Ö1 Radiokolleg – Kosmos Neue Musik

Für das Ö1 Radiokolleg hat Marie-Therese Rudolph eine Sendereihe zum Thema Musikvermittlung gestaltet und dafür zahlreiche Teilnehmer*innen, Komponist*innen, Vermittler*innen und Wissenschafter*innen zu Wort kommen lassen. Gesendet wird die vierteilige Reihe von 22. bis 26. Juni 2020 um 9:45 Uhr und ab 22:08 Uhr. Und wie üblich stehen die Sendungen sieben Tage auf der Ö1-Webseite zum Nachhören zur Verfügung.

Ungewöhnliche Instrumente, Klänge, die man so noch nicht erlebt hat, oder überraschende Wendungen und Strukturen: Neue Musik kann ihr Publikum zum Staunen bringen, vorausgesetzt es hört neugierig und vorurteilsfrei zu. Warum aktuelle Kompositionen in den Konzertprogrammen nach wie vor auf klassische Musikliebhaber mehr abschreckend als animierend wirken, ist oft auf vorgefertigte Erwartungshaltungen zurückzuführen. Diese entstehen, weil das vielfältige Repertoire nach 1930 im schulischen Musikunterricht nach wie vor wenig Platz findet und in der Instrumentalausbildung häufig ebenso. Zusätzlich kommt oft das weitverbreitete Vorurteil zum Tragen, dass man Musik verstehen müsse.

Die Musikvermittlung nähert sich neuen Werken weniger auf intellektueller, denn auf sinnlicher, emotionaler und erlebbarer Ebene. Vielfältige Zugänge sind von Musikvermittler/innen entwickelt worden, um Musik mit verschiedenen Sinnen zu spüren, Verbindungen zum eigenen Leben zu entdecken und sich selbst kreativ auszudrücken: In Projekten und Workshops nähert man sich analog und digital den Kompositionen, gestaltet gemeinsam, versucht sich in grafischer Notation, oder macht Musik auf unterschiedlichste Arten sichtbar, um ihre Struktur kennenzulernen.

Ensembles, Musiker/innen, Veranstalter, Komponist/innen und Vermittler/innen haben in den letzten Jahrzehnten Methoden entwickelt, Kinder, Jugendliche und Erwachsene an das bewusste Hören heranzuführen, um ihnen den anregenden und stilistisch breit gefächerten Klangkosmos der zeitgenössischen Musik zu offenbaren. Nicht nur, dass die Welt um uns herum immer lauter wird und von Bildern dominiert ist, auch das einander zuhören können, die Basis des sozialen Miteinanders, scheint mehr und mehr in den Hintergrund zu treten. Der Hörsinn und damit die Wahrnehmung können sensibilisiert werden, ja spielerisch trainiert werden.

Die Sendung gibt Eindrücke von Workshops wieder und zeigt in Interviews mit Teilnehmer*innen, Komponist*innen, Vermittler*innen und Wissenschafter*innen die vielfältigen Möglichkeiten der Vermittlungsarbeit im Bereich zeitgenössischer Musik auf.
Für den amerikanischen Komponisten John Cage war jeder Klang, jedes Geräusch Musik. In den 1950er Jahren ein revolutionärer Gedanke, der immer noch als Leitmotiv der Haltung für offene Ohren gelten kann. In diesem Sinne sei auch John Cages Aussage verstanden, wenn er meinte, er brauche kein Radio mehr, denn er müsse nur ein Fenster seiner New Yorker Wohnung öffnen.

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