Auf Antrag aller im Parlament vertretenden Parteien findet am 3. Juni 2008 im Nationalrats-Sitzungssaal des Parlamentsgebäudes eine parlamentarische Enquete mit dem Thema “ZukunftsMusik Aktuelle Herausforderungen und musikalische Entwicklungsperspektiven in Österreich” statt. Für die Präsidentenkonferenz, eine auf Initiative von mica-music austria gegründete regelmäßige Zusammenkunft von Organisationen des österreichischen Musiklebens, ist damit ein lange vorbereiteter Wunsch in Erfüllung gegangen. Durch die im Vorfeld von mica – music austria koordinierten Vorbereitungen ist ein historisch einmaliger Themenkatalog im Konsens mit allen am österreichischen Musikleben beteiligten Organisationen von KomponistInnen, MusikerInnen und VertreterInnen der Wirtschaft entstanden. Ein Themenkatalog, der auch über die Enquete hinaus ein Arbeitsprogramm darstellt. mica – music austria präsentiert im Rahmen dieser Artikelserie die Positionspapiere der teilnehmenden Organisationen. Positionen zur Entwicklung der kulturellen Bildung im Bereich Musik in Österreich
Die folgenden Positionen beziehen sich einerseits auf das vom Bundeskanzleramt Österreich veröffentlichte Regierungsprogramm 2007-2010 (Kapitel “Kunst und Kultur”), auf das vom ÖMR am 28.2.07 beschlossene Manifest “Mehr Mut zu kultureller Vielfalt” und auf den von der “Präsidentenkonferenz Musik” erarbeiteten Themenkatalog für eine parlamentarische Enquete zum Thema “Musik”. Sie wurden durch Beiträge seitens der ÖMR-Mitglieder AGMÖ (Arbeitsgemeinschaft der Musikerzieher Österreichs), ÖKB (Österreichischer Komponistenbund), ÖBV (Österreichischer Blasmusikverband) und Österreichischer Sängerbund ergänzt und mit anderen Organisationen des österreichischen Musiklebens abgestimmt.
Die Positionen des Österreichischen Musikrats beziehen sich weiters auf die in der “Road Map for Arts Education” der UNESCO formulierten Empfehlungen. Die “Road Map” fokussiert vor allem die Bereitstellung von Mitteln für Projekte der direkten Begegnung von Schüler/innen und Künstler/innen und empfiehlt Partnerschaften auf verschiedenen Ebenen (Ministerien, Länder, Gemeinden, Künstler, Schulen, Lehrer) und spezielle Trainings für Lehrer/innen und Künstler/innen um solche Projekte durchführen zu können. Dieser Fokus ist sehr zu begrüßen. Im Sinne der Förderung kultureller Vielfalt sollte dabei an schöpferische Musiker/innen aller musikalischen Stilbereiche (und deren Mixturen) gedacht werden:
. Klassik/zeitgenössische Musik (Komponisten, Instrumental- und Vokalensembles, …)
. Jazz/improvisierte Musik (Improvisatoren, Bands, …)
. Volksmusik / Folk & World Music (Traditionelles, Experimentelles, …)
. Dance/HipHop/Elektronik (DJs, Computermusiker, …)
. Rock- & Popmusik (Songwriter, Bands, …)
. Schlager & volkstümliche Musik (Unterhaltungsmusiker, Kapellen, …)
Projekte, die den Schüler/innen kreatives Arbeiten in verschiedenen musikalischen Stilfeldern ermöglichen, sind besonders zu unterstützen. Dabei sollte auch an kunstspartenübergreifende Themen gedacht werden: Musik und Literatur, Musik und Theater, Musik und Film, Musik und Tanz etc.
In der “Road Map” werden drei vorbildliche Initiativen zur kulturellen Bildung angeführt: “cultural rucksack” (Norwegen), “artist-in-school” (Korea), “artists in teacher education” (Papua Neu Guinea). Sowohl die Sammlung von Beteiligungen an Kulturprojekten als Bestandteil des schulischen Curriculums wie auch die Begegnung mit Künstlern und unterschiedlichen kulturellen Szenen als Bestandteil der Lehrerbildung erscheint uns erprobenswert.
Investitionen in “Künstler-Kontakt-Projekte” dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Bereich der musikalischen Bildung kontinuierliches Lernen eine “conditio sine qua non” darstellt. Kulturelle Bildung ist stets im Sinne der Möglichkeit zu ganzheitlicher Persönlichkeitsentwicklung und unter Beachtung des Prinzips der Chancengleichheit (“equal opportunities”) zu sehen. Das bildungspolitische Ziel der Ermöglichung musikalischer Ausbildung für alle Kinder und Jugendlichen sollte nicht aus den Augen verloren werden. Daher empfehlen wir für einzelne Altersstufen bzw. Ausbildungsinstitutionen folgende politische Schwerpunktsetzungen:
1) Kindergarten / Volksschule
. Keine Verschlechterung der musikpädagogischen Ausbildung von VolksschullehrerInnen in Pädagogischen Hochschulen: Ausreichendes Angebot an Instrumental- und Gesangsunterricht sowie an didaktisch-methodischen Fächern.
. Ausbau von Partnerschaften zwischen Kindergärten/Volksschulen und Musikschulen unter besonderer Berücksichtigung vor allem von AbsolventInnen der Ausbildungsgänge im Bereich der Elementaren Musikpädagogik.
. In Schulen mit Tagesbetreuung ist es unerlässlich für Kinder, die ein Musikinstrument erlernen, am Schulstandort räumliche und zeitliche Möglichkeiten zum Üben am Instrument verbindlich einzuplanen.
2) Schulen der 10-14 jährigen
. Ausbau der Angebote für Schüler im Kreativbereich, Nachmittagsangebote in Ganztagsschulen: Instrumental(Gesangs)unterricht, Ensembles, Proberäume, Workstations.
. Bewusste Förderung von Ensemblespiel (Orchester, Chor, Band).
. Verbesserung der Ausstattung mit technischem Equipment sowie Instrumenten für das Klassenmusizieren.
. Ausbau und Vermehrung von Schulen mit besonderer Berücksichtigung der musikalischen Ausbildung auf sämtlichen Schulstufen.
. Bundesweite Überführung der Musikvolksschulen in das Regelschulwesen.
. In Schulen mit Tagesbetreuung ist es unerlässlich für Kinder, die ein Musikinstrument erlernen, am Schulstandort räumliche und zeitliche Möglichkeiten zum Üben am verbindlich einzuplanen.
3) Schulen der 14-18 jährigen
. Ausbau der Angebote für Schüler im Kreativbereich, Nachmittagsangebote in Ganztagsschulen: Instrumental(Gesangs)unterricht, Ensembles, Proberäume, Workstations.
. Ausreichendes Kontingent für musikbezogene Freigegenstände und Unverbindliche Übungen für Instrumental(Gesangs)unterricht (Berufspraxis der Absolventen der Studienrichtung “Instrumentalmusikerziehung”).
. Bessere Positionierung der Möglichkeit, in der 7. und 8. Klasse sowohl “Musikerziehung” als auch “Bildnerische Erziehung” zu belegen durch Erhöhung der schülerbezogenen Anzahl der Wahlpflichtstunden.
. Bundesweiter Ausbau der Schulformen mit kreativem/musikalischem Schwerpunkten (Schulen mit besonderer Berücksichtigung der musikalischen Ausbildung – sowohl mit Instrumental(Gesangs)unterricht als auch mit vokalem und instrumentalem Ensemblemusizieren, “Musikgymnasium der kulturellen Vielfalt”).
4) Musikschulen
. Erweiterung der Kapazitäten durch vermehrte Kooperationen mit öffentlichen Schulen.
. Weiterentwicklung der Landes- bzw. Bundeswettbewerbe “Musik der Jugend” (“prima la musica”, “gradus ad parnassum”, “podium jazz, pop, rock …..”).
. Aufwertung des Kompositionsunterrichts in verschiedenen Musikgenres (Projekte und kontinuierliches Lernen).
. Weiterentwicklung des Konzepts der Musik- und Kunstschulen (im Sinne regionaler kultureller Zentren).
. Der Terminus “Landesmusikschulwerke” im letzten Absatz zum IGP-Dienstrecht wäre passender durch “öffentliches Musikschulwesen” oder – noch besser – durch “Musikschulen der Länder und Gemeinden” zu ersetzen.
. Anerkennung der Ausbildungsangebote des Österreichischen Blasmusikverbandes als Bildungseinrichtung.
5) Musikuniversitäten und Konservatorien
. Mehr budgetäre Spielräume für Ausbildungsinnovationen: Umsetzung der Ergebnisse des AEC Projekts “Polifonia”, Maßnahmen in Richtung kultureller Vielfalt: Förderung von “Mangelinstrumenten” (in den Bereichen Klassik, Volksmusik, Popularmusik, Weltmusik), Thematisierung der Musik von Minderheiten und Migranten sowie von durch das NS-Regime verfolgten KomponistInnen, Entwicklung der Kompositionspädagogik.
. Redemokratisierung der Universitäten (Novellierung des UOG 2002).
. Überarbeitung der Vorgaben im Bereich Wissensbilanz/Qualitätsmanagement für Kunstuniversitäten.
6) Schnittstelle Ausbildung / professionelle Musikausübung
. Einbindung von Absolventen und Preisträgern in Musikexport-Initiativen.
. Ausbau der Kooperationen von Künstlern, Lehrern und Schulen.
. Einrichtung bzw. Weiterentwicklung von Ausbildungsgängen für professionelles Musikmanagement.
Im Sinne eines durchgängigen Gesamtkonzepts sind abschließend noch Zusammenhänge zwischen Breiten- und Spitzenförderung zu beachten. Maßnahmen zum Ausbau kultureller Begegnungs- und Betätigungsmöglichkeiten auf lokaler bzw. kommunaler Ebene erhöhen einerseits die Chancen auf Entdeckung und Entwicklung von Künstler/innen mit überregionaler Bedeutung und tragen andererseits zur Entstehung und Entwicklung von Publikumsschichten bei. Dabei sind in Entsprechung zur UNESCO Konvention zum Schutz und zur Förderu
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