Mit ihrer unlängst auf Las Vegas Records veröffentlichten Debüt-CD “Sweet Sensation” und der ausgekoppelten Single “Is There Love Inside?” (auch zu hören auf der “FM4 Soundselection 24”) machen die Salzburger Electro-Rocker The Helmut Bergers nicht nur wegen ihres extravaganten Namens ordentlich Wind in der heimischen Musikszene. Die Band um Mastermind, Songwriter und Sänger/Gitarrist Paul Konarski (Keyboards: Monika Konarski, Gitarrie: Johannes Gierlinger, Drums: Sebastian Rösch, Bass: Martin Leixnering) mixt gekonnt Rave’n’Rock zu einem brodelnden Cocktail zusammen, der nicht zuletzt auch als Hommage an das ausschweifende Jet-Set-Leben von Namenspatron Helmut Berger verstanden sein will. Für mica unterhielt sich Didi Neidhart mit Paul Konarski.
Auf der Homepage eures Labels Las Vegas Records werdet ihr als “Elektrock N’Roll-Partie” beschrieben. Auch bei den Reviews zur eurer Debüt-CD gehen die Assoziationsketten manchmal mit den RezensentInnen durch. Das reicht von Vergleichen mit Synthpop (Depeche, New Order, Bronski Beat) New Wave (The Cure), Britpop (vor allem Richard Ashcroft /The Verve, Oasis,The Charlatans) bis hin zu Industrial und lapidaren Feststellungen wie “80er Neo-Wave-Popirgendwas-Gemisch”. Könntet bzw. würdet ihr dem zustimmen? Sind das eure Einflüsse, oder wird dabei – wie so oft – einiges auch übersehen? Etwa die Psychedelic-Einflüsse (z.B. bei “All Your Dirty Dreamers”).
Paul Konarski: Ja klar. Einflüsse wie Oasis, New Order, Bronski Beat usw. bestehen natürlich. Nur reiten die Medien viel zu sehr drauf herum und denken in Schubladen. Unser Spektrum an Musik und Sounds lässt sich nicht eingrenzen. Deswegen passieren auch Nummern wie “All You Dirty Dreamers”!
Man kann bei dieser Nummer durchaus Anlagen von den The Doors raushören, aber genauso die Beatles. Wenn man es mit Melodien einfach schafft, zwischen alt und neu etwas ganz passendes für die Helmut Bergers zu produzieren, dann hat man glaub ich gewonnen.
Ihr habt euer Video zu “Is There Love Inside?” in Wien gedreht. Wieso eigentlich nicht in Salzburg?
Paul Konarski: Wir haben das Video in Wien gedreht, weil Salzburg einfach von der Location-Wahl schlicht nichts bietet, was unser Video bereichert hätte! Außer dass wir vielleicht noch Werbung für diese Stadt gemacht hätten und das wäre definitiv verschwendetes Bildmaterial geworden.
Eine nicht ganz kleine Sensation in den Medien scheint der Umstand zu sein, dass aus “der biederen Mozartstadt solch cool-frivole Töne zu vernehmen” sind. Auch FM4 spricht davon, dass ihr “eine eigenständige Färbung aufweist, die so rein gar nichts mit der mozartesken Rocksubkultur auf sich hat”. Ist die Stadt immer noch so bieder in Sachen Rock- und Popkultur wie es solche Aussensichten nahelegen, oder tut sich da mittlerweile nicht doch mehr?
Paul Konarski: Salzburg wird immer für diejenigen die hier leben bieder bleiben. Denn die Politik in diesem Dorf sieht einfach darüber hinweg, wenn Subkultur aufkeimt. Mir kommt es vor, dass das Vielen schlichtweg egal ist. Aber natürlich kommen Bands nach und die werden immer besser. Jetzt bekommen das auch schon die Medien mit und das gibt Hoffnung. Aber wenn es Acts dann geschafft haben, dann hat Salzburg zu 100 Prozent nichts damit zu tun gehabt. Das ist nur dem Schaffen aus eigener Kraft heraus zu verdanken.
Trotzdem ihr euren Sound mittels Electronic eher Richtung “Madchester”, also mit Songs wie “I Got The Money”, “Beast With A Gun”, “Is There Love Inside?” oder eurem Signature-Song “Salon Kitty” deutlich auch an Rave anlegt habt, geschieht das immer noch unter dem Überbegriff “Brit-Pop”. Was fasziniert denn so daran? Und wieso ist “Brit-Pop” mitunter das Erste, was einem einfällt, wenn es um Musik aus Salzburg geht? Ist die Mozart-Stadt eine heimliche Brit-Pop-Enklave?
Paul Konarski: Natürlich hört man in unseren Liedern die Brit-Pop-Linie heraus. Das sind ja auch große Vorbilder. Unsere Songs bekommen jedoch wenn man mit Sounds spielt – und das kann man mit der Elektronik hervorragend – ihre sehr spezifisch eigene Note. Songs wie “I Got Your Money”, “Beast With A Gun” oder “Salon Kitty” bekommen so erst ihr Gesicht. Mit Brit-Pop hat das ganze dann vielleicht nur noch zu 15 Prozent zu tun. Brit-Pop kann auch nicht mit Salzburg assoziiert werden, denn da stört das “Brit” und “Salz”-Pop klingt einfach nicht super. Die Menschen brauchen halt immer den Vergleich oder das Bindewort. Und klar, da fällt es halt immer leichter auf etwas schon mal da gewesenes zurück zu greifen.
Die Songs wurden ja ursprünglich im Alleingang auf einem Laptop produziert, erst später formierten sich The Helmut Bergers als Band. Wieso eigentlich? Ist bzw. war es wirklich so schwer geeignete MitmusikerInnen in Salzburg zu finden? Oder lag es auch an der feinen Unterscheidung zwischen “Brit-Pop” und “Rave” (wozu ja neben Manchester auch Ibiza & Clubkultur dazu gehört)?
Paul Konarski: Die Nummern wurden von mir einfach am PC produziert. Die ersten sogar auf einem Schrott-Computer mit 512 Ram Arbeitsspeicher und einer 8 Gigabyte Festplatte. Das war “Arbeit”, sag ich dir! Der Rechnerabsturz war dabei so gut wie immer vorprogrammiert. Aber da bekommt der Begriff “ordentlich zu arbeiten” wirklich seine Bedeutung! Und ja, gute Musiker sind nicht leicht zu finden bzw. die Leute die zu dir passen, die das Ganze auch verstehen. Und natürlich muss es ihnen auch Freude bereiten. So gesehen konnte ich mich ganz auf das Produzieren konzentrieren, ist ja auch schön…
Einen Style hab ich als Produzent des The Helmut Bergers-Projekts jedoch nie verfolgt. Hauptsache es klingt gut.
Inwiefern werden die neuen, als Band komponierten Songs, anders klingen? Tritt die Electronic da eher in den Hintergrund, oder seid ihr da noch am austüfteln?
Paul Konarski: Die neuen Sachen werden definitiv wie Helmut Bergers-Songs klingen. Natürlich werden wir uns vom ersten Album distanzieren, aber die Herznote wird immer zu riechen sein. Gewisse Dinge werden sich beim Produzieren ändern, aber darauf kann ich noch nicht näher eingehen. Schließlich ist es noch nicht soweit. Aber es wird schon an Demos gefeilt.
Als mir die Salzburger Singer/Songwriterin “MEL” zum ersten Mal von einer Band namens The Helmut Bergers erzählte, war mein erster Gedanke “Na, endlich, das hat aber lange gedauert bis eine Band aus Salzburg darauf Bezug nimmt!”
Wieso habt ihr euch gerade Helmut Berger als Namenspatron ausgesucht? War die Zeit einfach reif dafür?
Paul Konarski: “MEL” ist eine tolle, sehr sympathische Frau und ebenso eine wichtige Person. Wie alle guten Musiker in Österreich verschließt sie sich nicht und legt auch für andere ein gutes Wort ein. So funktioniert es – nur zusammen sind wir stark.
Nun zum Namen The Helmut Bergers. Der Name steht für ein Lebensgefühl, steht für einen Menschen aus Salzburg, der diese für sich haben wollte. Er wollte mehr und das spricht für einen Motor, für einen Antrieb, für Fortschritt. Helmut Berger ist das, was wir uns nur erträumen, wofür wir jedoch niemals die Eier haben, es uns wirklich zu holen. Er tat das einfach!!!
Und wenn ein Motor nicht gewartet wird, dann kann er irgendwann einfach nicht mehr so wie früher. Als ich Helmut Berger vor neun Jahren während eines Filmdrehs kennen lernte, war mir noch nicht klar, was er auslösen würde. Jetzt weiß ich es. Ich habe einen Motor, eine Antrieb, den Fortschritt und das sind The Helmut Bergers…Danke Helmut…!
In seiner 1998 veröffentlichten Autobiographie “Ich” finden sich zwei schöne Selbstbeschreibungen von Helmut Berger himself. Die erste lautet: “Mit jedem Tag meines Lebens erhöht sich zwangsläufig die Zahl derer, die mir so was von egal sind.”, der zweite: “Bin i lieb, bin i der Liebste. Und bin i bös, bin i der schlimmste Mensch auf Erden.”
Würdet ihr das auch unterstreichen? Ihr habt ja auch ein Image, dass neben lasziv und sexy ebenso als unterkühlt und hochnäsig beschrieben wird.
Paul Konarski: Jeder der uns kennt weiß, dass wir ganz nette Zeitgenossen sind. Klar ist es wichtig Manieren zu haben: Bitte-Danke-Hallo-Tschüß usw… Es ist jedoch wichtiger seine Meinung zu haben, denn dann hat man eine Stimme, die natürlich nicht jeder mögen muss. Aber was soll’s – wir leben in einer Demokratie und wir dürfen so sein wie wir sind. Von mir aus auch cool, frivol, lasziv, sexy, rasiert, betrunken, freundlich, sauer. Eben alles, was Menschen sein können. Den Rest erledigen dann eh die Medien.
Ist die “Pointe” beim aktuellen Video (die vermeintliche Girl/Boy-Love-Story erweist sich als lesbische Lovestory) auch eine Art Hommage an Helmut Berger?
Paul Konarski: The Helmut Bergers sind eine Hommage an ihn und das Video bestärkt das Ganze nochmals. Klar, die einen mögen sagen, es sei ein schlauer Marketingzug Helmut Berger als Namens-Patron zu wählen, doch unsere eigentliche Aufgabe und Zielsetzung ist es Helmut Berger zu neuer Popularität zu verhelfen. Gerade für die jungen Menschen, die sich von uns angetrieben fühlen und die dann seinen Namen googeln. Im besten Fall löst das dann bei ihnen etwas Ähnliches aus wie bei uns. Da wären wir wieder beim Motor. Vielleicht setzen wir den nötigen Impuls, dass Leute wegen uns Musik machen möchten oder einfach nur besser werden wollen, weil sie jetzt merken: Mensch, das sind Leute aus Salzburg und da geht doch auch was, jetzt versuch ich’s auch mal.
In eurem CD-Booklet steht ein Zitat von Thomas Bernhard (“The whole process of life is a process of deterioration in which everything – and this is the most cruel law – continually gets worse.”). Wenn wir Mozart mal ausser Acht lassen, sind die einzigen auch international anerkannten Popstars aus Salzburg Berger und Bernhard (der ja vor allem auch von Bands wie Tocotronic & Co immer wieder als Einfluss genannt wird). Habt ihr diese Klammer bewusst auch aus einem spezifischen Blick auf Pop gewählt?
Paul Konarski: Thomas Bernhard mag ein Pessimist, Zyniker und unangenehmer Mensch gewesen sein, aber er hat mit seinen Werken immer die Wahrheit auf den Punkt gebracht. Da unterscheidet sich Helmut Berger nicht allzu sehr von ihm. Denn er war schlussendlich immer er selbst und damit ehrlich. Doch in der Gesellschaft hat Ehrlichkeit nicht die höchste Priorität.
Mit Bernhards fast mahnendem Gedicht “Der ganze Prozess des Lebens ist ein Prozess des Verfalls in dem alles – und das ist das grausame Gesetz – immer schlimmer wird”, bestätigt er einfach in ein paar Worten den Lauf des Menschseins. Und Künstler werden da nicht ausgenommen, obwohl sie der Menschheit die schönen Dinge des Lebens schenken, ohne dass sie dazu gezwungen werden.
Verstanden wurden sie trotzdem nie so recht. Egal ob als Künstler, Mechaniker oder Müllman. Ob im Mittelalter oder im 21 Jahrhundert – gebessert hat sich nicht viel, eher verschlechtert. Aber auch im Schlechten keimt das Gute und es sind Menschen die Gutes bewirken.
Wie viele andere junge Bands, scheint auch ihr ein Faible für die 80er und 90er zu haben. Was fasziniert euch so daran und wie versucht ihr euch von anderen, in ähnlichen Gewässern fischenden Bands, abzusetzen?
Paul Konarski: Es ist so eine Art Hype in der Musiklandschaft zu beobachten. Grundliegend schwimmen wir nicht mit diesem Hype mit. Ich habe die Songs nie nach einem Trend produziert, sondern nach dem Gefühl. Ein Song muss einfach gut klingen. Das ist der Trick. Du machst es aus dem Bauch heraus und nicht weil es alle auch so machen. So gesehen ist das Wichtigste die Authentizität. Die hast du oder nicht.
Wenn man sich „Lonely Soldiers“ anhört, kann man sich ins Jahr 2005 zurück hören, da entstand der Song und da gab es nur leichte Ansätze von dem Hype wie er heute zu spüren ist. Ich sage einfach: der richtige Sound zur richtigen Zeit, aber immer ehrlich.
Wie seid ihr zu Las Vegas Records gekommen, die ja u.a. mit Kommando Elefant, Pop:Sch, Squishy Squid schon jede Menge illustrer Bands beherbergen?
Paul Konarski: Las Vegas Records ist ein gutes Label, das in Österreich immer mehr zur Drehscheibe wird. Sie sind zwar noch nicht so groß, haben aber das Potential. Mit Bands wie Kommando Elefant, Pop:sch und auch “uns” holt sich das Label Bands die Qualität bringen. Und das steigert auch die Qualität des Labels ungemein. Der Deal entstand aus einem Zufall heraus, der am Ende in einer Linzer Bar beschworen und begossen wurde. Das Leben ist mit Zufällen gepflastert, spazier drüber und sieh selber…
Eure Debüt-CD “Sweet Senation” ist Ende Mai 2011 erschienen. Mittlerweile befindet sich die Single “I Got Your Money” unter den Top-Ten der österreichischen Indie-Charts, es gibt ein Video dazu, ihr seit beim FM4-Soundpark ebenso wie bei “Hosted by” auf GoTV gewesen. All das passiert ja nicht nur, weil eine CD gut ist. Wie habt ihr das angestellt? In Eigenregie oder habt ihr ein Management (oder andere Helferlein) im Hintergrund?
Paul Konarski: Den jetzigen Erfolg verdanken wir zuerst den guten Songs, einem klasse Label, das uns die Türen geöffnet hat und uns supported wo es nur geht. Natürlich kommt auch die Eigenregie ins Spiel, denn wir bringen auch unsere Kontakte mit. Bestechen können wir aber auf alle Fälle Live, wo das Ganze noch heißer klingt. Das geht nur mit einer guten Band und das versteht das Publikum.
„Sweet Sensation“ bringt eh alles auf den Punkt: Die Helmut Bergers sind eine süße Sensation.
Was steht für die Zukunft an?
Paul Konarski: Die Zukunft kommt und was da passiert liegt fern ab von unserem Zuständigkeitsbereich.
Danke für das Interview.