„Wir müssen uns nie an einen Zeitgeist anhängen“ – NORBERT WALLY (THE BASE) im mica-Interview

Am 30. Juni 2017 präsentierte die Band THE BASE ihr neues Album „Disco Bazaar“ (Konkord Records) in der Grazer POSTGARAGE: Dabei wurden nicht nur Bandraritäten verkauft, sondern es gab auch eine „Silent Disco“ und ein Karaoke-Singen von THE-BASE-Nummern. An diesem Abend wirkten zudem SchauspielerInnen sowie Regisseurinnen und Regisseure aus dem Umfeld des THEATERS IM BAHNHOF mit. NORBERT WALLY, Sänger und Gitarrist von THE BASE, sprach mit Jürgen Plank über das neue Album, 28 Jahre Bandgeschichte und die Verbindung zu ELEMENT OF CRIME.

Ihre neue CD heißt „Disco Bazaar“. Was steckt hinter dieser ungewöhnlichen Wortkombination?

Norbert Wally: Ursprünglich war es so, dass vom letzten Album – und in der letzten Zeit – einige Nummern übrig gebliebenen sind. Und ich habe mir gedacht, dass ich etwas mit diesen übrig gebliebenen Nummern machen will, die ja nicht zwingend schlechter sind. Als Titel ist mir „Lost and Found“ vorgeschwebt und da ist mir das Wort „Basar“ eingefallen. Das ist ein geiles Wort, das man auch überall kennt und überall aussprechen kann. Das westliche Pendant dazu war für mich „Disco“. Genau das Gegenteil, etwas clean, poliert. Mir haben die Dialektik dieser beiden Wörter und der Klang gut gefallen. Das hat auch die Dramaturgie des Albums geprägt.

Disco ist gleich das Stichwort für die erste Nummer, die mit einem Disco-Riff beginnt. Was ist musikalisch unter dem Titel The Base alles möglich?

Norbert Wally: Das probieren wir von Album zu Album aus, aber es geht recht viel. Ich bin von der Tonhöhe her eingeschränkt, dadurch erkennt man meine Stimme gut. Deshalb können wir recht viel machen und man hört noch immer The Base heraus. Und die erste Nummer „Where’s your VJ hiding“ ist fast im Stil von Roxy Music. Sonst fassen wir den Begriff nicht wahnsinnig eng, das ist unsere Version von Disco und sie ist tanzbar.

Die zweite Nummer hat ein paar orientalische Anklänge, spielt da der Basar erneut mit rein?

Norbert Wally: Ja, ich habe mir ein paar arabic scales aus dem Internet gecheckt und habe mich schon ein wenig damit beschäftigt, aber dieses Fernöstliche ist erst auf der zweiten Plattenseite wirklich da. Wir haben unsere üblichen Balkanmusiker eingeladen und die bringen da schon so eine Note hinein.

The Base (c) Kanizaj Marija-M.

„Ich versuche immer, ein homogenes Album zu machen, aber es gelingt überhaupt nicht.“

Und es gibt auch an Reggae erinnernde Klänge.

Norbert Wally: Ja, das ist so eine Off-Beat-Nummer, „Connected“, das passiert uns fast auf jedem Album, dass wir so eine reggaeartige Nummer haben. Ich weiß nicht, warum das so ist. Ich versuche immer, ein homogenes Album zu machen, aber es gelingt überhaupt nicht.

Die zweite Plattenseite ist die ruhigere, mit den Balladen. Sind das Rock-Balladen?

Norbert Wally: Für mich sind es ein bisschen schwermütige Indie-Folk-Nummern, die aber auch sehr unterschiedlich sind. „Just another sky“ finde ich sehr folkloristisch. Für „King of Karma“, gemeinsam mit Clara Luzia, kenne ich kein Genre, das ist einfach nur schräg. „Sugar in My Soul“ geht ein wenig in Richtung PJ Harvey.

Wie kam es, dass Clara Luzia bei zwei Liedern mitsang?

Norbert Wally: Vor zwölf Jahren hat sie sich als Fan geoutet und das haben wir zum Anlass genommen, sie zu Aufnahmen einzuladen. Seitdem sind wir in Kontakt und haben in letzter Zeit auch viele Konzerte gemeinsam mit ihr gespielt.

„Es ist unser zwölftes Album und wir haben über 100 Lieder veröffentlicht.“ 

Sie laden Ihre Fans offenbar gerne zum Mitmachen ein. Die Fans wurden ja auch zur Plattenpräsentation am 30. Juni auf die Bühne geladen, um mit Ihnen gemeinsam – oder auch solo – Lieder von The Base zu spielen. Was war die Idee dabei?

Norbert Wally: Der Hintergrund war, dass wir rund um den 30. Juni keine Zeit hatten, um zu touren. Deshalb wollten wir am Release-Tag irgendetwas machen, also probierten wir einen Nostalgie-Trip. Das konnten wir aber nur in Graz machen, denn da gibt es Uralt-Fans, die uns seit 1996 kennen. Es ist unser zwölftes Album und wir haben über 100 Lieder veröffentlicht. 

Vor den Auftritten der Fans wurden Kopfhörer verteilt, damit die Besucherinnen und Besucher in der Postgarage das Album auf diese Weise hören konnten. Was war die Idee dahinter?

Norbert Wally: Eine „Silent Disco“ hat sich im Zusammenhang mit dem Titel des Albums angeboten. Wir wünschten uns einfach, dass die Leute das Album in guter Qualität über Kopfhörer hören können und nicht nebenbei quatschen.

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Inwiefern wurde auch der Basar an diesem Abend umgesetzt?

Norbert Wally: Wir haben einfach in unserem Proberaum geschaut, was wir noch so hatten. Wir haben analoge, 20 Jahre alte Fotos, alte DVDs mit Interviews, alte Platten, Poster und T-Shirts verkauft – wie auf einem Basar wurde darum gefeilscht.

Sie haben auch im Film „Hotel Rock’n’Roll“ mitgespielt. Haben Sie dazu die Musik komponiert?

Norbert Wally: Ja, Michael Ostrowski hat den Text zu „Fujikato“, das ist das Hauptthema im Film, gemacht und wir haben dazu die Musik komponiert – in verschiedensten Versionen, die sich durch den ganzen Film ziehen. Auf dem Soundtrack finden sich aber auch ein paar alte The-Base-Nummern. 

In einer Szene des Films sitzen Sie in einem Bus und Sven Regener von Element of Crime ist auch dabei. Wie war das?

Norbert Wally: Lustig, Sven Regener kennen wir aber auch schon lange.

Ist er auch ein Fan?

Norbert Wally: Ja. Sven mag uns gern. Wir waren beim Film „Contact High“ gemeinsam mit Filmmusik vertreten. Nach der Filmpremiere von „Contact High“ in Wien haben wir im Foyer des Kinos gespielt und Sven hat ein paar Nummern mit uns gespielt. So haben wir uns kennengelernt. Dann haben wir 2012 im Vorprogramm von Element of Crime im Burgtheater gespielt. Auch 2015 haben wir einige Konzerte als Vorband gespielt.

Letztes Jahr haben Sie am Heldenplatz vor 20.000 Menschen gespielt. Wie war es für Sie, zum ersten Mal vor so vielen Leuten zu spielen?

Norbert Wally: Das war beim Steiermark-Frühling, es war kein Nova-Rock-Feeling, es war eher wie ein Oktoberfest. Die Gage war gut, aber es war jetzt nicht unter meinen Top-10-Konzerterlebnissen.

Wie lange gibt es nun The Base genau?

Norbert Wally: Seit 1989, davor hießen wir Carello Kocmoc.

„Wir sind immer zukunftsorientiert und spielen auch nie alte Songs, auch wenn das Publikum sie hören will.“

28 Jahre Bandgeschichte ist eine lange Zeit, gibt es etwas Besonderes, an das Sie sich erinnern?

Cover “Disco Bazaar”

Norbert Wally: Ich vergesse das so schnell, vielleicht erinnere ich mich in zwanzig Jahren wieder. Wir sind immer zukunftsorientiert und spielen auch nie alte Songs, auch wenn das Publikum sie hören will. Live spielen wir meistens nur Lieder, die zwei, drei Alben alt sind. Für die Karaoke-Show war es das erste Mal, dass wir uns alte Lieder erneut angeschaut haben. Teilweise kriegte ich schon eine Gänsehaut, weil ich mich an das Gefühl von früher erinnerte.

Nach dieser langen Zeit: Hat es auch Momente gegeben, in denen Sie ein bisschen müde geworden sind?

Norbert Wally: Sicher. Aber wir haben nie einen großen Hype gehabt hatten, The Base war nie wahnsinnig en vogue. Es ist einfach stetig, ganz langsam aufwärtsgegangen. Unglaublich langsam. Wir haben aber nie Zeiten gehabt, in denen wir zurückblickten und sagten: „Vor zwei Jahren waren noch 4.000 Leute im Publikum und jetzt sind es nur mehr 800.“ Wir haben nie Rückschläge gehabt, es ist immer langsam besser geworden. Wir blicken auf keine goldenen Zeiten zurück, wir haben nie goldene Zeiten gehabt.

Silberne Zeiten.

Norbert Wally: Ja, silberne. Es geht immer besser, von der Bekanntheit wird es immer mehr, irrsinnig langsam.

Wäre das auch ein abschließender Tipp an Nachwuchsbands, langfristig und nachhaltig zu arbeiten?

Norbert Wally: Wir haben nie alles auf eine Karte gesetzt und alles andere aufgegeben, um zu schauen, ob wir von der Musik leben können. Wir haben die Musik immer ganz entspannt und ruhig gemacht, aus einem halbwegs sicheren finanziellen Umfeld heraus. Wir brauchen die Musik nicht zum Überleben. Deswegen dürfen wir auch sieben Minuten lange Nummern machen, die nie im Radio laufen. Qualitativ kann man aber ganz schöne Sachen machen, wenn man nicht kommerziell orientiert denkt. Dadurch hat es auch etwas Zeitloses. Wir müssen uns nie an einen Zeitgeist anhängen. Und wir sind auch nie out.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Jürgen Plank

The Base live
13.8.2017, Werk, Wien
22.09.2017, Kino Ebensee, Ebensee
29.09.2017, Schloss Dornhofen, Eggersdorf
30.09.2017, PPC, Graz, Austria
06.10.2017, Spielboden, Dornbirn
13.10.2017, Zone 11, Hallein
20.10.2017, Arena, Wien
24.11.2017, Stadtwerkstatt, Linz
25.11.2017, Schwarzberg, Wien
26.11.2017, Schlosskeller Ligist, Ligist

Links:
The Base
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Konkord Records