mica-Porträt: Horst-Michael Schaffer

Sänger, Produzent, Arrangeur, Trompeter, Songschreiber, Lehrbeauftragter, künstlerischer Leiter, vielseitiger kann ein Portfolio eines Musikers kaum sein. Längere Zeit blieben Horst-Michael Schaffers musikalische Tätigkeiten nur einer kleinen Schar von Insidern vorbehalten. Erst an der Spitze der Jazz Bigband Graz ist der umtriebige Musiker zu Recht ins öffentliche Rampenlicht gerückt und prägt seither an vorderster Stelle das Bild der österreichischen, zeitgenössischen Bigband-Ästhetik.

Horst-Michael Schaffer wurde 1971 in Weisskirchen in der Steiermark geboren und begann bereits mit zwölf Jahren mit seinem ersten Trompetenunterricht. Dieser führte ihn durch verschiedene Musikschulen, bis er mit 18 Jahren eine längere Pause einlegte um ab 1991 für vier Jahre klassischen Gesang am Konservatorium der Stadt Graz zu studieren. Im Anschluss kramte er wieder seinen Trompetenkoffer hervor und belegte an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Jazztrompete als Hauptfach bei Eduard Holnthaner. Bereits als junger Student machte Schaffer auf sich aufmerksam und arbeitete als Musiker, Sänger und Arrangeur mit u.a. Johnny Logan, Harald Juhnke, Roberto Blanco, Paul Kuhn, Cool & The Gang oder Claudia Streza. Im Laufe seines Studiums, das er 2000 mit Auszeichnung abschloss, machte er mehrere Stationen bei namhaften internationalen Musikern, um so seinem Trompetenspiel weiter zu perfektionieren. So bekam Schaffer 1997 den „Overseas Scholarship vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst in Wien“ verliehen und verbrachte daraufhin rund zwei Jahre in England um am „College of Music“ in Leeds und bei Darren Irwin und John Bowman in London zu studieren. Außerdem machte er für intensive Studien halt bei Bobby Shew in Los Angeles sowie bei Ed Neumeister in New York.

Der ausgiebige Auslandsaufenthalt sowie sein ausgezeichneter Ruf verschafften ihm rasch angesehene Engagements im Heimatland. 1998 wurde Schaffer bei den „Vereinigten Bühnen Graz“ für das Musical „Hair“ engagiert und es folgten mehrere Aufträge als Songschreiber für BMG sowie verschiedene Kompositions- und Produktionsprojekte im Pop- und Jazzbereich in Deutschland und England mit u.a. „Sunny Austin“, „Salt and Peppermints“, „Sandra Laar“, „Shanice Keighton“, „DJ Big Ben Mob“, „Stars and Stripes Major Label“. Kurz vor Beendigung seines Studiums gründete er 1999 gemeinsam mit u.a. John Hollenbeck, Wayne Darling, Fritz Pauer, Heinrich von Kalnein, Herwig Gradischnig und Sigi Feigl die „Jazz Big Band Graz“ durch die er einige Jahre darauf nationale und internationale Bekanntheit erlangen sollte. Mit 2000 erhielt Schaffer den Förderungspreis des Österreichischen Bundesministeriums für Unterricht und Kunst gefolgt von einer fünfjährigen intensiven Konzert- und Tourneephase in Österreich und Europa mit u.a. dem Groove-Impro-Syndikat „Die geilen Schweine“, Alex Deutschs „Gelee Royal“, dem „The Alhamáy Trio“ mit Wayne Darling und Bill Elgart, „Studiopercussion Graz“, dem „Kleinsten Orchester der Welt“ mit Armin Pokorn, dem Trio „Heckel/Schaffer/Hütter“, der deutschen Rapband „Deutschland-Phunk“, dem „European Jazz Orchester“ unter der Leitung von Django Bates, der Folkband „Die Dolen“ mit Reinhard Winkler, Ali Angerer, Ingrid Moser und Achim Kirchmair, der ungarischen Phunkband „Argos“ oder verschiedenen DJs aus Wien und London. Daneben arbeitete Schaffer ab 2002 als Produzent und Songschreiber gemeinsam mit Jens Winter und Craig West für verschiedene Dancefloor und Indie-Labels in Deutschland und England.

Die Früchte der intensiven Konzerttätigkeit ließen nicht lange auf sich warten als Schaffer nach und nach leitende Positionen und Lehraufträge zugesprochen bekam. Bereits ab 2001 übernahm er die künstlerische Leitung der Konzertreihe der „Jazz Bigband Graz“ „Jazz in der Oper“ als Quasi-Vorhut für die Gesamtkünstlerische Leitung derselben Bigband gemeinsam mit einem seiner Gründungskollegen und umtriebigen Saxophonisten Heinrich von Kalnein ab 2003.  Im selben Jahr wurde Schaffer außerdem als Lehrbeauftragter an die „Kunstuniversität Graz“ für die Fächer Jazztrompete und Bigband berufen.

Die „Jazz Bigband Graz“ gehört ohne Zweifel zum markantesten Meilenstein Schaffers bisheriger Karriere, deren künstlerische Ausrichtung nach dem Austritt von Sigi Feigl als künstlerischer Leiter 2002 grundlegend neu positioniert wurde. Gemäß Schaffers Abneigung Musik in Kategorien zu fassen und stattdessen die unterschiedlichen Genre der Musiklandschaft, visueller Kunst und Dichtung miteinander zu verbinden, entstand eine völlig neue Art der Bigband-Musik. Dominierten zuvor eher klassische Bigbandarrangements á la Thad Jones und zeitgenössische Kompositionen von u.a. Bob Brookmeyer, traten nun klar abgegrenzte künstlerische Projekte von Bandmitgliedern oder Komponisten mit einem eindeutigen Konnex zur Band. Einen weiteren Fokus stellte außerdem die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen StarvokalistInnen des Jazz wie etwa mit Diane Schuur, Patti Austin, Jon Hendricks, Kurt Elling, Theo Bleckmann, den „New York Voices“ oder „Take 6“ dar. Auffallend bei den Projekten ist die klare Abkehr von Bigbandkompostionsklischees zugunsten der Hereinnahme von horizonterweiternden Komponenten wie etwa Minimal Music, Electronica, NU Jazz, Spoken Word, Drum’n’Bass, Dichtkunst – so auch in der ab 2005 ins Leben gerufenen „Jazz&Poetry“-Reihe in Kooperation mit dem Literaturhaus Graz zu hören – sowie visueller Kunst. Diese neue Klangästhetik machte rasch von sich reden und katapultierte die „Jazz Bigband Graz“ in den zeitgenössischen Bigband-Olymp mit reger internationaler Tourneetätigkeit – wobei nunmehr nur die Anzahl der MusikerInnen etwas mit der im einstigen Sinne gemeinten Bigband etwas gemein hat.

Man darf also gespannt sein, welche künstlerischen Pläne Horst-Michael Schaffer noch in seinem Trompetenkoffer mit sich herumträgt. Eines ist jedoch klar, man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass diese nichts mit den herkömmlichen und alteingesessenen Kategorien zu tun haben werden und uns mit bis dato Ungehörtem und vielleicht sogar Unerhörtem beglücken werden.
Georg Demcisin

 

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