THE GHOST AND THE MACHINE — das ist ANDI LECHNER an der Resonatorgitarre, deren metallische Klänge auf die Untiefen des von HEIDI FIAL gespielten Kontrabass treffen. Zur Produktion ihres Debütalbums wurde das Duo um den Drummer MATTHIAS MACHT aus Dresden erweitert. ANDI LECHNER und HEIDI FIAL sprachen mit Stefanie Blauensteiner.
Ihr Sound wird auf Ihrer Homepage als „rau und ehrlich“ beschrieben. Was sind die wichtigsten Elemente, die diesen einmaligen und individuellen Sound ausmachen? Wie hat sich dieser Sound entwickelt?
Heidi Fial: Unser Sound entwickelt sich, wie auch wir, ständig weiter. Aber charakteristisch ist auf jeden Fall die ungewöhnliche Instrumentierung und das Alter unserer Instrumente. Mein Kontrabass zB ist 120 Jahre alt und viel gespielt worden. Holz verdichtet sich durch Klangwellen und das Instrument wird reicher an Obertönen und verlässlichen Bässen. Dieser warme Klang ergänzt wunderbar die metallischen Obertöne der Resonatorgitarre.
Andi Lechner: Auch meine Resonatorgitarren stammen aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Damals wurden Instrumente noch für die Ewigkeit gebaut und speziell Resonatorgitarren hatten eine revolutionäre Bedeutung. Meine Instrumente inspirieren mich zu neuen Stilen und auch offenen Stimmungen, die stark unseren Sound prägen.
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„Und gute Musik ist sowieso zeitlos.“
Ihre Musik weist sowohl Elemente des Blues als auch des Folk auf. Wo liegen Ihre musikalischen Einflüsse?
Heidi Fial: Ja, die Sache mit dem Blues ist sehr vielschichtig. Wir sind uns einig dass ein Gemälde von Vincent Van Gogh mehr Blues in sich trägt als das neue Album von Eric Clapton. Auch im modernen Hiphop, Postrock oder Punk ist Blues zu spüren. Eben weil es dabei nicht um Kadenzen oder Cowboyhüte geht, sondern um Tiefgang, Dringlichkeit und Intensität. Was den Folk betrifft wurden wir schon eher als “Dark Folk” bezeichnet, da wir weniger “Wohlfühlmusik” machen, aber durchaus Elemente aus verschiedener Folklore haben.
Andi Lechner: Da sind wir uns absolut einig. Und was Jazz betrifft ist es die Improvisation, die Freiheit aber auch das Können das, was wichtig für unser Schaffen ist. Denn auch das Loslassen und sich frei bewegen braucht viel Sicherheit, und diese bekommt man eben durch Fleiß, Interesse und Liebe zum Detail. Auch mein Interesse an alten Techniken und der gesamten Musikgeschichte des letzten Jahrhunderts ist sehr groß und fließt ständig in mein Spiel mit ein. Die Grenzen zwischen den Musikgenres sind fließend, und gute Musik ist sowieso zeitlos.
Heidi Fial: An musikalischen Vorbildern gibt es viele: Thelonious Monk, Avishai Cohen, Wayne Shorter, Lou Reed, Nat King Cole, Ravi Shankar, Elmore James, Rory Gallagher, Howlin‘ Wolf und auch die White Stripes oder Bad Religion. Und noch so viel mehr [lacht].
Andi Lechner: Ich höre privat auch sehr gerne indische und orientalische Musik. Aufgewachsen bin ich mit den Punk-Rock-Alben meiner älteren Schwester. Was für mich immer sehr wichtig ist, ist die Attitude, die Musikerinnen und Musiker an den Tag legen.
Sie haben Ihr Debütalbum „The Ghost And The Machine“ zu einem großen Teil über die Crowdfunding-Plattform wemakeit finanziert. Wie hat das funktioniert?
Andi Lechner: Sehr gut. Wir haben einen realistischen Betrag festgelegt, den wir zu 125 Prozent erreicht haben. Den Rest konnten wir zum Glück durch Kulturförderungen finanzieren.
Heidi Fial: Wir hatten schon sehr viel Material für unser Album. Durch die Crowdfunding-Aktion waren wir gewissermaßen gezwungen, einen klaren Plan zu haben und konkrete Entscheidungen zu treffen. Dadurch kam Struktur hinein. Wir haben die Albumproduktion ja auch recht schnell über die Bühne gebracht. Im Februar haben wir mit den Aufnahmen begonnen und Ende Mai war schon die Release-Party im tachles.
Das Album haben Sie ja in den Helicopter Studios in Dresden aufgenommen. Was hat Sie nach Deutschland verschlagen?
Heidi Fial: Wir haben einige Studios in Österreich probiert. Uns war es vor allem wichtig die Möglichkeit zu haben alles Live einzuspielen. Das sehen die meisten Techniker hierzulande nicht gerne. Letztendlich haben wir einfach den Produzenten eines unserer Vorbild-Alben kontaktiert: Edgar M Roethig, welcher eben in Dresden lebt.
Andi Lechner: Ihn aufzufinden war gar nicht so einfach [lacht].
„Im Studio herrschte ein ganz eigener Zauber.“
Andi Lechner: Wir sind dann für zwei Wochen nach Dresden gefahren und innerhalb von sechs Tagen war unser Album [12 Songs; Anm.] aufgenommen.
Unseren Drummer Matthias Macht haben wir auch auf der Suche nach den richtigen Leuten, die wir ins Boot holen wollten, durch Zufall gefunden. Er hat schon des öfteren mit Eddy zusammen gearbeitet. Und er ist ohne Zweifel genau der richtige für uns: intuitiv, humorvoll und technisch “echt schweinisch”, wie Matthias sagen würde (lacht).
Heidi Fial: Das Album haben wir live eingespielt. Ich erinnere mich noch an die Aussage unseres Produzenten: „Musik wird vor dem Mikro gemacht.“ Er hat es sofort verstanden, unseren Sound bestmöglich einzufangen. Im Studio herrschte ein ganz eigener Zauber.
Andi Lechner: Eddy ist jemand der mit wenig viel macht und auch handwerklich sehr begabt ist. Und er legt wert auf atmenden Sound. Ich erinnere mich, als ich ihn mal gerfragt habe: “Eddy, das klingt einfach so geil – was hast du da nur gemacht?” und er meinte “Gar nichts!” (lacht). Um Sound-Effekte zu erzielen hat er nicht Plug-ins am Computer verwendet sondern mich beispielsweise in einen alten Telefonhörer singen lassen. Außerdem arbeitet er mit sehr alten DDR Mikrofonen und mit analogem Mischpult. All das macht ihn zum perfekten Produzenten für uns.
Heidi Fial: Unser Albumcover habe ich auch selbst gestaltet. Hintergrundgeschichte dazu ist, dass ich während der Aufnahmen in Dresden Geburtstag hatte und von Matthias die beiden Nussknacker auf dem Cover geschenkt bekommen habe. Die Figuren wurden zum Geist des Albums. Verziert habe ich es dann in mühevoller Arbeit mit erzgebirgischen Motiven, die an unsere Zeit in Dresden erinnern sollen.
„Mit Matthias hat es auf Anhieb gepasst.“
War es eigentlich von Ihrer Seite aus geplant, den Drummer Matthias Macht in die Band aufzunehmen?
Andi Lechner: Nein, das hat sich erst langsam heraus kristallisiert. Mit anderen Drummern hat es bisher noch nicht so gepasst, mit Matthias allerdings auf Anhieb. Nachdem wir das Album fertig aufgenommen hatten bekamen wir einfach Lust weiter zu machen und auch gemeinsam auf Tour zu gehen.
Heidi Fial: Matthias bringt durch seine humorvolle Art Spaß und Abwechslung hinein. Er kommt ja eigentlich aus dem Free-Jazz. Dadurch hat er sehr viel Selbstironie, teilweise spielt er sogar mit der Luft. Auf der anderen Seite ist er aber natürlich auch technisch sehr versiert.
Sehen Sie sich mittlerweile als Duo oder als Trio?
Andi Lechner [lacht]: Das ist genau das Thema, über das wir gestern gesprochen haben. Es ist beides. Matthias kitzelt immer wieder neue Elemente aus unserem Sound, dadurch entwickelt er sich immer weiter. Er schafft das, was nur ganz wenige Musikerinnen und Musiker schaffen: einen Song zu spielen. Er hat sich perfekt in unser Duo eingefügt. Wir sind im ständigen Kontakt.
Heidi Fial: Das Duo ist der Kern, mit Matthias als Drummer kommt Abwechslung und einfach Spaß hinein. Wenn wir im Duo sind, spiele ich selbst das Drumset mit dem Fuß. Durch die Dreierkonstellation kann sich jeder von uns mehr auf sich konzentrieren. Unser Sound wird durch das Schlagzeug aber natürlich auch lauter, deshalb entwickelt er sich auch immer weiter. Und wir selbst natürlich auch. Wenn wir im Herbst auf Tour durch Deutschland und Österreich gehen, werden wir ihn so oft wie möglich dabeihaben.
Vielen Dank für das Gespräch.
Stefanie Blauensteiner
Das Debütalbum „The Ghost and The Machine“ erscheint am 27. Mai 2016. Die Release-Party wird im Wiener tachles stattfinden.
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