Schon die im Oktober erschienene Digital- EP Venus Breakdown ließ den Schluss zu, dass hier noch Großes folgen wird. Und wie man es von Milk+ eigentlich erwarten durfte, wird man in keinster Weise enttäuscht. Viel mehr noch, das von Ikey Owens (u.a. Jack White, The Mars Volta) produzierte dritte Full-Length Album Band On Wire (monkey music) ist ein Paradebeispiel dafür geworden, dass in Sachen anspruchsvoller Rockmusik noch lange nicht das letzte Wort gesprochen ist. David Furrer, Navid Djawadi und Alex Kerbl zeigen, dass sie es wirklich verstehen, Nummern auf den Weg zu bringen, die mit ungewohnter Abwechslung zu punkten wissen und sich erfreulicherweise nicht im Wiederholen des bereits tausendfach Gehörten verlieren. Erhältlich ist das Album ab 18. Jänner.
Milk+ verbraten in einer einzelnen Nummer definitiv mehr Ideen, als viele andere Rockbands es auf einem gesamten Album tun. Hier sind Innovation und Eigenständigkeit angesagt, sowie die Weigerung, sich auch nur in irgendwelcher Form den herkömmlichen Songformaten zu unterwerfen. Schon das Eröffnungsstück A Man On Wire gibt im Grunde genommen die Richtung vor. Ein Riff, das einem jeden Liebhaber der gitarrenorientierten Musik das Herz aufgehen lässt, richtig schönes Tempo, ein ausbalanciertes Maß an Härte, Dynamik, intelligente Breaks und ein würdiger Refrainteil, der dem Ganzen die Krone aufsetzt, bevor zur Mitte des Songs der abrupte Bruch hin zu einem sich stetig steigernden und weiten spacigen, stimmungsvollen und experimentellen musikalischen Klangbogen vollzogen wird, der wiederum schließlich im nächsten bärenstarken Track mündet. Die hohe Kunst des Progressive-Rock nennt man das wohl, was David Furrer (Gitarre, Gesang), Navid Djawadi (Bass, Gesang) und Alex Kerbl (Schlagzeug) hier vorexerzieren.
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Überhaupt zeigt sich Band On Wire von einer sehr abwechslungsreichen Seite. Keiner der erstklassig produzierten und überwiegend im Sound des 70er Jahre Progressiv Rock verhafteten Songs klingt wie der andere, jeder einzelne steht quasi als kleines, aber doch sehr vielschichtiges Kunstwerk alleine für sich selbst. Ob es nun die rockigen Kracher, wie eben der eben erwähnte Eröffnungstrack und die bereits von der gleichnamigen EP bekannte Nummer Venus Breakdown sind, oder die anspruchsvolle und vollkommen klischeebefreite Ballade Melaforint (mit Clara Luzia), man wird als HörerIn stets mit etwas Neuem konfrontiert.
Was Milk+ vor allem auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, alles wie aus einem Guss erklingen zu lassen. Im Unterschied zu vielen anderen Prog-Rock-Entwürfen verlieren sich die drei Musiker in keinem Moment in irgendeinem überambitionierten virtuosen Wettstreit, zu welchem sie aufgrund ihrer herausragenden instrumentalen Fertigkeiten durchaus befähigt wären. Hier wird der Bandklang in den Vordergrund gerückt, der besonders davon lebt, dass wirklich immer irgendetwas passiert. Vielleicht nicht immer hörbar an der Oberfläche, aber doch stets wahrnehmbar.
Mit Band On Wire auf jeden Fall liefern Milk+ ihr wohl bislang stärkstes Album ab, auch weil es qualitativ keinen Unterschied zu internationalen Rock-Veröffentlichungen mehr zulässt. Und das kann man wahrlich nicht von allen heimischen Outputs behaupten. (mt)
Foto Milk+: Ingo Pertramer