mica-Interview Wolfgang Pollanz

Im südsteirischen Ort Wies macht der Autor und Musiker Wolfgang Pollanz (aka Karaoke King) seit Jahren Kulturarbeit: Er betreibt die Edition Kürbis und das Label pumpkin records. Pumpkin hat sich auf Sampler spezialisiert, es gab bereits Kompilationen zu Themen wie “Heimat”, “Hymne” oder “1967”. Das mica – Interview führte Jürgen Plank.

Wie ist das Label pumpkin records entstanden?
Ursprünglich war das ein Kulturverein, den gibt es schon seit Ende der 1970er Jahre. Ich bin irgendwann zu diesem Verein gestoßen und habe ab Ende der 1980er Jahre einen kleinen Verlag gemacht, der heißt Edition Kürbis und wir haben irgendwann – nachdem mich immer zwei Dinge interessiert haben, das eine ist die Literatur, das andere ist die Popmusik – daran gedacht, ein kleines Label zu machen. Das war etwa um 1997 herum. Wir haben damals eine CD mit jungen Bands aus der Region gemacht und da waren auch schon Leute dabei, die jetzt bei Thalia spielen oder auch Stefan Ehgartner von Mann über Bord! beispielsweise, die stammen ja alle aus der Region hier. Das hat sich dann weiter entwickelt und eine wichtige Sache war die CD, die wir als Beilage zum Comic Peter Sterner gemacht haben, weil damals Kontakte mit verschiedenen Musikerinnen aus dem Wiener Raum zustande gekommen sind und das hat dann weiter geführt zu der ersten relativ bekannten CD “Heimat”, mit der die Label-Geschichte eigentlich begonnen hat.

Wie sieht denn die Label-Philosophie aus?
Die Label-Philosophie ist sehr subjektiv, nach meinem ganz persönlichen Geschmack ausgerichtet. Wobei ich ein sehr breiter Musikhörer bin, aber nicht alle Arten von Musik mag, sondern ich habe Vorlieben, die grob umrissen irgendwo im Indie-Bereich angesiedelt sind, soweit es diesen Begriff überhaupt noch geben kann.

Ihr habt mit dem Peter Sterner-Sampler eine Reihe von Sampler-Releases gestartet. In letzter Zeit habt ihr verstärkt Einzel-Releases gehabt. Wie geht sich das finanziell aus, wie überlebt pumpkin records?
Dazu muss ich sagen, wir haben immer gesagt, wir machen eine CD pro Jahr, das sind meistens diese Themen-CDs, begonnen mit “Heimat” über “Hymne”, “1967” bis zum letzten Sampler “Schubert is not dead”. Bei diesen Samplern bezahlen wir die Produktion der CD, die Grafik und all diese Geschichten. Die Tracks selbst werden von den MusikerInnen angeliefert, das können wir nicht extra bezahlen, dafür haben wir das Geld nicht. Bei den anderen CDs, die wir in letzter Zeit gemacht haben, sind einfach Gelder da gewesen vom SKE-Fonds oder es hat auch Bands gegeben, die gesagt haben: Wir bezahlen die Produktion, ihr gebt uns die Infrastruktur und pumpkin übernimmt dann den Vertrieb und die Pressearbeit. Ich möchte das aber ganz dezidiert sagen, dass wir nicht mit so genannten Selbstzahler-Verlagen zu vergleichen sind, wie es sie zum Beispiel im Buchgeschäft gibt. Es geht eben darum, dass wir hier Möglichkeiten schaffen. Wir sind ein Kulturverein, wir haben überhaupt keine kommerziellen Interessen, der Kulturverein deckt irgendwelche Portoausgaben mit dem Online-Verkauf ab. Ansonsten haben wir überhaupt kein Interesse, Geld zu verdienen. Wir wollen, dass das Geld den Bands zu Gute kommt, es ist die Aufgabe eines Kulturvereines, wie wir es sind, einer Kulturinitiative, das ist das schönere Wort, KünstlerInnen die Möglichkeit zu geben, an die Öffentlichkeit zu kommen und Dinge zu verwirklichen.

Du bist ja auch selbst Musiker und Autor, erzähle bitte über dein neues Buch?
Mein neues Buch heißt “Kurze Geschichte der Welt in 25 Gängen”, das Buch ist in der Edition Kürbis erschienen. Wobei das nicht die Regel ist, dass meine Bücher immer in der Edition Kürbis erscheinen. Es gibt in anderen Verlagen eine Reihe von Büchern. Das letzte Buch war sozusagen ein kleines Zwischenbuch bis zum vielleicht nächsten größeren Buch. Beginnend mit 9/11 geht das zurück bis Adam und Eva, es sind kurze Geschichten, in denen es um fiktive Zusammenhänge zwischen historischen Ereignissen und Mahlzeiten.

Zu Kürbis gehört auch ein Theater dazu. Was macht ihr überhaupt alles?
Kulturinitiative heißt, dass wir in erster Linie versuchen in der Region etwas zu machen. Man muss sich das so verstellen, dass wir hier wirklich sehr abseits von touristischen und wirtschaftlichen Pfaden liegen. Es ist echtes Hinterland, vergleichbar mit dem Waldviertel. Es gibt viel Abwanderung und kaum Arbeitsplätze. In den letzten 25 Jahren haben sich hier einfach verschiedene Initiativen gebildet, die versucht haben, Kultur in der Region zu machen. Das waren junge Leute, die abseits der urbanen Zentren gelebt haben und eine dieser Initiativen war das Theater, das drei bis vier Produktionen pro Jahr gemacht hat. Das Theater im Kürbis ist inzwischen zu einem Mehrsparten-Betrieb geworden, eben mit der Edition Kürbis, dem Label pumpkin records und zusätzlich veranstalten wir auch Konzerte und Lesungen.

 

 

Wie siehst du pumpkin records gegenüber Majorlabels positioniert, in einer Label- und Musiklandschaft, die sich durch Downloads und CD-Brenner verändert hat?
Ich loade auch manchmal etwas down, aber ich komme aus einer Generation, in der man noch Vinyl gekauft hat. Damals hat das Cover noch eine wichtige Rolle gespielt. Dadurch, dass man heute die CDs relativ leicht herstellen kann, haben auch wir die Möglichkeit zu veröffentlichen. Gegenüber Majorlabels sind wir halt offen für Bands, die bei großen Labels überhaupt keine Chance mehr haben, was ich sehr traurig finde. Wenn man etwa auf myspace schaut: Dort findet man ja so wahnsinnig viele Bands, vieles ist vielleicht nicht besonders gut, aber ich glaube es gibt nach wie vor ganz großartige Bands, die aus diesem Einheitsbrei – und damit meine ich nicht nur Ö3, es gibt meiner Meinung nach auch einen FM4-Einheitsbrei – herausragen. Und Bands, die da herausragen, sollten die Möglichkeit haben, das Licht der Öffentlichkeit zu erblicken und wenn wir mit den Bands zusammen kommen und es finanziell geht, dann machen wir die CD.

Es gibt jetzt die Initiative www.fairmusic.net, die versucht, Musik den KünstlerInnen gegenüber fair zu handeln. Was sagst du zu solchen Initiativen?
Ich habe mich nicht ausführlich damit beschäftigt, aber es geht um Fairness gegenüber Künstlern. Das habe ich schon vor allem auch als Schriftsteller gesagt: Mich stört nichts mehr, als dass künstlerische Arbeit nicht adäquat bezahlt wird. Ich bin absolut gegen jedes Ausnützen von Künstlern. Das, was ich zuvor gesagt habe, impliziert das ja auch. Weil wir ja kein kommerzielles Interesse haben, schaffen wir eine Plattform für Musiker und ich denke, dass keiner der Musiker sich in irgendeiner Form ausgenützt fühlen könnte. Insofern finde ich das eine tolle Initiative, aber die müsste auch von den großen Labels unterstützt werden und von den Radios und ich glaube, es wäre auch sehr wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Musik nicht umsonst ist. Ich habe ja auch einen Brotberuf als Lehrer und ich komme mit Jugendlichen auch über solche Themen ins Gespräch und da merke ich, dass die glauben, Musik ist etwas, das man einfach kopieren kann. Es gibt kein Bewusstsein dafür, dass da ein Mensch dahinter steckt, der etwas Kreatives geschaffen hat und dass der dafür auch adäquat Geld bekommen sollte.

Welche nächsten Pläne hast du mit pumpkin?
Es kommt jetzt im Herbst eine CD von den “4 experimentellen, die nur 2 sind”. Das ist der David Lipp, der mit David Lipp und die Liebe vielleicht eh bekannter ist. Dann haben wir vor Ende Jänner die neue CD von 78plus zu releasen und dann gibt es eine Band namens Hotel Prestige, die haben zu tun mit Bell Etage, die vor kurzem bei uns erschienen ist. Und eine Band, die mir ganz klassisch Material geschickt hat und auf die habe ich dann reagiert, die heißt “Heumond aus Mitteleuropa”. Mit steirischen Wurzeln, sie leben aber in Wien und die habe ich ganz interessant gefunden und da versuchen wir gerade über den SKE-Fonds eine Finanzierung zustande zu bringen und ich denke, das wird auch ein Release auf pumpkin records werden. Der nächste Sampler wird “Name” heißen und es sind nur Songs erlaubt, die einen Namen als Titel haben. Kreisky sind bereits am Aufnehmen mit “Jacqueline”, es kann aber auch Ernst oder Maria sein.

 

 

 

Wolfgang Pollanz