mica-Interview mit Wolfgang Möstl (Killed by 9Volt Batteries)

„Killed by 9Volt Batteries“ sorgen seit mittlerweile fast 10 Jahren dafür, dass sich Österreich in Sachen Krawall-Pop nicht zu verstecken braucht. Nach mehreren selbst produzierten Alben und einem feinen Label-Abkommen mit Siluh Records, steht mittlerweile die neue Platte des lauten Quartetts so gut wie in den Startlöchern. Auf dieses muss man sich leider noch ein wenig gedulden, umso schöner, dass „Batteries“-Frontmann und Sänger Wolfgang Möstl (welcher zur Zeit auch solo als „Mile me deaf“ durch die Clubs des Landes tingelt)  der mica-Redaktion Rede und Antwort stand und uns unter anderem schon vorab verriet, wie die Zusammenarbeit mit Produzent Patrick Pulsinger verlief und was den Hörern im Herbst erwarten wird.

Sag mal, stimmt es wirklich, dass sich eure Band nur deswegen formiert hat, da Du für ein Filmprojekt einen Soundtrack benötigt hast und so Deine Kumpels zum Musizieren mobilisieren konntest?

Wolfgang Möstl: Die wahre Geschichte dahinter ist, dass ich schon seit ich 12 Jahre alt bin Zuhause mit meinen Freunden Filme drehe. Mit 16 Jahren bin ich dann in die Stadt Weiz gekommen, wo ich neue Leute kenne gelernt habe. Es entstand so eine Art Clique und ich konnte die Leute davon überzeugen, dass wir zusammen einen Episodenfilm drehen. Ich hab mich dann mit zwei Freunden getroffen, mit denen ich gemeinsam an einem Konzept für den Film schreiben wollte. Mario Loder und ich haben eigentlich schnell gar nicht mehr über den Film gesprochen, sondern nur mehr über die Musik, vor allem da wir zu der Zeit beide sehr begeistert Sonic Youth gehört haben. Dann haben wir uns überlegt, dass wir doch einen Film drehen könnten, der von einer Band handelt und wir haben dann eigentlich immer nur mehr über diese imaginäre Band gesprochen. Ich habe mich dann auch mit einem Schulkollegen getroffen einfach um Zuhause Lärm zu machen. Wir haben keine Songs gespielt, sondern einfach nur die Gitarren zu den Verstärkern gehalten und uns über das Feedback gefreut. Dann habe ich Mario von unserer Feedback-Orgie erzählt und er war sofort begeistert bei uns mitzumachen. Am nächsten Tag hat er sich ein Schlagzeug besorgt, wir haben uns bei meinen Eltern in einem Raum verbarrikadiert und haben tatsächlich angefangen zu proben. Es war echt komplett surreal, dass wir jetzt plötzlich eine Band waren, vor allem deswegen weil wir wirklich nur Lärm gemacht haben und keiner wirklich wusste wie er sein Instrument bedienen sollte.

Ist dann der Film im Endeffekt noch entstanden?

Wolfgang Möstl: Nein ist er nicht, denn wir haben natürlich den ganzen Sommer, während der Film eigentlich entstehen sollte nichts anderes gemacht, als im Proberaum Lärm zu produzieren.

Du hast ja Sonic Youth schon kurz angesprochen. Ihr habt ja mittlerweile einige Songs von Ihnen gecovert und auch von der Presse wurden immer wieder Vergleiche mit Euch und Sonic Youth bzw. Dinosaur Junior oder Pavement gezogen. Kannst Du das auch so unterschreiben?

Wolfgang Möstl: Ganz bestimmt. Ich hab mich da noch nie dagegen gewährt, weil das einfach genau die Musik ist, mit der wir aufgewachsen sind. Und das war sicher der größte Einfluss damals, als wir so um die 16 Jahre alt waren.

Ich finde es ja sehr schwer Eure Band in irgendeine Genre-Schublade zu stecken, deswegen möchte ich gerne von Dir wissen wie Du euren Sound beschreiben würdest.

Wolfgang Möstl: Das Ding bei dem wir dann hängen geblieben sind-nachdem wir nur Lärm gemacht haben- und das wir uns bis jetzt beibehalten haben, sind die schlampig gespielten, flotten Beats vom Schlagzeug, ein Bass der mehr wie eine Gitarre klingt, komplett übersteuert ist und eine Gitarre bei der viele offene, leere Saiten gespielt werden – kombiniert mit einem hohen, fast falsettartigen Gesang. Und weil das Ganze gerade wieder so cool ist, würde ich unseren Sound unter 90er Jahre Indierock einordnen.

Ihr hattet ja schon den ein oder anderen lustigen Bandnamen vor Killed by 9Volt Batteries…

Wolfgang Möstl: Wir hatten schon sehr sehr viele Namen, das war einfach irgendwie schon immer so ein Running Gag bei uns: Beim Fortgehen haben wir und irgendwo zusammen gesetzt und uns einen Bandnamen für den Abend ausgedacht, die beste Idee wurde dann für den restlichen Abend ausgewählt und dann haben wir es all unseren Freunden erzählt und auf das beste Namens-Feedback von Ihnen gewartet. Da waren Sachen dabei wie „The Lacerations“, „New Trousers“, „ No Hopes… „Papa Roach II“ fand ich eigentlich auch schon immer ganz gut.

New Trousers“, „No Hopes“- das klingt ja schon sehr nach 90ies Indierockband. Wie kam es dann schließlich doch zum Namen Killed by 9Volt Batteries? Und überhaupt, kennst du jemanden, der von 9Volt Batterien getötet wurde?

Wolfgang Möstl: Das gibt es tatsächlich habe ich gehört. Und zwar, wenn man einen Herzschrittmacher besitzt und dann an einer 9Volt Batterie die Zunge hinhalten würde, kann es sein das der Herzschrittmacher den Rhythmus verliert und dann kommt Eins zum Anderen. Der Name stammt noch aus meiner HTL-Zeit, da hat es die Band schon eine Zeit lang gegeben. Zu der Zeit hab ich auch eine Soloplatte aufgenommen, die irgendwie so nach Hochspannungs-Gebrutzle klang. Ich dachte an einen Titel wie „Killed by 1000 Volt“. Doch das klang dann zu bescheuert und ich fand „Killed by 9V Batteries“ dann ziemlich lustig, vor allem weil es so lächerlich ist, dass man von so etwas getötet werden kann. Das war dann eben der Titel meines Soloalbums und als sich unsere Band etwa das zehnte Mal unbenannt hat, hat Mario den Auslöser gegeben, dass wir uns von nun an eben „Killed by 9Volt Batteries“ nennen.

Kommen wir zu Eurem neuen Album. Das wird ja nun erst Ende September veröffentlicht, sollte aber doch schon seit April in den Startlöchern stehen?

Wolfgang Möstl: Das war der Plan. Wir haben im Herbst 2009 begonnen die Lieder zu schreiben und wollten das Album eigentlich so schnell wie möglich herausbringen. Im August haben wir das Album aufgenommen, waren im November mit dem Mischen fertig und im Dezember hatten wir das Mastering. Es gab dann aber verschiedene Gründe, warum wir die Platte dann doch nicht veröffentlicht haben. Zum Einen, da gerade die Alben von Kreisky, Ja,Panik und Clara Luzia herausgekommen sind, zum Anderen da unsere Musik sowieso eher Herbstmusik ist. Das war schon immer so und wir haben bisher alle unsere Alben im Herbst herausgebracht. Es ist ganz gut, nicht mit der Tradition zu brechen. Obwohl ich echt sagen muss, dass unser neues Album sommerlicher klingen wird, als all unsere Bisherigen.

Ihr habt im März schon die Vorab-Single „Impulse Control“ veröffentlicht. Ist der Song ein Paradebeispiel dafür, was uns Hörer dann am neuen Album erwarten wird?

Wolfgang Möstl: Ich glaube der Song ist ein ganz guter Schnittpunkt zwischen dem alten Batteries-Sound und dem Neuen. Es ist eine Nummer die nach vorne rockt. Am neuen Album gibt es schon noch andere schnelle Nummern, aber „Impulse Control“ ist der einzige Song der sich mit Schrei-Attacken auszeichnet. Wir wollten diesmal für die erste Nummer des Albums mal keine ruhige Popnummer nehmen, sondern einen echten Rock-Kracher. Die nächste Single kommt auch bald raus, die wird dann aber etwas ruhiger sein. Das neue Album wird diesmal etwas vielschichtiger ausfallen. Bis jetzt haben wir das nie so hinbekommen, weil wir ja keinen fixen Gitarristen hatten und nur zu Dritt waren. Wir haben seit der letzten Veröffentlichung – das war übrigens eine Split-LP zusammen mit den picture eyes- den Willen, den fettesten Gitarrensound überhaupt zu erzeugen. Und mit dem neuen Gitarristen war das ein guter Ausgangspunkt für die Studioproduktion. Diesmal wird es um einiges shoegaziger werden als bisher.

Ihr seid ja bekannt dafür, dass ihr keine sozusagen 3:15 minütige Song-Standarts zum Besten gebt, sondern es auch gerne am Album 10 Minuten durchkrachen lässt…

Wolfgang Möstl: Am neuen Album ist diesmal glaube ich keine einzig lange Nummer dabei. Wir haben diesmal ziemlich viele knackige 3 Minuten Sounds hinauf gepackt.

Euer neues Album wurde diesmal von Patrick Pulsinger produziert. Den würde ich ja nicht gerade gleich mit Euch assoziieren, um so spannender klingt es allerdings, dass Ihr euch zusammengeschlossen habt. Findet man etwa auf der neuen Platte irgendwelche Elektroeinflüsse? Wie ist es überhaupt zur Zusammenarbeit mit Patrick Pulsinger gekommen?

Wolfgang Möstl: Da wir die letzten beiden Alben und die Split-LP selbst aufgenommen und produziert haben, wollten wir diesmal wieder mit einem Produzenten zusammenarbeiten und in ein Tonstudio gehen. Wir haben dann einfach nach Produzenten gesucht, die in Österreich sind und die auch schon einen Namen haben und mit denen wir einen interessanten Mix zusammenstellen können. Irgendwie ist dann bei uns allen gleich der Name Patrick Pulsinger gefallen, vor allem weil ich so ein Riesenfan vom bulbul-Album bin, welches er produziert hat. Wir haben ihn dann angeschrieben und er hat uns sofort ins Studio eingeladen. Patrick Pulsinger ist ein unglaublich positiver Mensch, sehr motiviert und ambitioniert. Mit ihm hat einfach Alles absolut super gepasst.

So wie du schwärmst, darf man davon ausgehen, dass Ihr irgendwann in Zukunft noch einmal mit ihm zusammen arbeiten möchtet?

Wolfgang Möstl: Ich würde sehr gerne wieder mal etwas mit ihm zusammen produzieren. Auf jeden Fall! Der Mischprozess war so angenehm mit ihm, er hat einfach so tolle Ideen. Als wir wussten, dass wir mit Patrick Pulsinger zusammenarbeiten werden, haben wir zuerst mit dem Gedanken gespielt, unsere Songs etwas elektronischer anzulegen, aber in Endeffekt wäre das irgendwie unehrlich gewesen. Das sind einfach nicht wir und das können wir auch nicht. Wir haben unserer Ideen einfach freien Lauf gelassen. Patrick hat diese sehr gut umgesetzt, aber niemals eingegriffen, was das Songwriting angeht.

 Euer erstes Album auf Siluh Records habt ihr in Berlin aufgenommen, diesmal wieder in Österreich…

Wolfgang Möstl: Genau. Das war in Gars am Kamp im Weinviertel in einem echt sehr coolen Studio in einer alten Spiegelfabrik. Ein Freund von und hat dort eine Bandmaschine herumstehen und wir wollten diesmal unbedingt auf Band aufnehmen. Und da wir nicht wirklich irgendwelche Mittel vom Musikfond bekommen haben, hätten wir uns ein Studio in Wien sowieso nicht leisten können. Aber das Studio im Weinviertel war sehr toll und es hat sich fast wie Urlaub angefühlt. Die Gegend hat uns sehr inspiriert.

Euer letztes Album „Escape Plans Make It Hard To Wait For Success “ habt ihr ja 2008 herausgebracht. Das neue Album wird im Herbst 2011 erscheinen. Dazwischen liegt ja doch eine gewisse Zeitspanne. Wolltet Ihr etwa mit dem letzten Albumtitel bewusst zur Aussprache bringen, dass ihr eine Zeit lang auf fixe Pläne verzichtet?

Wolfgang Möstl: Wir haben eigentlich immer lange Pausen zwischen den Alben gemacht. Das zweite Album ist dann irgendwie schnell passiert und danach haben wir ziemlich viele Live-Konzerte gespielt. Es stimmt, wir waren auch ziemlich planlos, was wir nach dem zweiten Album machen wollen. 2009 haben wir ja ein Album herausgebracht (Anmerkung: Split-LP zusammen mit den picture eyes), aber leider ist es bei der Presse total untergegangen und es hat echt keiner davon Notiz genommen, wahrscheinlich weil es eben nur auf Vinyl herausgekommen ist.
Das kommende Album soll ja auf den Namen „The Crux“ hören- das bedeutet ja soviel wie Knackpunkt, Wendepunkt. Das heißt, jetzt wollt ihr total durchstarten?

Wolfgang Möstl: Ja, wenn sich das ergibt dann auf jeden Fall! „The Crux“ ist außerdem ein Song, der auf der neuen Platte zu Hören ist. Außerdem gibt es auch einen zweiten Song der „Track to the Crux“ heißt, aber keine Ahnung wie ich auf den Titel gekommen bin. Das war einfach durch den Song inspiriert, außerdem ist „Crux“ ein Wort, das ich sehr oft verwende.

Bis jetzt hast Du alle Songs geschrieben?

Wolfgang Möstl: Ja, bis auf „Impulse Control“. Der Song stammt von Philipp, unserem Gitarristen.

„Impulse Control“ kann man sich ja auf iTunes gratis downloaden. Wie stehst du eigentlich so zum so genannten „Ausverkauf der Musik“. Die Rahmenbedingungen für Musiker werden ja immer schwieriger…

Wolfgang Möstl: Vom letzten Album bis zum Jetzigen hat es ja ziemlich lange gedauert. „Impulse Control“ soll die Wartezeit verkürzen. Die Leute sollen doch merken, dass wir noch da sind. Zum Thema Ausverkauf der Musik und Gratis-Download: Ich kenne das eigentlich gar nicht anders, ich bin damit ja quasi aufgewachsen – als Kind des 21 Jahrhunderts. Mir war von Anfang an klar, dass man heutzutage kein Geld mehr mit dem Musikmachen verdient. Ich fand es sehr cool, dass wir gleich von Anfang an seit es unsere Band gibt, die Songs sofort ins Internet stellen konnten. Jede Probeaufnahme, einfach alles. Ich kann mir das anders eigentlich gar nicht mehr vorstellen, zum Besipiel in einer anderen Zeit zu leben, in einer anderen Zeit Musik zu machen wo es ewig lang gedauert hat, bis man im Studio was aufgenommen hat bzw. bis dann der Hörer endlich das fertige Album in den Händen hielt. Ich bin schon ein CD und vor allem ein Vinyl-Sammler, aber ich gebe schon zu, dass ich selbst auch Songs im Internet downloade.

Ihr spielt ja am 1. Juni am Badeschiff. Wird es weitere Konzerte geben? Jetzt stehen ja die ganzen Festivals vor der Tür…

Wolfgang Möstl: Ja leider sind wir da nirgendwo reingekommen, wahrscheinlich auch deswegen, weil die neue Platte erst im Herbst erscheinen wird. Wir haben eigentlich eine kleine Festivaltour geplant, gemeinsam mit den Sex Jams, sodass uns die Booker sozusagen im Kombipack buchen können,aber irgendwie ist darauf niemand eingestiegen. Sehr schade eigentlich, weil wir wirklich sehr sehr gerne live auftreten.

Gibt es außer der Albumveröffentlichung noch andere Pläne?

Wolfgang Möstl: Wir werden auf alle Fälle auf Tour gehen in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Vielleicht auch in den Benelux-Ländern, denn dort haben wir einen Vertrieb. Aber was weiter passiert, da haben wir uns noch gar keine Gedanken gemacht. Zur Zeit ist das Live-Spielen ein wenig eingeschlafen. Jetzt wo ich von Graz nach Wien gezogen bin, haben wir uns alle eine kleine Pause gegönnt. Bis jetzt haben wir fast durchgehend geprobt, sind auf Tour gegangen und haben live gespielt. Das letzte Jahr war echt anstrengend, wir waren viel unterwegs, auch im Balkan und in Italien. Jetzt machen wir schon so lange Musik, fast 10 Jahre, da ist eine kleine Pause gar nicht mal so schlecht, bevor wir es wieder richtig angehen.

Noch eine letzte Frage. Du bist ja jetzt in Wien, die anderen Jungs sind in Graz. Wie koordiniert ihr euch denn da?

Wolfgang Möstl: Es gibt ja zum Glück die ÖBB Vorteilscard. So teuer ist dann das ganze Hin-und Herfahren nicht. Außerdem fahre ich immer wieder gerne nach Graz.

Dann sage ich vielen Dank für das nette Gespräch!

 

Fotos Tanja Möstl

http://www.myspace.com/killedby9vbatteries
http://www.myspace.com/milemedeaf