Eva Reiter zählt ohne Zweifel zu den umtriebigsten und vielfältigsten jungen Interpretinnen des Landes. Darüber hinaus ist die 1976 in Wien geborene Blockflötistin und Gambe-Spielerin auch als Komponistin höchst aktiv, wobei sie ihren künstlerischen Fokus besonders auf den Bereich der zeitgenössischen Musik legt. Grund genug also sie im Rahmen der mica-Reihe „Österreichs junge Komponisten & Komponistinnen“ näher vorzustellen.
= Steckbrief =
Geboren in Wien. Studium der Blockflöte und Viola da Gamba an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Diplom mit Auszeichnung. Fortsetzung beider Studien am SweelinckConservatorium in Amsterdam. Beide Masterdiplome „cum laude“. Derzeit rege Konzerttätigkeit als Solistin sowie Auftritte mit verschiedenen Barockorchestern (u.a. De Nederlandse Bachvereenigung), Ensemble Mikado (www.ensemblemikado.com), Le Badinage (www.lebadinage.com), Unidas und Ensembles für zeitgenössische Musik (Ictus, Klangforum Wien, Trio Elastic3, Duo BAND u.a.). Als Komponistin mit dem „Publicity Preis“ der SKE, dem Förderungspreis der Stadt Wien 2008, dem Queen Marie José International Composition Prize 2008 sowie weiteren Förderungen ausgezeichnet. Alle Verbindungen gelten nur jetzt zählt zu den ausgewählten Werken des Rostrum of Composers (IRC) 2009. Eva Reiter brachte ihre Kompositionen bei internationalen Festivals wie Transit/Leuven, Ars Musica/Brüssel, ISCM World New Music Festival 2006/Stuttgart, generator und Wien Modern/ Wiener Konzerthaus u.a. zur Aufführung. Sie tritt regelmäßig bei namhaften Festivals für Alte und Neue Musik auf.
= Porträt =
Als kennzeichnend für Eva Reiters kompositorische Arbeit der letzten Jahre kann die Auslotung des schmalen Grads zwischen rein akustischer und elektronischer Musik angesehen werden. Die Aufmerksamkeit ist jenem Material gewidmet, das die Illusion elektronischer Klänge erweckt. Dabei geht es darum, durch einfache Mittel wie Präparierungen Klänge mit einer kräftigen Binnenstruktur zu erzeugen. Die Komponistin begreift den Klang als Summe seiner Parameter und entwickelt Spieltechniken, die das Schichten und Mischen der einzelnen Parameter ermöglicht. Die Klanggestaltungen der für Reiters Musik elementaren elektronischen Zuspielungen bestehen zum einen aus Samples, die dem Instrument selbst entnommen, zum anderen aus Maschinen und Motorensounds, deren asymmetrische Loopeigenschaft besonders charakteristisch ist. Es sind vorwiegend synthetische Klänge des alltäglichen, urbanen Lebens – etwa Motorengeräusche von Druckund Kopiermaschinen, Aufzügen und Rolltreppen –, die hier ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Die vormals kühle, rohe Klangästhetik solcher Maschinenloops gerät im kompositorischen Prozess in den Hintergrund. Reiter entwickelt Legierungen zwischen Elektronik und Instrumentalklang und schafft somit ein symbiotisches Gefüge. Der Interpret wird durch die Strenge des kompositorischen Plans und das exakte Timing zwischen LivePart und Tape fast schon selbst in so etwas wie einen maschinellen Zustand versetzt. Der ideelle Kontakt zum wissenschaftlichen Kontext der Molekularbiologie zeigt sich in fast allen ihrer Werke. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf musikalische Details, die zueinander ein Abhängigkeitsverhältnis aufweisen und die quasi mikroskopisch bearbeitet und – ähnlich der Versuchsanordnung in einem Labor – unterschiedlichen äußeren Einflüssen ausgesetzt werden.
= Wichtige Werke =
“Alle Verbindungen gelten nur jetzt” (2008)
Auftrag ORF und Jeunesse, Alle Verbindungen gelten nur jetzt ist ein auf die Spitze getriebenes „choregrafisches“ Spiel instrumentaler Verknüpfungen, Auflösungen und Kollisionen.
“Konter” (2009)
Auftrag Wien Modern 2009, Ein schneller Gegenangriff. Aktive Defensivtechnik: Ein Gegner wird abgewehrt, indem man während der Schlagbewegung des Angreifers diesen mit einem nahezu gleichzeitigen eigenen, kräftigen Schlag überrascht.
“Zug ins Gelobte” (2010)
Vier Flöten, ein Tape – fünf Starkstromleitungen, die enorm ineinander verwickelt sind. Musik als Zustand. Strom ist Energie. Wie das Aufladen eines Generators, bis ein kaum noch zu kalkulierender Energiepegel erreicht ist.
Foto: Moritz Schell
http://www.evareiter.com/