mica-Interview mit Tombeck

Der Wiener Singer-Songwriter Thomas Andreas Beck alias Tombeck hat vor kurzem seine zweite CD „Freude“ vorgelegt. Die enthält 13 Rocksongs mit teils sehr persönlichen, teils politischen Botschaften. Die CD ist auf seinem eigenen Label Rhythm & Roses erschienen. Im mica-Interview mit Jürgen Plank erzählt er, warum er alle Lieder im Dialekt schreibt und warum „One“ von U2 sein Lieblingslied ist.

Wie bist du denn zur Musik gekommen?
Tombeck: Ich bin sehr früh zur Musik gekommen, ich habe als Volksschüler Gitarre gelernt. Das habe ich als Zwang und als Schmerz erlebt und ich habe die Gitarre bald ins Eck gelegt.

Wann hast du dein erstes Lied geschrieben?
Tombeck: Als ich 13 Jahre alt war, hatte ich Liebeskummer und ich habe – wie magisch geführt – wieder zur Gitarre und zu einem leeren Blatt Papier gegriffen. Ich kann mich noch heute an diesen Moment im Gemeindebau in Favoriten erinnern, in dem ich die Nummer „I wü nur di“ geschrieben habe. Ich habe das Lied auf Kassette aufgenommen und tagelang mit dem Walkman gehört, immer wieder. Ich habe das auch Freunden vorgespielt und war wie vom Blitz getroffen, dass ich ein Lied geschrieben habe. So hat alles begonnen, damals habe ich auch Thomas Mora kennen gelernt, der mit mir in dieselbe HTL gegangen ist. Mora ist der Ex-Bassist des leider zu früh verstorbenen Georg Danzer. Wir haben später auch eine Band gegründet: „Thomas Beck & die Buggeln“ und wir haben immer in dem Glauben gespielt, die Nachfolger von Fendrich, Ambros, Danzer und Boris Bukowski zu werden. Diese Band haben wir dann wegen Schulstress aufgegeben.

Wie ging es dann weiter?

Tombeck: Während einer Autofahrt habe ich meinen Kindern etwas vorgesungen und sie haben mich gefragt: Warum machst du eigentlich keine CD? Meine Antwort war: Ich bin schon zu alt dafür, dieser Traum ist gestorben. Beide meinten darauf: Papa, du bist urlangweilig geworden! Das hat genügt! Ich habe Thomas Mora angerufen, zwei Tage später haben wir uns getroffen und so ist meine erste CD „Mei Herz brennt“ entstanden, mit ein paar alten Liedern, geschrieben als ich 14 Jahre alt war, und ein paar neuen Liedern drauf.

Hast du dein allererstes Lied „I wü nur di“ auch veröffentlicht?
Tombeck: Nein, das ist da nicht drauf. Das Lied finde ich aus heutiger Sicht musikalisch banal, aber es hat diese Magie in sich, das erste Lied zu sein.

Hast du immer im Dialekt gesungen?
Tombeck: Immer im Dialekt. Das habe ich nie in Frage gestellt, weil mein Ziel nie war, international verstanden zu werden. Dieser Urausdruck meiner Emotionen, meiner Gefühle ist wienerisch und das bedeutet Dialekt. Dialekt ist ja weit mehr als eine andere Aussprache, Dialekt ist ja Kulturgut. Ich habe in der Zeit, in der Bon Jovi berühmt geworden sind, ein Lied auf Englisch geschrieben: „Where is the fire in my eyes?“ Aber das hat sich für mich nicht bewährt. Meine Sprache ist nicht einmal klassisches Wienerisch, das ist mein eigener ‚Klang’. Der ist echt und das hat mit Authentizität zu tun. Alles andere würde auch gegen die Grundbotschaft meiner Lieder gehen, die lautet: Sei du, lebe deine Träume und verbiege dich nicht.

Kollegen von dir, etwa Ostbahn-Kurti, sind auch dadurch berühmt geworden, dass sie Lieder aus dem Englischen ins Deutsche bzw. in österreichischen Dialekt übertragen haben. Im Fall von Ostbahn-Kurti hat das kongenial Günter Brödl übertragen. Interessiert dich das, verstehst du das und hast du das jemals auch gemacht?
Tombeck: Das verstehe ich gut, auch Heli Deinböck fällt mir dazu ein, mit seinen Randy Newman-Nummern. Oder auch die CD von Wolfgang Ambros…

Wia im Schlof…
Tombeck: … nein, ich meine die Tom Waits-CD, das ist für mich die beste CD, die ich jemals von Ambros gehört habe. So eine Übertragung entsteht aus einer Bewunderung den KünstlerInnen gegenüber. Ich mache so etwas nicht, es gibt aber eine Nummer, an der ich seit langer Zeit schreibe. Sie ist aber noch nicht fertig und wir haben vor kurzem zum ersten Mal eine Mischform in Deutsch und Englisch live gespielt.

Welches Lied ist das?

Tombeck: „One“ von U2. Da schreibe ich an einem deutschen Text. Dieses Lied fasziniert mich, das ist mein absolutes Lieblingslied und ich habe das Gefühl, dass es in diesem Lied einen Anteil von mir gibt und den möchte gerne in meinen Dialekt herüberholen.

Gibt es sonst wichtige Lieder in deinem Leben?
Tombeck: Ich verehre Wolfgang Ambros und ich kann mir vorstellen, meine Ambros-Gänsehaut-Nummern selbst live zu spielen: „Wia a Adler“, „Belize“ oder „Gezeichnet fürs Leben“. Ich habe eine große Dankbarkeit gegenüber Wolfgang Ambros, der hat mich als Jugendlichen ‚durchgetragen’.

Damit zu deinen Liedern und zu deiner aktuellen CD „Freude“. Was sind Themen eines Tom Beck-Liedes?

Tombeck: Die CD „Freude“ ist wie ein interdisziplinäres Themenfeld. Es sind ausnahmslos Nummern auf der CD, die einen ganz klaren persönlichen Bezug zu mir haben. Das ist Authentizität pur und das kriegt das Publikum auch mit. Die Themen sind sehr persönlich, im Lied „Andrea“ geht es um eine nicht lebende Schwester von mir, mehr möchte ich dazu gar nicht sagen – da schüttelt es mich sogar im Interview, wenn ich das erzähle! Näher kann ich kaum gehen. Im Lied „Es is net“ geht es um die große Liebe zu meinem Vater. Liebe, die wir einander aber kaum zeigen, ich nenne das immer ‚Das Schweigen der Väter’.


Ein Lied von dir heißt „Die Erde bebt“, worum geht es in diesem Lied?

Ich bin mit der Nummer „Die Erde bebt“ ganz in der Gegenwart, dieses Lied hat sich in der österreichischen Nachhaltigkeitsszene bzw. in der Bewusstmachungsszene für ein neues Wirtschaften und einen Gesellschaftswandel wie eine Hymne etabliert. Das ist eine hochaktuelle Nummer zum Thema Wandel und Umdenken, da geht es um weit mehr als darum Bioprodukte zu kaufen. Wir brauchen einen inneren Wandel um den äußeren Wandel zu schaffen.

Wovon handelt das Lied „Slobozia“?
Tombeck: Das hat mein Freund Dieter Lautner geschrieben, der benennt das Thema ‚Mädchenhandel’, es geht um Freier und um Prostitution.

Ist Musik das richtige Transportmittel für ein Thema wie ‚Menschenhandel’? Wäre nicht vielleicht eine Facebook-Gruppe oder ein Leserbrief an die FAZ gescheiter?
Tombeck: Das ist alles sinnvoll. Auch eine Demonstration zum Thema, oder ein Benefizkonzert. Ich bin auch viel in Kontakt mit Journalisten, man muss über dieses Thema reden. Ein Lied allein wird den Menschenhandel nicht auflösen, aber ich bin davon überzeugt, dass unser Lied etwas bringt, denn ich erlebe mich weit mehr als nur als Musiker. Das Lied ‚Slobozia’ ist ja gleichsam die Vertonung einer ORF-Dokumentation aus der Reihe ‚Am Schauplatz’, über eine Rumänin, die im Bordell in Wien immer sagen musste: ‚Ich bin Nina, ich bin nigelnagelneu’. Das ist eine Textzeile in diesem Lied. Diese Rumänin musste in Wien in einem Nachtclub arbeiten, ihr wurde in Wien der Reisepass abgenommen und sie hat dann in Rumänien ihre Schlepper, die Menschenhändler verklagt. Das Lied ist die Vertonung einer wahren, journalistischen Geschichte. Wir haben die Journalistin unterstützt und haben gemeinsam ein Video im Schikaneder-Kino gezeigt.

Du hast deine neue CD in Kombination mit einem Buch im CD-Format veröffentlicht. Was ist denn die Idee dahinter?
Tombeck: Ich glaube, wir brauchen ein systemisches, breites Herangehen an die Dinge, die uns wichtig sind. Und dieses Buch kommt aus meiner zweiten Welt, denn wenn die eine Welt die Musik ist, dann ist die andere Welt die des Coaches und Beraters. Ich bin seit 16 Jahren selbstständiger Coach und habe mit rund 5000 Menschen gearbeitet. Die Journalistin Gabriele Rabl hat Interviews mit mir gemacht, immer rund um die Frage: Was hast du aus der Arbeit mit 5000 Menschen gelernt? Wie kommt jeder mehr in seine Kraft und zu mehr Lebensfreude? Und dieses Buch beinhaltet 68 Essenzen, die stärksten Zitate sind in diesem Buch drinnen und sie haben auch alle etwas mit Musik zu tun. Es war immer eine Vision, dass man sich die CD anhört und gleichzeitig dieses Buch liest. Der Untertitel des Buches lautet: ‚Der Krieg ist vorbei. Es ist Zeit für Frieden und Liebe. Jetzt.’ Und das ist gleichzeitig die Botschaft meiner Musik.

www.tombeck.at
http://www.youtube.com/user/tombeck1968
www.rhythmandroses.at

Live:
Fr 8.3.2013, Kellertheater Strasshof, Hauptstr. 181, Strasshof, 20h
Fr 5.4.2013, Rothneusiedlerhof
Fr 3.5.2013, Schutzhaus Schmelz, Wiener Frühling, gemeinsam mit Andy Baum, Günther Mokesch, Lichtwärts. Verlängerung Guntherstraße, 1150 Wien, 20h

 

http://www.tombeck.at
http://www.rhythmandroses.at
http://www.youtube.com/user/tombeck1968