Am 03.02.2023 erscheint das Debütalbum “Post-Human” des Elektro Pop Duos NEON NEET auf Assim Records. Am selben Tag kann man sich im B72 auf das Release Konzert freuen.
Hintergrund
“Der Computer Nr3“, (…sucht für mich den richtigen Boy). So zuversichtlich besang France Gall 1968 die Partnersuche in Zeiten der digitalisierten Welt. Zugeben, die Digitalisierung ermöglicht einem vieles, und beschleunigt das Geschehen in ungeheurem Maße. Die großen Entscheidungsfragen bleiben aber bei einem selbst hängen.
Denn in Wahrheit potenziert sich durch die digitale Hilfe nur die Auswahl an Möglichkeiten ins Unvorstellbare. Wenn man zumindest bald einen Avatar zum Date schicken könnte.
Das Verlangen nach familiärer Geborgenheit in zunehmend unsicheren Zeiten, konkurriert mit den gleichzeitig stark einwirkenden Kräften der Vorstellung eines modernen, idealerweise sogar polyamoren Beziehungskonzeptes.
Oder aber, befass ich mich erst damit gar nicht und bleib alleine. In einer scheinbar perfekten Welt der Konkurrenzlosigkeit. Leider lauert dort dann der nahezu unbesiegbaren Endgegner im Kopf. Das selbstoptimierte Ich.
Das ist eine dieser Stressfaktoren die die jüngere Generation, ganz abgesehen von der Unsicherheit des allgemeinen Weltgeschehens, in einer Vielzahl an Bereichen des alltäglichen Lebens plagt.
Musik
Interessanterweise springt dem Hörer diese innere Zerrissenheit, man war nach der packenden Lektüre des Pressetexts auf einiges vorbereitet, nur bedingt ins Ohr. Vielmehr wird man beim Durchhören des Albums mit dem Titel „post-human“ einer sehr homogenen und hyperkulturellen Dance Produktion gewahr.
Hyperkulturell, so lautet die Selbstbeschreibung, grenzt sich laut Wikipedia durch ihre zeitliche Unabhängigkeit von der Multikultur ab, und beschreibt „ein dichtes Nebeneinander unterschiedlicher Vorstellungen.(…) Die Hyperkulturalität kommt ohne Begriffe wie Toleranz und Integration aus.“
Das Innsbrucker/Telfs-Duo, bestehend aus Dorian Windegger (Vocals & Instruments) und Philipp Koell (Instruments), bedient sich in Ihren Produktionen an einer Vielzahl an Einflüssen und Samples, die einem heutzutage ganz legal und in unendlichen Mengen zur Verfügung stehen. Hier stellt sich nicht die Frage: „Wer hats erfunden?“. Denn wers gut verarbeitet, lässt den Vorwurf der „cultural appropriation“ in diesem Fall weit hinter sich. Die Kunst dabei ist, diese zusammen zu setzen und ein neues Kunstwerk daraus zu formen. Die Gefahr sich darin zu verlieren ist groß. Einmal so zu klingen, und dann wieder so. In diese Falle sind die beiden nicht getappt.
Songs wie „Extension“, besitzt die Rhythmik, Metrik und Phrasierung eines Rocksongs, und erinnert, auch wegen der Darstellung einer verrohten Jugend im Musikvideo, an „Sixteen Saltines” von Jack White. „Redefine“ klingt, nach Bewertung der gleichen Parameter, als sehr vom RnB beeinflusst. Alle bleiben jedoch dem übergeordneten Genre einer Elektro Pop Produktion treu. Zusammengekittet mit den typischen Handwerkstechniken dieses Musikstils. Kompressoren lassen Bässe und Synthesizer pumpen, und geben dem Ganzen eine konstant zügige und tanzbare Fließgeschwindigkeit. Reversierte Cymbals und gefilterte Rauschhüllkurven zieren die Drops. Diverse Vokaleffekte suggerieren genderfluiden Charakter, und Filter Hüllkurven tauchen einen ins realitätsferne und gedankenverlorene Ich.
Erinnert an den fiktiven Soundtrack eines Thomas „Neo“ Anderson in Matrix. Das “weiße Kaninchen” aus dem Film, dem zu folgen es gilt, ist metaphorisch der Anspruch einer qualitativen internationalen Elektro Pop Produktion. In wieweit das nach blauer oder roter Pille klingt?
Am 03.02.23 entführen Neon Neet Ihre Fans und Interessierte in ihre Traumwelt beim Release Konzert im B72. Ob einen das, in eine realitätsnahe, der bitteren roten Pille gleich, oder gar auf noch zusätzlichen Sinneseben empor heben wird, wird sich dem eröffnen, der auch dabei sein wird.
Dominik Beyer
+++
Links:
Neon Neet (Instagram)
Neon Neet (Facebook)
Assim Records