Es tut sich im Bereich der Neuen Musik in Österreich einiges. Verantwortlich für diese Entwicklung zeigt sich vor allem auch die neue Generation von KomponistInnen, die mit ihrem Schaffen das Spektrum der zeitgenössischen Musik hierzulande um bisher nicht gehörte Facetten erweitern. Diesmal in der mica Reihe „Österreichs junge Komponisten & Komponistinnen“ im Porträt der 1978 in Prag geborene Šimon Voseček.
Šimon Vosečeks Ästhetik gründet auf einem theatralen Zugang zur Musik. Dies äußert sich nicht nur in der Oper „Biedermann und die Brandstifter“ oder in den Opernminiaturen „Soudničky“ (Heiteres Bezirksgericht), sondern auch in seinen Instrumentalwerken, wo das dramaturgische Denken durch spannungsgeladene Phrasierung stets zu spüren ist. Vor allem in seinen Liedern bedient er sich einer romantischen Klangsprache, denn Angst vor Emotion kennt er nach eigenen Worten keine. Gelegentlich verlässt er die gewohnt anmutenden Wege auch wieder über unerwartete Wendungen. In seinen Instrumentalkompositionen nutzt er zunehmend avantgardistische Klangmittel, wenn er z.B. in „Intermezzo“ die Stimmen der Streicher und Bläser zu Clustern verschmelzen lässt und geräuschhafte Elemente Eingang in sein Schaffen finden.
Steckbrief
Šimon Voseček wurde 1978 in Prag geboren und begann zunächst mit seinem Kompositionsstudium am Prager Konservatorium mit Otomar Kvěch. Parallel dazu sang er in verschiedenen Chören, wovon er eines auch leitete, und lernte Sprachen (deutsch, russisch, italienisch). 2002, nach dem Abschluss des Konservatoriums, kam er nach Wien, wo die Kompositionsstudien auf der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien zunächst mit Dietmar Schermann, dann mit Erich Urbanner und zuletzt mit Chaya
Czernowin fortgesetzt wurden. 2008 schloss er das Studium mit Auszeichnung ab.
Šimon hält einstweilen am Versuch fest, sich als Komponist durchzuschlagen, wenngleich er sich momentan gleichermaßen als Komponist, Handwerker, Lehrer, Chansonier und Büromensch betätigen muss.
Er lebt und arbeitet in Wien.
Wichtige Stücke:
Biedermann und die Brandstifter (2005-2007), nach dem gleichnamigen Stück von Max Frisch
Oper in zwei Akten (90’), für 8 Stimmen und Kammerensemble
Die in der Jahren 2005 bis 2007 entstandene Oper „Biedermann und die Brandstifter“ nach der Vorlage von Max Frisch nimmt eine Schlüsselposition in Šimons Werk ein. Das Theaterstück von M. Frisch beschreibt auf der Metaebene den Zersetzungsprozess einer vermeintlich heilen Welt bis hin zur völligen Auflösung der Regeln der Vernunft. Dieser Prozess spiegelt sich auch in der Musik wider, die sich anfänglich an der Sprache der klassischen Oper orientiert. Im Lauf des Abends gehen immer mehr Elemente dieser Sprache verloren, bis am Schluss, wo die handelnden Personen keinen Handlungsspielraum mehr haben, die Musik völlig „sprachlos“ wird. Die Oper harrt nach wie vor ihrer Uraufführung.
Soudničky – Heiteres Bezirksgericht (1999/2008), auf Libretto von Jan Panenka3 Opernminiaturen (40’), für 6 Stimmen und Kammerensemble
Die drei musikalischen Minikomödien (die kürzeste dauert gerade einmal 9 Minuten) handeln von den recht turbulenten Vorfällen beim Bezirksgericht in einem Großstadtvorort in der Zwischenkriegszeit. Die zum Teil authentischen Reportagen von František Němec bearbeitete Jan Panenka als Libretto.
Im Säurebad (2008) für Streichquartett (10’)
Das Ensemble badet in Säure und wird zersetzt. Auch das Klangspektrum kann als ätzend aufgefasst werden. Andererseits ist das Stück recht „traditionell“ komponiert und kommt ohne erweiterte Instrumentaltechniken aus.