„Musik ist wie ein Spiegel der Zeit“ – HERMANN POSCH und CONNY SCHLEGL im mica-Interview

HERMANN POSCH, selbst ein erfahrener Blues-Musiker, hat sich mit ZACH PRATHER einen durch unzählige Live-Auftritte gestählten Kollegen aus den U.S.A. in seine Band geholt. Der hat wiederum schon mit Mick Jagger und Luther Allison gespielt. Ein Interview von Jürgen Plank mit HERMANN POSCH und seiner Bassistin CONNY SCHLEGL, über das erste gemeinsam mit ZACH PRATHER eingespielte Album „So many roads“ (Astormedia), das STADLBLUES-FESTIVAL und darüber wie das Album auch Rassismus thematisiert.

Du hast deine aktuelle CD gemeinsam mit dem US-Musiker Zach Prather eingespielt, der auch schon mit Luther Allison gespielt hat. Wie bist du ihm gekommen?

Albumcover so many roads 300
Albumcover “so many roads”

Hermann Posch: Über die Bassistin in meiner Band, Conny Schlegl. Sie hat ihn für mein Festival Stadlblues gebucht, dass ich seit 12 Jahren organisiere. Conny hat ihn wegen Luther Allison gekannt, mit dem er rund 10 Jahre lang gespielt hat. Auch mit Leuten wie Willie Dixon, Screamin’ Jay Hawkins war er lange Zeit unterwegs. Mit Etta James, auch mit Mick Jagger hat er schon gespielt und zwischen uns hat sich eine Freundschaft entwickelt. Wir haben schon miteinander live gespielt und er übersiedelt demnächst nach Österreich und wird als fixes Bandmitglied bei mir einsteigen. Zach kommt ursprünglich aus Chicago und sein großer Mentor war Willie Dixon.

Wie kam es zum gemeinsamen Album „So many roads“?

Hermann Posch: Ich habe im Innenhof so eine Art Laube und da sind wir mit den Akustikgitarren gesessen. Zach hatte einige Songideen und dann sind wir hinein in den Proberaum, ins Studio gegangen und haben die Songs aufgenommen. Das war total entspannt und spontan. Ich habe die Aufnahmetechnik gemacht, gemischt hat das Album Chris Scheidl und gemastered Martin Scheer, mit denen ich auch schon seit einigen Jahren zusammenarbeite.

Ist diese Spontanität das Besondere an dieser Produktion?

Hermann Posch: Ich stehe wahnsinnig auf diese Live-Situationen. Ich bin nicht der Studio-Crack, der im Studio tüftelt und fünf Monate lang irgendwelche Vorarbeiten macht. Musik ist wie ein Spiegel der Zeit. Ich mag diesen Moment der Aufnahme, manchmal ist die Aufnahme gut, manchmal weniger gut.

Bild Hermann Posch Blues Band
Hermann Posch Blues Band (c) Fritz Kabinger

„Ich bin ein Typ wie J. J. Cale, ich will nicht viele Akkorde spielen“

Chicago hast du als Stichwort schon genannt, beim Blues gibt es ja verschiedenste Verortungen. Wo steht eure Platte und auf welche Musiker referenziert ihr?

Hermann Posch: Die Musik bezieht sich auf den Chicago-Blues. Es sind ein paar Songs drauf von mir, wie „So many roads“, aber die Lieder wurzeln natürlich im Blues. Teilweise im ganz urigen Blues, von Leuten wie Muddy Waters oder John Lee Hooker, der mit wenigen Tönen viel aussagen konnte. Ich bin ein Typ wie J. J. Cale, ich will nicht viele Akkorde spielen. Die Musik muss fließen, aber das bedeutet nicht, dass ich Tausende Akkorde spielen muss. Die Musik muss grooven und man muss den Inhalt transportieren können. Das Lied „Jim Crow“ ist zum Beispiel politisch hoch aktuell.

Wer ist Jim Crow und was beschreibt der gleichnamige Song inhaltlich?

Conny Schlegl: Jim Crow ist eine Kunstfigur und ein Synonym für die afro-amerikanische Bevölkerung. Und als die Rassentrennung offiziell vorbei gewesen ist, gab es teilweise ungeschriebene Gesetze, die die Rassentrennung doch in sich getragen haben. Etwa, dass Schwarze im Bus hinten sitzen mussten. Das hat man als Jim Crow-Laws bezeichnet.

Was ist die zentrale Aussage im Lied?

Conny Schlegl: Zu dem Lied ist es gekommen, weil wir in einer Zeit leben, in der konservative und rechtsorientierte Gruppen an Einfluss gewinnen. Im Lied erzählt Zach das so: „I thought he was dead a long, long time.“ Aber in Wahrheit hat Jim Crow nur geschlafen und ist wieder da. Uns ist es wichtig, dass wir zu Rassismus nicht schweigen, sondern auf diese Art und Weise unseren Beitrag zu einer Sensibilisierung leisten.

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Gibt es ein gemeinsames Live-Erlebnis mit Zach?

Hermann Posch: Wir haben gemeinsam mit dem Mundharmonika-Spieler Christian Sandera bei einem Blues-Festival in Belgien gespielt und sind dort gut angekommen. Das war in einer riesigen Halle mit rund 2000 Leuten. Die meisten Bands waren elektrisch verstärkt und wir haben ein akustisches Set gespielt und uns tapfer gehalten.

„Zach kommt von dort und kennt die Traditionen.“

Was kann man lernen, wenn man mit so einem erfahrenen Kollegen wie Prather spielt?

Bild Zach Prather
Zach Prather (c) Fritz Kabinger

Hermann Posch: Für mich war ein sehr wichtiger Punkt, dass Zach zu mir gesagt hat, ich soll nur das spielen und singen, was aus mir herauskommt. Ich soll niemanden kopieren und das zulassen, was von mir selbst kommt. Dass ich nicht versuchen soll, so zu klingen wie zum Beispiel Buddy Guy. Wobei es natürlich schon wichtig ist, dass man sich die alten Blues-Sachen anhört. Zum Beispiel das berühmte „Freight Train“ von Elizabeth Cotten, das mich stark beeinflusst hat. Auch die ursprüngliche Blues-Musik hat mich beeinflusst. Die ist dann durch Muddy Waters elektrischer geworden, in Detroit und Chicago. Zach kommt von dort und kennt die Traditionen. Auch beim Schreiben der Texte kennt er alle Tricks und da kann ich total profitieren.

Was ist dir beim Musikmachen wichtig?

Hermann Posch: Für mich ist wichtig, dass alles stressfrei abläuft und der Energiefluss passt. Die Leute, mit denen ich spiele, müssen eigentlich Freunde sein und so funktioniert das bei meiner Band sehr gut. Conny kenne ich jetzt auch schon seit rund 10 Jahren, sie hat früher mit Peter Kern gespielt. Michi Strasser hat lange Jahre bei der Mojo Blues Band gespielt. Reich wird man mit dieser Musik sowieso nicht, das ist eher ein Minderheitenprogramm.

Gerade das hätte ich in Bezug auf Blues anders gedacht, ein Kollege von dir hat mir mal erzählt: Blues funktioniert in Österreich immer, jedenfalls leichter als Countrymusic. Und es gab sehr erfolgreiche Bands wie die Mojo Blues Band, Bluespumpn oder die Bluesbreakers, die bis nach China getourt sind und dort vor den Massen gespielt haben.

Hermann Posch: Ja, das schon. Wir haben vor im Sommer mit Zach Prather ein Country-Album zu machen. Mal schauen wie das funktioniert. In der Boggie Woggie-Szene mit Martin Pyrker und Axel Zwingenberger gibt es ein großes Publikum. Durch das Festival Vienna Blues Spring gibt es auch gute Auftrittsmöglichkeiten und da werde ich am 30. April 2020 auch spielen – das Projekt heißt „20 Shades of Blues“. Da machen wir einen Querschnitt von Delta-Blues bis Funk, dafür proben wir gerade.

Wieder etwas Neues von dir, du bist überhaupt sehr umtriebig und hast kürzlich mit dem Autor Peter Henisch eine CD aufgenommen.

Hermann Posch: Das war eine Solo-Geschichte von Peter Henisch, es waren seine Texte und Peter Strutzenberger, Franz Haselsteiner und ich haben die Musik gemacht. Das war wieder eine ganz andere Welt, vermittelt von Alfred Pulletz vom Vienna Blues Spring. Es war eine Herausforderung für mich, etwas komplett anderes zu machen. Ich bin nicht auf den Blues festgefahren und spiele alles gerne, was sich gut anfühlt. Mir taugt auch Townes van Zandt oder J. J. Cale, die Grateful Dead oder die Allman Brothers.

Wie viel Improvisation ist auf der Platte dabei?

Hermann Posch: Da ist sehr viel Improvisation dabei. Normalerweise schaut man darauf, dass die Nummer zirka zweieinhalb Minuten lang sind, damit man im Radio gespielt wird. Im Radio werden wir höchstwahrscheinlich nie gespielt werden, weil die Nummern manchmal 7 oder 8 Minuten lang sind. Aber das hat es eben gebraucht und das ist auch gut so. 

Du hast schon das Festival Stadlblues erwähnt, was machst du da?

Hermann Posch: Früher haben wir das Festival in Gaisruck in der Nähe von Stockerau gemacht, in einem großen Stadl. Das war ein Super-Ambiente, dort mussten wir allerdings vor zwei Jahren mit dem Festival aufhören, weil es mit der Lärmbelästigung ein Problem gab. Wir haben das zehn Jahre lang zu dritt organisiert und das war dann auch einfach zu viel, wenn man dann zwischendurch noch 700 Koteletts grillen muss! Das Festival ist immer gut angekommen, wir hatten in den letzten Jahren immer an die 500 BesucherInnen. 

Warst du schon in den U.S.A. und hast dort gespielt?

Hermann Posch: Ich war vier Mal in den U.S.A. und habe mal in Kalifornien, in Santa Cruz mit Robert Lowry gespielt. Das ist einer von den ganz alten Bluesern. Dort sind die Leute auch neugierig, wenn ein Europäer in den U.S.A. spielt. Man muss schon sagen, dass Europa im Vergleich zu Amerika nach wie vor ein Paradies für Bluesmusiker ist. Dort bekommt man wirklich fast nichts. Dort gibt es Bands, die spielen 6 Stunden lang und jeder Musiker kriegt dann 40 Dollars – da hört keiner zu, sondern die Leute schauen Baseball. 

Herzlichen Dank für das Gespräch. 

Jürgen Plank

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