„ObAcht“, die ZÜNDSCHNUR brennt wieder! ULLI TROY im mica-Interview

Das Duo Stemmeisen und Zündschnur ist in Vorarlberg legendär und es gibt wohl kaum einen Haushalt im Bregenzerwald, in dem sich nicht eine alte Kassette von der „Wäldarfise“ findet. Vor fünf Jahren verabschiedeten sich die Band um Ulli Troy und Hermann nach ihrer Tournee „D’Sibt“ in eine längere Pause. Mit der achten CD-Produktion „ObAcht“ tauchen fast alle als ZÜNDSCHNUR UND BÄND wieder auf.

Das Album und die anschließende Tournee müssen aus gesundheitlichen Gründen auf Stemmeisen verzichten. Mit dabei sind nun die drei Frauen Evelyn Fink, Isabella Fink und, neu im Ensemble, Irma-Maria Troy mit den drei Männern Ulli Troy, Rolf Aberer und Mike Moosbrugger. Revival oder Neustart? Der Titel zumindest verkündet: „Hört zu, wir sind wieder da“. In gewohnt origineller Manier präsentiert die Band mit 14 neuen Liedern Humorvolles, Nachdenkliches sowie Kritisches und erstmals auch ein Lied auf Hochdeutsch. Ulli Troy erzählt im Gespräch mit Silvia Thurner über die Klangfarben und das musikalische Profil der neu zusammengesetzten Band, die Liedauswahl sowie über Inspirationsquellen.

Welche Akzente wollen Sie mit Ihrem Neustart als Zündschnur und Bänd setzen?

Ulli Troy: Ein Neustart ist dieses Projekt vor allem deshalb, weil Hermann nicht mehr dabei ist. Ich wollte bewusst keinen Mann an seiner Stelle, weil ich auf keinen Fall andeuten wollte, dass Hermann ersetzt werden soll. Mit Irma-Maria bekommt unsere Musik eine andere Farbe. Geige ist ihr Hauptinstrument, darüber hinaus spielt sie die Mandoline und singt. Mit unseren drei Schmelga hat unser Komponist und Arrangeur Rolf Aberer ein starkes und vielseitiges Frauentrio an seiner Seite. Noch dazu spielt Evelyn bei einigen Nummern die Tuba. Isabella hat auch einige Refrains oder Strophen in einen dreistimmigen Satz gefasst. Die enorme Qualität der Musikerinnen erweitert natürlich unsere Bandbreite.

Lieder auf den Leib geschrieben

Die meisten Lieder komponiert und arrangiert Rolf Aberer. Wie arbeiten Sie zusammen?

Ulli Troy: Ich gebe Rolf die Texte und wir besprechen, welche Instrumente zur Verfügung stehen und dann hat er völlig freie Hand. Er schreibt uns die Stücke sozusagen auf den Leib. Bevor er mit der Komposition beginnt, spreche ich ihm die Texte im Wälder Dialekt auf Band, damit er den Sprachrhythmus und die Diktion genau erfahren kann.

Mit Gerold Amann verbindet Sie eine langjährige Zusammenarbeit und auf der neuen CD sind auch zwei neue Stücke von ihm dabei.

Ulli Troy: Gerold bereichert unser Repertoire sehr. Er ist für ausgefallene Sachen immer zu haben, das passt natürlich hervorragend zu uns. Dieses Mal hat er sich im „Dschungelcamp – im Bschüttelägele-Containar“ und im „Fürwehrkreisverband“ umgehört. Mit ihm zusammen zu arbeiten ist einfach schön. Er kommt immer zu den Proben, dann probieren wir und auch im Studio war er dabei.

Im Sextett jetzt Profimusikerinnen mit Profil

Gibt es mit der neuen Besetzung auch musikalisch etwas andere Stilrichtungen?

Ulli Troy: Es ist beispielsweise auch eine Swingnummer im Programm und gewisse Stilmerkmale erklingen stärker ausgeprägt. Wir bleiben unserem Stil treu, doch spieltechnisch und rhythmisch ist die Musik anspruchsvoller geworden, denn Evelyn, Isabella und Irma-Maria sind Profimusikerinnen.
Auf der neuen CD sind Lieder nach Texten von Ihnen, Kaspar Troy und Birgit Rietzler vertreten. Die Programme beinhalten auch kritische, zwischenmenschliche und gesellschaftspolitische Beobachtungen.

Wie wichtig ist Ihnen, dass diese Inhalte transportiert werden?

Ulli Troy: Am meisten bekannt sind die lustigen Lieder, die wir aufgenommen haben. Aber mir ist es wichtig, dass auch andere Inhalte vertreten sind. Ich habe die drei Kategorien lustig bis halblustig, besinnlich, ernst und kritisch. Von jeder Kategorie sind drei oder vier Lieder vertreten, auf dieses Verhältnis achte ich.

Ungeplant mehrsprachig

Bisher haben Sie immer Dialektlieder gesungen. Auf der neuen CD erklingt auch ein Lied auf hochdeutsch. Haben Sie lange darüber nachgedacht, ein hochdeutsches Lied zu singen?

Ulli Troy: Nein, dieses Lied habe ich spontan für eine Hochzeitsfeier gemacht. Ich meine, es ist ein guter, humorvoller Text geworden. Uns gefällt’s und deshalb haben wir es aufgenommen. Das hat sich so ergeben und war keine lange geplante Aktion. Das darf sein und wir gehen bewusst auch ein bisschen weg, von dem was bisher gewesen ist.

Wo liegen Ihre Wurzeln als Liedermacher?

Ulli Troy: Die erste Kassette, sie ist Ende der 70er Jahre entstanden, waren Coverversionen. Wir haben „per Gaude“ gespielt und bald gemerkt, dass es gut ankommt, wenn man auf bekannte Lieder Wäldertexte setzt.

Mich haben immer Liedermacher beeindruckt, die Eigenes singen, wie die Beatles, Simon & Garfunkel, Reinhard May, Leonard Cohen oder Bob Dylan. Das zieht sich bis heute wie ein roter Faden durch. Ich fühle mich selbst nicht als Musiker, sondern eher als Musikant und habe vor allem auf den Text ein Augenmerk.

Viele Quellen für Coverversionen

Neben Liedern von Rolf Aberer, Ihnen und Gerold Amann, haben Sie auch Cover-Versionen eingespielt. Wo recherchieren Sie und wie kommen Sie zu den Liedern?

Ulli Troy: Ich suche immer nach Material, selbstverständlich ist das Internet eine Fundgrube. Vor allem im englischsprachigen Raum findet man viele originelle Lieder mit viel Sprachwitz. Oft funktioniert eine Adaption ins Wälderische ganz gut. Ich sammle immer Ideen und Lieder und dann wächst das.
Auf der neuen CD haben wir beispielsweise auch eine Nummer einer hoch interessanten Singer-Songwriterin aus den USA, Susan Werner. Sie ist frech und traut sich etwas. Auch sogenannte „Music Hall Songs“ gefallen mir sehr gut. Die de Zurick sisters waren in den 30er Jahren berühmte Stimmakrobatinnen. Von ihnen habe ich ein Lied für den „Mühle-Fink-Johlar“ für Evelyn und Isabella gecovert.

Danke für das Gespräch.

Dieses Interview ist zuerst in der Zeitschrift für Gesellschaft und Kultur im November 2014 erschienen.

Termine:
Freitag, 21. November 2014, ORF Funkhaus Dornbirn, 20 Uhr, CD Präsentation „ObAcht!“

Tournee 2014:
Freitag, 28. November, Fesslers, Hohenweiler (ausverkauft)
Samstag, 29. November, Rathaussaal Andelsbuch, 20 Uhr
Donnerstag, 11. Dezember, Wirtschaft Dornbirn (ausverkauft)
Freitag, 12. Dezember, Thalsaal Sulzberg/Thal, 20 Uhr

Foto: Adolf Bereuter

http://www.stemmschnur.at