mica-Interview mit Steve Gander

Der ursprünglich aus England stammende Musiker, Comedian und neuerdings auch Labelbetreiber Steve Gander stellt in Kürze die ersten Beiden Veröffentlichungen auf eben diesem Label der Öffentlichkeit vor. Im mica-Interview spricht er über sein Leben und Schaffen im Spannungsfeld zwischen Humor und “ernster” Musik. Das Interview führte Michael Masen.

Du kommst ja ursprünglich aus England. Kannst du ein wenig darüber erzählen, was dich letztendlich nach Wien verschlagen hat?

Die Liebe war schuld, ursprünglich. Ich habe damals in Frankreich eine Österreicherin kennen gelernt und nach einiger Zeit, nach kurzen Aufenthalten in Frankreich und Italien, sind wir dann nach Wien gekommen. Ich habe dann hier, das war in den Achtziger Jahren, Englisch unterrichtet und auch in einer Band namens IT gespielt. Mit der hatte ich auch viele Live-Auftritte, darunter auch am Donauinselfest. Gespielt haben wir damals ohne Gitarre, dafür mit zwei Keyboards, Percussion, Bass und Schlagzeug. Der Stil ging so in die Richtung New Wave und war auch ein wenig an den Sound von Talking Heads angelehnt.

Seit dieser Zeit bin ich also, bis auf dreieinhalb Jahre, in denen ich in Cornwall, England, eine Sprachschule aufgemacht habe, in Wien. Nach dieser Rückkehr, das war 1996, hat sich dann auch schön langsam diese Gruppe zusammen gefunden, mit der ich jetzt spiele. Davor habe ich auch bereits in Ostrova in Tschechien eine CD aufgenommen und der Gitarrist, der da dabei war, spielt heute immer noch mit mir zusammen – das nächste Mal beim Mimamusch Festival, Ende September im Ragnerhof. Die derzeitige Besetzung besteht aus Schlagzeug, Bass, E-Gitarre, Akkordeon und Keyboard. Ich selbst spiele akustische und manchmal auch elektrische Gitarre und singe.

Die Band nennt sich ja “Steve Gander and the Dangers of.. Heißt das, dass du sozusagen als Mastermind fungierst, das alleine für sämtliche Belange verantwortlich zeichnet und die Band lediglich unterstützend agiert, oder sieht die Rollenverteilung doch etwas anders aus?

Es ist schon richtig, dass ich die Lieder schreibe, als Mastermind würde ich mich nicht bezeichnen, das wäre schon ein wenig übertrieben. Ich bin zwar auch in gewisser Weise ein Kontrollfreak, aber die Musiker, mit denen ich spiele, nehmen meine Ideen auf und machen sie einfach besser. Ich lege da sehr viel wert darauf, mit richtigen Musikern zusammen zu arbeiten, die auch Ideen mit einbringen. Ich sage niemandem, wie genau er jetzt zu spielen hat, sondern ich versuche, ihnen eine gewisse Stimmung, ein gewisses Feeling nahe zu legen, das sie dann umsetzen. Meine Band liefert also gewissermaßen die Arrangements und die Texte, Melodien und Harmonien sind von mir.

Du hast schon angesprochen, dass du in gewisser Hinsicht ein Kontrollfreak bist. Macht sich das auch in der Studioarbeit bemerkbar, dass du unbedingt alles genau so umsetzen willst, wie du dir das vorgestellt hast, oder siehst du die Ergebnisse von Studioarbeit eher als Momentaufnahme, wo ihr den Song einfach 2-3 mal spielt und dann den besten Take nehmt und veröffentlicht?

Ich würde sagen, das ist so irgendwo dazwischen angesiedelt. Es passiert natürlich immer etwas im Studio – wir bereiten sicherlich nicht alles vor, was wir machen. Manche Nummern haben wir freilich schon vorher live gespielt und damit ist die Richtung dann eigentlich auch schon festgelegt, aber es bleibt immer noch ausreichend Platz, spontane Ideen einzubauen und meistens geschieht das dann auch so. Es ist also immer so in etwa in der Mitte dieser beiden Pole angesiedelt. Es ist nicht genau geplant, was wir machen, aber auch nicht völlig frei und spontan entschieden. Wenn während der Aufnahmen neue Ideen kommen und die gut sind, werden sie eben einfach verarbeitet und mit hinein gezogen und wenn nicht, fliegen sie kurzerhand raus.

Die CD wird jetzt auch auf deinem eigenen Label veröffentlicht. Was war die ursprüngliche Intention, das Label ins Leben zu rufen. Wolltest du das schon immer mal machen oder ist die Idee eher aus der Not heraus entstanden, weil es sonst kein Label machen wollte? Hast du deine Sachen bei diversen Labels vorgestellt?

Ich habe schon über die Jahre hinweg ein wenig nachgefragt, auch bei Major-Firmen, habe denen Sachen von mir geschickt und dann nach einer Weile immer den klassischen Standard-Brief mit der Absage zurück bekommen. Als ich dann in Wien war, habe ich aber nicht mehr so mit Nachdruck gesucht, weil ich mir da eben schon gedacht habe, “egal, gründe ich eben ein eigenes Label”. Die Idee dahinter war auch, dass dann auch Freunde von mir, die ebenfalls Musik machen oder auch andere Sachen produzieren, ihre Werke veröffentlichen können. Zuerst ist jetzt aber im September mal meine Comedy-CD namens “Copulate and Populate” dran und anschließend “Jack”, eine CD, die ich mit meiner Band The Dangers of. aufgenommen habe. Fürs Erste erscheinen also jetzt mal zwei CDs auf dem Label.

Ist das Label auch darauf angelegt, dass auch dir nicht nahestehende Personen darauf veröffentlichen können, oder beschränkt sich die Veröffentlichungspolitik eher auf einen kleineren Bekanntenkreis?

Ja, das Label ist nur für einen kleinen Kreis bestimmt. Ich bin ja überhaupt kein Business-Man und auch kein guter Organisator – also bitte mir keine Demos schicken. Ich hätte auch gar nicht die Möglichkeit, das zu produzieren bzw. überhaupt zu finanzieren, auch wenn ich die Sachen wahnsinnig gut finden würde.

Wie heißt das Label?

Red Nag Records. “Nag” bedeutet auf Deutsch “Alter Gaul”.

 

 

Du hast schon erwähnt, dass du neben der Musik auch Comedy machst. Wie bist du ursprünglich dazu gekommen?

Ich war mal in einer Bar und der dortige Barmann hat gemeint, dass ein amerikanischer Comedian kommen und Stand-Up-Comedy machen würde. Ich habe dann gemeint, dass ich das auch mal gerne probieren würde, worauf er dann vorgeschlagen hat, ihn einfach zu fragen, ob ich nicht auch etwas machen könnte. So habe ich ihn dann gefragt und er meinte, dass das überhaupt kein Problem wäre und so bin ich vor ihm aufgetreten. Ich habe mir vorgenommen, so ungefähr fünf Minuten Show zu machen und tatsächlich bin ich dann eine halbe Stunde auf der Bühne gestanden.

In der Sprachschule, in der ich damals gearbeitet habe, wurde auch eine Party organisiert und die Lehrer wurden gefragt, ob sie auch etwas machen können und ich habe mich dann wieder für Comedy entschieden. Auf diesen Auftritt hinauf wurde ich dann bezahlt, um bei einer Privatparty aufzutreten und so hat das eigentlich alles angefangen. Kurz darauf habe ich schon einen Auftritt in einem kleinen Lokal organisiert, das dann auch komplett voll war, und dann, ein bis zwei Monate später stand ich schon mit einer vollen Comedy-Show im Theater.

Das Programm damals war “English is a funny language” und seither habe ich noch drei oder vier abendfüllende Programme gemacht, die alle auch einige Lieder enthalten haben. Eben diese Lieder erscheinen jetzt gesammelt auf der neuen CD “Copulate and Populate”.

Ist dir bei deiner Musik Humor ebenso wichtig wie bei der Comedy, oder möchtest du da eher eine andere, ernsthaftere Seite von dir zeigen?

Ja, das ist schon eine andere Seite von mir, obwohl manche meiner Musik-Sachen hie und da auch vielleicht zum Schmunzeln anregen. Aber es ist im Gegensatz zur Comedy nicht beabsichtigt, dass die Leute im Publikum lachen. Ich würde die “ernste” Musik auch gar nicht in einem Comedy-Programm spielen, wohingegen ich manchmal eine Comedy-Nummer zur Auflockerung sehr wohl bei den ernsten Sachen spiele.

Was macht für dich Humor aus? Wie würdest du Humor, falls das übrerhaupt möglich ist, definieren?

Das ist sehr schwer zu sagen. Jemand hat mal gemeint, es ist sehr schwer, Humor zu analysieren. Es ist wie wenn man einen Frosch zerschneidet – man lernt nicht viel davon und dem Frosch geht es auch nicht so gut.

Was beeinflusst dich bei der Konzeption deiner Comedy-Programme, woher kommen die Ideen?

Es gibt immer einen roten Faden, der sich durch das ganze Programm durchzieht. Es ist wichtig, immer irgendein Ding zu haben, an dem man die Show aufhängen kann. Bei meinem ersten Programm, English is a funny language, geht es beispielsweise um Sprache. Im darauffolgenden, namens “Occupation: Comedian” bilden die großen Fragen des Lebens den allumfassenden Rahmen.

Bei meinem neuesten Programm gibt es auch ein wenig mehr Interaktion mit dem Publikum. Es heißt “How to be English” und da frage ich dann auch im Publikum herum, was für sie z.B. typisch Englisch ist – da gestaltet sich alles ein wenig spontaner und offener. Ich habe dabei lediglich eine Uhr auf der Bühne stehen, vom Publikum nicht zu sehen, die mir so ein wenig den zeitlichen Rahmen vorgibt und mittels der ich die Show in zwei Hälften á 45 Minuten teile. Da kommen auch wieder diese beiden Elemente zusammen: einerseits muss man Ideen im Hinterkopf haben, andererseits passieren aber auch viele spontane Sachen, auf die man dann rasch reagieren muss – besonders wenn irgendwelche Einwürfe seitens des Publikums kommen. Das ist dann eigentlich auch die einzige Situation, wo ich auf der Bühne lache. Es ist nämlich furchtbar, wenn ein Comedian bei seinen eigenen Witzen lachen muss. Bei mehr Publikumseinbindung, so wie bei meiner neuen Show, läuft jedenfalls alles spontaner ab, als wenn nur ich alleine ein Programm spiele.

Ist dir diese Interaktion mit dem Publikum generell wichtig bei deinen Auftritten?

Es macht es auf jeden Fall viel leichter, weil man selbst nicht so viel reden muss und man bekommt auch immer wieder Anstöße, die man ins Programm einbauen kann.

Gibt es in deinen Programmen auf der Bühne auch eine politische Komponente, oder klammerst du so etwas komplett aus?

Weder – noch. In erster Linie sind meine Sachen nicht politisch, aber jeder, der einer Show von mir beiwohnt, wird mit Sicherheit mitbekommen, wo ich politisch stehe. Aber explizit politische Witze mache ich nicht. Es ist eher alles mehr allgemein angelegt, obwohl ich auch eine Idee habe, ich weiß noch nicht, wann bzw. ob das realisiert wird, für eine neue Show, die “Dirty Business” heißen soll und in der ich auch den Kapitalismus ein wenig aufs Korn nehmen würde.

Kannst du noch mal kurz zusammen fassen, was bei dir in nächster Zeit jetzt so ansteht.

Das nächste große Ding ist natürlich jetzt die neue CD, die aber noch nicht ganz fertig ist. Nächste Woche werden die finalen Mischungen gemacht und dann muss noch alles organisiert werden, damit das Album erscheinen kann.

Dann haben wir in nächster Zeit noch ein paar Konzerte in Wien und im Herbst mache ich im Theater auch wieder zwei Comedy-Shows. Das erste Programm, das ich schon seit Jahren nicht mehr gespielt habe, “English is a funny language”, mache ich Mitte November und gleich nach der CD-Präsentation im Oktober spiele ich “How to be English” im Interkulttheater. Das sind im Großen und Ganzen die Sachen, die abzuwickeln, mich momentan auf Trab halten. Und zwischendurch arbeite ich dann auch immer mal wieder an neuen Liedern.

Danke fürs Interview.