Legt man sich eine CD in den Player, auf welcher Martin Philadelphy seine Finger mit im Spiel hat, kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass man den etwas anderen musikalischen Entwurf präsentiert bekommt. Der wegen seiner kreativen Eigenwilligkeit allerorts geschätzte Gitarrist, der, blickt am auf die Vielzahl seiner Veröffentlichungen, zu den umtriebigsten und fleißigsten seiner Zunft zählt, ist jemand, dem es wie immer wieder gelingt, sich musikalisch neu zu erfinden. Ein außergewöhnliche Fähigkeit, die er vermutlich mit nur wirklich wenig anderen teilt. Es ist im Vorhinein eigentlich nie exakt vorherzusagen, was der gebürtige Innsbrucker tatsächlich vorhat und in welche Klangwelten er seine Hörerschaft zu entführen gedenkt. Man muss sich oftmals schon überraschen lassen. Nicht anders verhält es sich auf den nun erscheinenden CDs „Cerberus One & Two“ (Delphy Records) seiner Trio-Formation Missing Dog Head.
Waren seine letzten Veröffentlichungen doch ein wenig experimenteller angelegt, “rockt” Martin Philadelphy gemeinsam mit seinen beiden Bandkollegen Chris Janka (Gitarre) und Gustavo Costa (Schlagzeug) für seine Verhältnisse diesmal richtig ab. Natürlich tut er dies auf seine eigene unverkennbare Art, aber dennoch, es ertönt alles um einiges eingängiger und strukturierter als noch auf den vorangegangenen Outputs. Zumindest auf dem ersten Teil. „Cerberus Two“ geht doch deutlich mehr in Richtung kunstvoller und avantgardistischer Soundarbeit, was man von dem Gitarristen vielleicht noch ein wenig mehr gewohnt ist.
Mit zwei Gitarren und einem Schlagzeug fast schon als eine klassische Rockformation aufgestellt, überwinden Missing Dog Head in ihren Stücken musikalisch letztlich eigentlich doch erwartungsgemäß alle möglichen stilistischen Grenzen. Von den herausfordernden und offenen jazzigen Strukturen ausgehend, zeigt sich das Trio rund um Martin Philadelphy vor allem gewillt, der gitarrenorientierten Musik eine etwas aus dem Rahmen fallende Note zu verpassen. Und dies tun die drei Musiker erfreulicherweise ohne auch nur für einen Moment in allzu verkopfte Gefilde abzudriften. Wiewohl schon sehr mit dem Gegensätzen laut und leise, zurückhaltend und schräg gespielt wird, erklingt das Dargebotene im Ergebnis letztlich doch sehr rund und gefällig. Es werden von der Band unaufhörlich Spannungsbögen entworfen, die sich stetig verdichtend und steigernd, in unterschiedlichsten Ausformungen ihre Höhepunkte finden.
Die Frage, die sich stellt, ist, ob man bei diesen beiden CDs überhaupt noch von Jazzveröffentlichungen sprechen kann. Klar, der Grad der Komplexität, sowie das herausfordernde spielerische Level sind durchgehend hoher Natur, die musikalischen Elemente aber, derer sich Martin Philadelphy, Chris Janka und Gustavo Costa bedienen und welche sie in ihren Sound einfließen lassen, positionieren ihre Stücke letztlich doch weit abseits dessen, was man unter Jazz versteht. Vielleicht kommt man dem Ganzen etwas näher, spricht man von einem avantgardistischen Progressive-Art-Rock-Versuch im Stile der 70er Jahre garniert mit Einwürfen aus dem Hardrock, Noise, Blues und Metal (!). Zumindest könnten einige Riffs, wie etwa die der ersten beiden Nummern, original aus der Feder einer Metal-Combo stammen.
Missing Dog Head sorgen mit „Cerberus One & Two“ einmal mehr für diesen gewissen Aha-Effekt, sie zeigen, dass es auch in der gitarrenorientierten Musik immer noch innovative und erfrischend ungewöhnliche Pfade zu beschreiten gibt. Auf jeden Fall sind die zwei CDs nicht nur ausgewiesenen Jazzfans ans Herz gelegt, bietet das Trio doch weit mehr als das dem traditionellen Musikverständnis Entsprechende. (mt)
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