Staatspreis verliehen bekam, war sie nach 60 Jahren die erste und bis jetzt einzige Frau in der Sparte Musik.

Eine Pause ist für die Power-Frau nicht vorgesehen. Im Moment komponiert sie für die Wiener Staatsoper „Orlando”. Eine Oper nach Virginia Woolf, einer weiteren starken Frau, welche im Dezember 2019 Premiere feiern soll. Doch zunächst steht ihr 50. Geburtstag an: Ein Tag nach ihrem Geburtstag feiert „Aello – ballet-mécanomorphe“ mit der Solistin Claire Chase, dem Schwedischen Kammerorchester und dem Dirigenten Thomas Dausgaard die britische Premiere in der Royal Albert Hall. „What a pleasent present!“, schreibt Neuwirth auf ihrer Website.

Sarah Emler

Weiterführender Artikel: mica-Porträt Olga Neuwirth

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Olga Neuwirth
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