Tom Jirsa ist beim Planet Music zuständig für die Koordination und Produktion des International Live Award und für den ausländischen Teil des mittlerweile erweiterten Austrian Band Contest. Anlässlich des nunmehr 24. ABC-Finales spricht er im mica-Interview über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieses Band-Wettbewerbs.
Wie lange machst du diesen Job jetzt schon?
Ich arbeite jetzt seit vier oder fünf Jahren für den Austrian Band Contest, war für die ganze Abwicklung zuständig, dann habe ich eine kurze Pause gemacht und mein Kollege, der Pete, hat diesen Job übernommen. Vor zwei Jahren ist Ungarn zum Contest gestoßen und die Idee wurde geboren, den Contest auch auf die Nachbarländer auszudehnen, dafür bin ich jetzt seit etwas mehr als einem Jahr verantwortlich.
Angefangen hat der Austrian Band Contest vor fast einem viertel Jahrhundert und ist dann eigentlich ständig größer geworden. Kannst du ein bisschen was über die Dimensionen sagen, die man sich hier vorstellen muss?
Begonnen hat alles 1984, wohlgemerkt, da war ich nicht dabei, das kenne ich auch alles nur von Erzählungen, mit der Idee, für die Wiener Szene einen Bandcontest zu veranstalten, initiiert von Muff (Josef) Sopper, dem jetzigen Planet Music-Geschäftsführer und hat sich dann im Laufe der Zeit gesteigert und weiterentwickelt. Anfangs war der Wettbewerb ja nur auf Wiener Bands beschränkt und auch sehr Metal-lastig, es haben wirklich fast ausschließlich Metal-Bands teilgenommen.
Der Wettbewerb wurde dann eben auch auf die Bundesländer erweitert und für alle Stilrichtungen geöffnet. Seit dem ersten Event, wo vier Bands teilgenommen haben, hat sich der Contest stetig gesteigert und heute halten wir bei 1000 Band-Anmeldungen im Jahr und unzähligen Vorrunden. Und vor zwei Jahren haben wir dann erstmals den Schritt über die Grenzen hinaus, nach Ungarn, gemacht, dann auch in andere Länder, so dass dort jetzt auch Vorrunden stattfinden.
Wie habt ihr die Brücke zu den Nachbarländern geschlagen? Gibt es da Kooperationen, Partnerveranstalter, oder organisiert das alles das Planet Music selbst?
Ersteres. Es wäre auch unsinnig, in den Nachbarländern alles selbst zu machen. Schon alleine wegen der Sprachbarriere wäre das viel zu aufwändig. Aber auch die dortigen Infrastrukturen spielen natürlich eine Rolle. Deswegen haben wir uns verlässliche und professionelle Partner gesucht, die eben in der Musikbranche arbeiten, im Bookingbereich, ihnen dieses Projekt angeboten und das funktioniert dort jetzt eigentlich selbstständig, mit eigenen Veranstaltungen, die von ihnen organisiert werden und ab dem Viertelfinale kommen dann die Bands nach Wien und da wickeln wir dann alles Weitere ab.
Die Initialbewegung ist aber von euch ausgegangen? Dh., ihr habt in diesen Ländern um Interesse an einer Zusammenarbeit angefragt und nicht die dortigen Veranstalter bei euch?
Ja, die ist von uns ausgegangen. Und das ist auch wirklich sehr gut angekommen. Bandwettbewerbe gibt es in jedem Land und wahrscheinlich auch in jedem größeren Regionalkreis. Die Sache bei diesem grenzüberschreitenden Zusammenarbeiten ist eben jetzt, dass ein Netzwerk entsteht von Medien, Veranstaltern, etc., das man den Bands nun auch anbieten und zur Verfügung
Stichwort “Abstimmungssystem”. Dem Publikum kommt beim ABC ja ein großer Anteil an der Entscheidung zu, 50 Prozent. Denkst du, dass das System, so wie es jetzt ist, optimal ist? Gerade vor dem Hintergrund, dass Leute immer für die Band abstimmen werden, von der sie quasi eingeladen/mitgebracht wurden.
Grundsätzlich hat sich dieses System, mit 50 % Publikums – 50 % Jury-Anteil als sehr gut und auch fair bewährt. Natürlich ist es von Vorteil, wenn die Bands schon Fans mitbringen, die sie sich in anderen, vorhergehenden Konzerten, unabhängig vom Contest, erspielt haben. Das ist aber eben auch ein erster Schritt, den Bands klarzumachen, dass sie längerfristig nur durch ihre Fans bestehen können. Das System hat also auch irgendwie eine Art pädagogischen Wert – viel live spielen, Promo machen, Erfahrung sammeln, etc.
Viele teilnehmende Bands, die jetzt aus einer bestimmten Musikrichtung, einer bestimmten Szene, kommen, haben auch durch den Contest zum ersten Mal Gelegenheit, vor einem gemischteren Publikum aufzutreten. Damit bekommen einerseits die Bands selber ein viel größeres musikalisches Spektrum mit und auf der anderen Seite auch die Fans. Diese Sturheit, sich nur auf eine Musikrichtung zu konzentrieren und sich sonst für nichts anderes interessieren, finde ich persönlich ein bisschen schade, weil wirklich interessant wird es eben dann, wenn es auch mal zu Genre-Überschneidungen kommt.
Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen euch und den teilnehmenden Bands aus, nachdem der Wettbewerb zu Ende ist? Gibt es danach überhaupt noch irgendeine Art von Zusammenarbeit, oder gehen alle wieder getrennte Wege?
Wir bieten den Bands natürlich unsere Hilfestellung und Zusammenarbeit an, inwiefern diese Angebote dann von den einzelnen Bands genützt werden, ist wieder eine andere Sache. Wir haben im Planet Music Club, die Planet Music Bühne am Donauinselfest, den Musikatlas, jetzt mit der Homepage (www.liveaward.com; Anm. d. Red.) ein neues Medium, etc., also ausreichend Möglichkeiten, Promotion zu machen und aufgrund dieses Netzwerks, das wir aufgebaut haben und auch ständig weiter aufbauen, bilden sich Synergien, die die Bands auch nutzen können.
Inwiefern die das alles in Anspruch nehmen, liegt aber bei ihnen. Wenn die sagen, “ok, jetzt haben wir beim Maifest gewonnen, 10.000 Euro, macht 2.000 für jeden und jetzt machen wir irgendwas anderes”, dann kann man ihnen halt auch nicht helfen. Wir können unsere Hilfestellung und Unterstützung anbieten, das machen wir auch jederzeit und wollen das auch in Zukunft noch intensivieren, aber was letzten Endes die Bands selbst daraus machen, obliegt alleine ihnen.
Wie sehen dabei die Erfahrungswerte aus? Nehmen die Bands eure Angebote an?
Bislang wurden die eigentlich nicht so toll angenommen. Wir intensivieren aber unsere Bestrebungen dahingehend und heuer, wo wir auch mehr Personal bereitstellen können, stehen uns auch mehr Möglichkeiten zur Verfügung, auch alleine schon aufgrund unserer ausländischen Partner. Und ich möchte mich auf jeden Fall, nachdem das Ergebnis heute feststeht, auch mit allen zusammensetzen und detailliert mal durchgehen, was sich die Band vorstellt, was möglich ist und was man dann davon auch wirklich umsetzen kann? Ich möchte also den Kontakt, die Zusammenarbeit auf jeden Fall intensivieren – die Entscheidung liegt dann bei der Band.
Wie sehen generell die Teilnahmekriterien beim Austrian Band Contest, jetzt International Live Award, aus? Gibt es irgendwelche Limits, Genre-Einschränkungen, etc.?
Nein. In Wahrheit gar nicht. Es gibt weder eine Anmeldegebühr, noch stilistische Einschränkungen. Geographisch sind wir natürlich eingeschränkt auf die sechs Länder, in denen wir unsere Partner haben, das werden wir in Zukunft aber auch erweitern.
Einzige Einschränkung ist wirklich, dass Bands mit nationalistischem oder rassistischem Gedankengut oder Texten oder einfach dieser Einstellung, hier nicht erwünscht sind. So was brauchen wir ganz einfach nicht und das widerspricht unserer ganzen Sache, gerade, weil wir ja bemüht sind, Grenzen, die sowieso nur noch in den Köpfen existieren, verschwinden zu lassen. In dieser Hinsicht haben wir zwar eigentlich auch noch nie Probleme gehabt, aber es schadet nicht, wenn man immer mal wieder klarstellt, mit solchen Leuten und Gedankengut nichts zu tun haben zu wollen.
Sind demnach auch Solo-Künstler teilnahmeberechtigt, die jetzt beispielsweise alleine mit Gitarre und Mundharmonika auf der Bühne rum sitzen und spielen?
Ja, warum nicht!? In diese Richtung haben wir eigentlich auch keinerlei Einschränkung. Es hat sogar schon mal Solokünstler gegeben, ich weiß jetzt gar nicht, wie weit der dann gekommen ist, aber grundsätzlich ist jeder, der Musik macht und diese auch live präsentiert, willkommen.
Mit dem heutigen Tag ist ja dann sozusagen der Austrian Band Contest 2007 Geschichte. Wie geht es danach weiter und in welchem Zusammenhang steht der Contest mit dem International Live Award bzw. in welchem Zusammenhang wird er stehen?
Derzeitiger Standpunkt ist, dass die Veranstaltung “International Live Award featuring Austrian Band Contest” heißt. Wir sind gerade noch am Programmieren und Koordinieren, wie das aber in fünf Jahren aussehen wird, ist derzeit noch nicht abschätzbar. Wir haben das jetzt aber so, dass Italien, Slowenien, Slowakei, Ungarn und Tschechien mit dabei sind, die Bands dort in den Vorausscheidungen spielen und dann im Viertelfinale mit den österreichischen Bands zusammengeführt werden und so ein gemeinsamer Contest entsteht. Wie genau das dann wirklich in Zukunft vonstatten gehen wird, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen. Wir müssen schauen, inwiefern das durchführ- und finanzierbar ist.
Wie viele Leute sind da an der Planung beteiligt?
Grundsätzlich der Pete, mein Kollege, und ich. Die Oberhand hat natürlich unser Geschäftsführer. Im Kern also ein Dreier-Team und dann natürlich noch viele andere Leute, angefangen vom Techniker, über Sponsoren, etc.,etc.
Und begleitend zu diesem Live Award soll dann noch ein Online-Tool implementiert werden.
Ja, genau. Dieses Tool ist bereits gestern online gegangen, befindet sich auch auf der Homepage, www.liveaward.com. Der Gedanke dahinter war, dass man neben dem reellen Contest die Möglichkeit bekommt, sich auszutauschen, andere Bands zu sehen und zu hören, Kontakte zu schließen, einfach eine virtuelle Ebene schafft, wo sich die Bands nicht bloß anmelden, sondern auch gleich Fotos und MP3’s anbieten, sich vorstellen und sich promoten können. Darüber hinaus kann man beispielsweise sehen, welche ungarische Band ähnlich klingt, wie eine bestimmte österreichische. Da kann man sich einfach durchklicken und die Bands können sich selbständig untereinander austauschen und Konzerte gestalten und ähnliches.
Dieses Tool wurde von unseren Kooperationspartnern von Nolabel.at zur Verfügung gestellt und wird künftig auch weiterentwickelt und um neue Features ergänzt werden.
Ist auch geplant, dass man über dieses Tool für die Wettbewerbe wird abstimmen können?
Nein, das kann ich mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen. Die Live-Events sollen einfach Live-Events bleiben und da übers Internet abstimmen zu können, wäre glaube ich nicht die beste Idee. Vielleicht kann man über diese Community-Plattform dann eigene Initiativen einführen, das muss noch alles durchdacht und entwickelt werden und wird sich im Laufe der Zeit zeigen.
Die Spielreihenfolge heute beim Maifest konnte man beispielsweise per Online-Voting bestimmen, da es eben schwer ist, diese auf faire Weise festzulegen und sich da jede Band immer irgendwie benachteiligt fühlt. So haben wir die Fans abstimmen lassen und die Band mit den meisten Stimmen spielt am Schluss und die mit den wenigsten ganz am Anfang. So etwas könnte ich mir auch vorstellen, das über die Community-Plattform zu machen.
Vielen Dank fürs Interview.
Ich danke auch. Die Anmeldung für den International Live Award feat. Austrian Band Contest 2008 läuft bereits. Über die Homepage kann sich ab jetzt jede Band, egal welchen Genres, anmelden. Die Anmeldung läuft noch circa bis Ende Juli.
Michael Masen