„Mir hat mein Jausenbrot zwar nie geschmeckt, trotzdem bin ich froh, dass mir wer eins gemacht hat“ – VOODOO JÜRGENS im mica-Interview

VOODOO JÜRGENS kehrt zurück: Auf seinem zweiten Album „’S klane Glücksspiel“ (Lotterlabel) versammelt er in fünfzehn Songs melancholisch-humorvolle Reminiszenzen an die Schuljause, an zerrüttete Liebschaften, die Eislauf-Disco in Tulln, das Kartenspielen in urigen Beisln sowie Kommentare zur aufgeheizten gesellschaftspolitischen Lage. Atmosphärische Geschichten, die VOODOO JÜRGENS nun, drei Jahre nach seinem Debütalbum „Ansa Woa“, in gewohnt unprätentiöser Manier seiner Hörerschaft auftischt. Im Gespräch mit Julia Philomena erzählte der Musiker von Erwartungshaltungen, filmischer Inspiration und Gelassenheit.

„’S klane Glücksspiel“ heißt das neue Album. Welches ist damit konkret gemeint?  

Voodoo Jürgens: Die Doppeldeutigkeit des Wortes „Glücksspiel“ hat hier natürlich eine Rolle gespielt. Die ersten zwei Nummern auf der Platte behandeln zwar konkret das Kartenspiel, aber ich fand den Begriff auch generell als Überbegriff sehr passend.

„Vielleicht ist diese Platte ein bisschen ernster geworden als die erste.“

Wenn man auch die gelungene Entstehungsgeschichte eines Albums als Glücksspiel sehen will: Was hat sich da für dich im Vergleich zum ersten Album geändert?  

Voodoo Jürgens: Geändert hat sich in erster Linie, dass wir zu einer Band herangewachsen sind. Bei der ersten Platte habe ich mir Musikerinnen und Musiker für das ein oder andere Stück dazugeholt, beim zweiten Album war hingegen klar, dass wir eine Band-Platte machen werden. Für mich haben wir mit der ersten Platte eine Welt aufgemacht, die im zweiten Album weiterexistieren soll, aber trotzdem die Möglichkeit bewahrt, neue Themen hinzuzufügen. Vielleicht ist diese Platte ein bisschen ernster geworden als die erste. 

Das Debütalbum liegt drei Jahre zurück und wurde quer durch die Musiklandschaft abgefeiert. Hat das Druck gemacht?  

Bild Voodoo Jürgens
Voodoo Jürgens (c) Ingo Pertramer

Voodoo Jürgens: Es sagen einem auf jeden Fall alle, dass die zweite Platte schwierig ist. Im Endeffekt haben wir uns die Zeit genommen, die es eben gebraucht hat, um ein Album mit Liedern zu füllen, hinter denen man voll und ganz stehen kann. Es stimmt schon, dass die Situation natürlich eine ganz andere ist. Wir waren mit der ersten Platte viel unterwegs. Da bleibt wenig Zeit fürs Schreiben und die Erwartungshaltung ist eine andere. Mir ist es in erster Linie wichtig gewesen, ein zweites Album zu machen, das nicht so klingt, als würde ich jetzt um jeden Preis Erfolg haben wollen. Es soll einfach die logische Fortsetzung vom ersten sein, die Neues zulässt.

Ein grüner Resopal-Tisch, eine Flasche Wein, ein voller Aschenbecher und die Hände von vier Kartenspielenden: Mit dem Cover-Bild führst du die Betrachterinnen und Betrachter bereits in eine recht urige Ecke.  

Voodoo Jürgens: Das Cover ist ja erst nach den Liedern entstanden und sollte natürlich schon die Stimmung untermalen. Es gibt Bezüge auf der Platte, Lieder, die etwas miteinander zu tun haben und sich auch auf die erste Scheibe beziehen, aber genauso gibt es Nummern, die ganz für sich stehen.

Insgesamt sind es fünfzehn Nummern, die inhaltlich aus deinem direkten Umfeld stammen. Wie kam es eigentlich generell zu diesem Umschwung, reale und sehr persönliche Geschichten erzählen zu wollen – anstelle von Märchen, wie es bei deiner Indie-Band Die Eternias der Fall gewesen ist?

Voodoo Jürgens: Man hat ja immer mehrere Interessen. Mit zwanzig war es spannend für mich, eine kostümierte Band zu haben. Ich fand es damals passend, meine Geschichten mit Märchenfiguren zu erzählen, um sie ein bisschen zu verschleiern. Die Eternias war eine Band, in der ich viel über Musik gelernt habe, wo der Text aber nicht so im Vordergrund gestanden ist. Musikalisch haben die beiden Projekte natürlich schon miteinander zu tun.

„Ich schlüpfe gerne in Rollen – sei es vor der Kamera oder auf der Bühne.“

Deine Nummern sind atmosphärisch, werden häufig als „hörspielartig“ beschrieben. Ist das Visuelle, der Film, tatsächlich eine Inspirationsquelle?

Voodoo Jürgens: Film hat mich immer schon interessiert und ist eine große Inspirationsquelle! Ich schlüpfe gerne in Rollen – sei es vor der Kamera oder auf der Bühne. Genauso macht es mir Spaß zu überlegen, wie man meine Geschichten filmisch umsetzen kann. Ich könnte mir auch gut vorstellen, den Film noch viel mehr mit einzubeziehen – mal schauen, was sich da noch ergeben wird.

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Gibt es eine Nummer, die für dich besonders wichtig ist? „Angst haums“ ist beispielsweise weniger atmosphärisch, sondern ein recht klarer Kommentar zur gesellschaftspolitischen Lage. War das ein Anliegen?  

Voodoo Jürgens: Das wechselt eigentlich ständig, aber ich bin schon sehr froh, dass „Angst haums“ auf der Platte drauf ist. „Angst haums“ und „Ohrwaschlkräuler“ machen wahrscheinlich am meisten eine neue Tür auf, auch was unseren Sound betrifft.

„2l Eistee“ führt dagegen zurück in die Jugend. Ist es ein Rückblick in die eigene Kindheit? Oder ein Einblick ins eigene Vater-Dasein?

Voodoo Jürgens: Eher ein Rückblick in die eigene Kindheit. Es ist schon interessant, wofür ein Getränk und ein Sackerl Chips alles stehen können. Mir hat mein Jausenbrot zwar nie geschmeckt, trotzdem bin ich froh, dass mir wer eins gemacht hat.

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Für „‘S klane Glücksspiel“ hast du gemeinsam mit Jazz Gitti gearbeitet. Wie war das? Wie hast du dich mit ihr verstanden?

Voodoo Jürgens: Wenn man Geschichten von früher hören will, dann ist die Jazz Gitti genau die Richtige. Ich würde sagen, wir haben uns sehr gut verstanden und ich habe ihr gerne zugehört. Außerdem scheißt sie sich nix und das taugt mir sowieso. Vor allem im Video hat sie meiner Meinung nach ihre Qualitäten bewiesen.

„Geschichten zu erzählen ist auf jeden Fall eine wichtige Sache, würde ich sagen.“

In einem Interview mit Ö1 meintest du, mit kleinen Geschichten über das Große könne man das Leben von vielen Menschen streifen. Ist das ein Ziel? Ein Gefühl von Zusammengehörigkeit zu erzeugen?

Bild Voodoo Jürgens
Voodoo Jürgens (c) Ingo Pertramer

Voodoo Jürgens: Hm … Zusammengehörigkeit klingt in dem Zusammenhang komisch für mich. Man braucht natürlich ein Publikum, wenn man auf einer Bühne steht. Aber ich kenne die Leute ja nicht, die mir da zuhören. Geschichten zu erzählen ist auf jeden Fall eine wichtige Sache, würde ich sagen. Zuhören und mit Respekt weitertragen, was einem selbst erzählt wurde. Das ist wichtig. Möglichst viele Leute zu streifen würde ich jetzt nicht als mein Ziel bezeichnen, aber es ist schon gut, wenn man sich mal anhört, was die verschiedenen Seiten zu sagen haben.  

Hast du das Gefühl, deine Musik kommuniziert zwischen den Generationen?

Voodoo Jürgens: Es ist schön, dass Jung und Alt zu meinen Konzerten kommen. Am Anfang habe ich ja eher vor älterem Publikum gespielt, hauptsächlich in Beisln. Nach und nach sind jüngere Zuhörerinnen und Zuhörer dazugekommen. Das habe ich nicht geplant, das hat sich ergeben – und das freut mich sehr!

Herzlichen Dank für das Gespräch! 

Julia Philomena

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Voodoo Jürgens live

17/01/20 Stuttgart Merlin Germany
18/01/20 Dortmund Konzerthaus Germany
19/01/20 Karlsruhe KOHI Germany
22/01/20 Zürich Bogen F Switzerland
23/01/20 Basel Kaserne Switzerland
24/01/20 Düdingen Bad Bonn Germany
25/01/20 St.Gallen Palace Switzerland
14/02/20 Obermarkersdorf Kufo Austria
15/02/20 Augsburg Brecht Festival Germany
20/02/20 Passau Zauberberg Germany
21/02/20 Heidelberg Halle02 Club Germany
22/02/20 Leipzig Nato Germany
23/02/20 Dresden Beatpol Germany
25/02/20 Osnabrück Kleine Freiheit Germany
26/02/20 Bremen Lagerhaus Germany
27/02/20 Düsseldorf Zakk Germany
28/02/20 Würzburg Cairo Germany
29/02/20 Ulm Cabaret Eden Germany

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