Musikuniversität Wien – find space to develop

Die Wiener Musikuniversität zählt zu den größten und bedeutendsten ihrer Art, was die GewinnerInnen bei internationalen Wettbewerben, führende InterpretInnen auf den Bühne der Welt oder ausgebildete KomponistInnen immer wieder aufs Neue unter Beweis stellen. Einen Überblick über das vielfältige Geschehen jüngerer Zeit bietet nun die Doppel-CD “find space to develop”, deren erste Hälfte der Interpretation von Werken früherer Jahrhunderte gewidmet ist. Dahingegen zeigt die zweite Silberscheibe verschiedenste Herangehensweisen zeitgenössischer Musik, die allesamt von Studierenden interpretiert, überwiegend sogar von solchen komponiert wurde. Wer mit der Musikuniversität die Begrenzung auf die Tradition verbindet, sei hiermit eines besseren belehrt, denn von Neuer Musik auf traditionellen Instrumenten reicht die Bandbreite über den Einsatz elektronischer Mittel hin zu Pop, Jazz und Big Band Sound. Und auch die technische Umsetzung des Projekts lag überwiegend in den bereits professionell agierenden Händen von Studierenden.

 

Den fetzigen Anfang der zeitgenössischen CD macht Chris Kisielewsky mit ihrem eigenen Song “Late onTime”, bei dem sie ihren stimmlichen Reichtum und ihre technischen Fertigkeiten optimal ins Licht rückt: Bebop und Funk lässt sie mit ihrer vielfältigen Stimme und eingängigen Melodien zu einer hörenswerten Mischung verschmelzen. Eine ebenfalls aus diversen Musikstilen und Zitaten zusammengefügte, schmissige Melange findet sich im “Big Band Funk” von Reinhard Summerer.  Und auch abseits der populären Stilrichtungen lassen sich Verbindungen zu diesen herstellen – etwa bei Matthias Kranebitter, der die Funktion von Musik im Üben von Kritik an künstlerischen wie auch sozialen Ordnungen versteht und in “Ringelreigen, 138,9 g CO2” ebenso wie in anderen Werken mit äußerst heterogenen Klängen arbeitet. Mit Witz und Ironie stellt er zudem unter Beweis, dass die oft fälschlicherweise als Ernste Musik kategorisierte komponierte Musik nicht zwangsläufig ernst sein muss.

Klangliche Übergänge zwischen instrumentalen und elektronischen Mitteln erforscht Onur Dülger in “Celloacoustic”, rauschende Klangkaskaden und Klänge, von denen man nicht sicher sein kann, wie sie zustande gekommen sind, entführen in wilde Assoziationen auslösende Welten. An die Musique concrète der 1950er Jahre, für die Alltagsgeräusche bis zur Unkenntlichkeit bearbeitet und anschließend musikalisch verarbeitet wurden, lässt Caroline Profanter in “Ciclo” für das Raumklanginstrument denken. Dunkles Dröhnen wird mit raschelnden Klängen ebenso wie an bis zur Unverständlichkeit veränderten Sprachaufnahmen oder von diesen abgelöst, führt zu hellem Knistern und Surren.

Bei diesen unterschiedlichen Herangehensweisen bestechen die Studierenden ebenso durch ihre technischen Fertigkeiten wie auch durch ihren kreativen Umgang mit musikalischen Mitteln, bei denen sich traditioneller Umgang in klassischen wie populären Richtungen in den Kompositionen ebenso wie in den Interpretationen zeigt. Das Booklet, das sich auf die notwendigen Angaben zu den einzelnen Werken beschränkt, bleibt Informationen zu KomponistInnen und InterpretInnen schuldig; dafür regt es dazu an, sich alleine auf die Klänge zu konzentrieren – und die können sich allemal hören lassen.

http://mdw.ac.at/