In der Serie „Musikleben mit Kindern“ geht mica – music austria der Frage nach, wie es professionellen Musiker:innen geht, wenn sie Kinder haben. SIGRID HORN gibt uns im dreizehnten Teil der Serie Einblick in ihren Berufsalltag mit Kind: Die Liedermacherin über die organisatorischen Herausforderungen, die sie und ihr Partner zu meistern haben, welche Unterstützung sie von welcher Seite erhalten und über die Notwendigkeit, die Dinge betreffend Kind und Konzert sehr klar zu kommunizieren.
Was hat sich für dich verändert, seitdem du Mutter geworden bist?
Sigrid Horn: Wir leben beide von der Musik und sind seit bisschen über einem Jahr Eltern. Seit einem Jahr spiele ich wieder regelmäßig Konzerte. Unseren Tages- und Abendablauf müssen wir seither viel besser strukturieren und planen als vorher. Das ist die Organisationsebene. Auf der emotionalen Ebene ist alles viel intensiver als früher. Das Scheitern ebenso wie das Glück. Es hat alles viel mehr Dramatik. Aber gleichzeitig bin ich irgendwie viel entspannter. Es ist schön.
Werden Mütter in der Musikszene anders behandelt als Väter?
Sigrid Horn: Natürlich, so wie im Rest der Gesellschaft ja auch. Wenn mein Partner abends etwas unternimmt oder einen Termin hat, wird er nicht gefragt, wer sich leicht ums Kind kümmert. Manche Veranstalter meinten während meiner Schwangerschaft, sie würden sich dann in ein paar Jahren wieder bei mir rühren. So etwas musste sich mein Freund nicht anhören. Mütter werden viel eher abgeschrieben und aufs Abstellgleis gestellt.
Auf Tour mit (kleinen) Kindern? Abends im Konzert und Kinderbetreuung? Welche Netzwerke nützen Musiker:innen?
Sigrid Horn: Ich habe sehr schnell wieder angefangen, regelmäßig Konzerte zu spielen. Das war ansatzweise wahnsinnig, aber ich habe das unheimlich gebraucht. Nach der langen Corona-Pause wollte ich nicht schon wieder ausfallen.
Das geht alles nur durch die engmaschige Unterstützung von unserem gesamten Umfeld, und auf Grund der Tatsache, dass mein Freund unseren Sound macht und ohnehin immer mitreist. Wenn wir dann direkt beim Konzert niemanden für unser Kind haben, schlüpft er von der Techniker-Rolle in die Papa-Rolle.
Wenn möglich, bleiben meine Eltern mit Kind im Hotel. Das geht natürlich nicht immer. Dafür halten sie uns, sonst so gut es geht, den Rücken frei.
Meine Band, Sarah Metzler und Bernhard Scheiblauer, sind ebenso starke Stützpfeiler. Sie nehmen mir rundherum so viel ab, egal ob es Merch, Reiseplanung oder Verpflegung betrifft. Und das alles meist kommentarlos.
Mittlerweile ist alles eingespielt und das Kind ist kein kleines Baby mehr. Aber das erste Jahr war durchaus verrückt.
Was würdest du dir von Veranstalter:innen wünschen und wo muss man dringend etwas verändern?
Sigrid Horn: Hilfreich wäre, wenn Hotel und Anreise für die Betreuungsperson übernommen werden. Manche Veranstalter:innen sind wahnsinnig entgegenkommend. Aber einige konnten sich einfach gar nichts drunter vorstellen, wenn wir sagten, dass wir mit Baby kommen. Das muss man alles sehr genau ausformulieren, denn die Bedürfnisse ändern sich alle paar Wochen. Mit Kinderwagen ist Barrierefreiheit ein Thema, mit krabbelndem Kleinkind freust du dich über einen hygienischen Boden im Backstage. Aber manches sollte meiner Meinung nach selbstverständlich sein, so wie zum Beispiel ein Rauchverbot im Backstage.
In erster Linie braucht es also sehr klare und detaillierte Kommunikation unserer aktuellen Bedürfnisse, und es braucht Veranstalter:innen, die dann tatsächlich auch darauf eingehen. Die enge und intensive Betreuung der Medienmanufaktur Wien erleichtert mein Leben ungemein, der Mental Load wird mir diesbezüglich großteils abgenommen.
„Für mich braucht es vor allem Sichtbarkeit.“
Braucht es allgemein mehr Sensibilität in der Szene? Was fehlt? Wird auf Special Needs eingegangen?
Sigrid Horn: Für mich braucht es vor allem Sichtbarkeit. Ich dachte sehr lange, dass ich Mutterdasein und Musikerinnenleben nicht vereinbaren kann. Darum ist es mir sehr wichtig, da sehr offen zu sein. Weil ich weiß, dass ich das vor meiner Schwangerschaft gebraucht hätte, das hätte mir viele Ängste genommen. Mit Sichtbarkeit kommt mehr Bewusstsein, kommt mehr Sensibilität. Darum finde ich diese Interview-Reihe hier wirklich großartig, danke euch!
Die Zeiten haben sich geändert, Social Media bedient das Privatleben als auch das professionelle Umfeld. Wie gehst du damit in Hinblick auf deine Doppelrolle als Mama und Musikerin um?
Sigrid Horn: Das Gesicht unseres Kindes wollen wir auf Fotos nicht zeigen, ebenso behalten wir den Namen für uns. Aber über das Drumherum und meine Situation teile ich mich sehr offen mit. Das Private ist nach wie vor politisch.
Gibt es sonst noch etwas, das du mit uns teilen möchtet?
Sigrid Horn: Ich bin nach den Konzerten oft sehr schnell wieder weg und knapp angebunden, wenn ich zum Beispiel meine Eltern ablöse, wenn sie noch einen Heimweg haben. Das wirkt für Außenstehende vielleicht unhöflich. Aber ich freue mich schon wieder sehr auf das Zusammensitzen danach.
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