Ende Oktober 2012 steht Wien wieder im Zeichen der Filmmusik. Im Rahmen des am 19. Oktober stattfindenden “International Film Music Symposium Vienna” werden u.a. der 4-fach Grammy-Preisträger Lalo Schifrin, „Ice Age“ Komponist David Newman und Oscar-Preisträger Josef Aichholzer zu Gast sein. Die künstlerische Leiterin des Festivals im Interviewe mit Michael Ternai.
Hast du das Gefühl, dass sich das „Hollywood in Vienna“ Festival mittlerweile etabliert hat, dass die Idee und das Konzept in den Köpfen der Musikschaffenden und Interessenten der Filmmusik angekommen ist?
Wir freuen uns, dass es für das Konzert mittlerweile sogar schon einen Fanclub gibt und die Leute auch schon sehr früh nachfragen, wann der Kartenverkauf beginnt. Generell setzt sich das Publikum aus wahren „Filmmusik-Freaks“ und eben solchen Zuhörern, die sich für die Filmmusik und die Veranstaltung, an sich zu begeistern begonnen haben, zusammen. Ähnlich stellt es sich auch beim begleitenden „International Film Music Symposium Vienna“ dar, bei dem wir uns in den vergangenen drei Jahren jeweils über einen vollen Saal freuen durften. Das ist natürlich schön für uns zu sehen, da wir eigentlich zunächst nicht erwarten konnten, dass es einen solchen Anklang findet. Oder sagen wir so: Wir wussten nicht , wie viele Interessenten es für das Genre der Filmmusik überhaupt gibt. Und es gab manche Musik-Experten, die mir anfangs davon abrieten, in Wien ein Filmmusik-Konzert zu veranstalten, da sie meinten, dass es kein Publikum dafür gäbe. Und so hat es mich dann natürlich sehr gefreut, dass sich doch so viele Menschen für die Filmmusik begeistern. Dass sich zum Beispiel bei unseren Symposien jedes Mal eine lange Schlange bestehend aus enthusiastischen jungen Leuten bildet, die um Autogramme der Hollywood Komponisten bitten – und dass die Begeisterung unserer Zuseher bei „Hollywood in Vienna“ immer wieder zu mehreren Standing Ovations führt. Es ist insofern sehr schön, dass es offensichtlich doch auch in Österreich ein Zielpublikum für Filmmusik gibt, das wir mit unseren Veranstaltungen erfreuen können.
Wo liegt in diesem Jahr der Schwerpunkt der Festivals?
Der berechtigte Auftrag der Filmindustrie, des Filmfonds Wien und der FAFO, ist, dass wir neben den Hollywood-Komponisten, die wir einladen, auch einen großen Fokus auf die österreichische Szene setzen – und im Besonderen auf die Vernetzung von Film- und Musikschaffenden. In den vielen Gesprächen, die ich in den vergangenen Monaten geführt habe, ist immer wieder eines zur Sprache gekommen:, dass man die jungen heimischen Filmmusikkomponisten hierzulande, obwohl sie teilweise wirklich hochtalentiert sind, zu wenig kennt. Wir haben einen fantastischen „Filmmusiknachwuchs“, über den die Filmkunst teilweise nach gar nicht Bescheid weiß. Die großen Produktionsfirmen, Regisseure und Produzenten genau so wenig, wie die jungen Filmschaffenden. Und genau hier versuchen wir anzusetzen und etwas Konstruktives auf den Weg zu bringen.
Aus diesem Grund wird im Rahmen des Symposiums auch ein Fokus auf dieses Thema gelegt. Unter anderem fragen wir bei den hiesigen Filmproduktionsfirmen nach, ob sie jeweils eine Szene, von der sie meinen, diese wäre besonders gut vertont, im Rahmen unseres Symposiums präsentieren möchten. Unser Hintergedanke ist, auf diesem Weg auch die heimische Filmwirtschaft mit ins Boot zu holen. In weiterer Folge, also ab diesem Jahr, ist weiters geplant, dass wir jeweils drei junge und besonders talentierte Komponisten, von denen wir überzeugt sind, dass sie am internationalen Markt bestehen können, der Filmindustrie vorstellen.
Etwas, was wir heuer zum ersten Mal organisieren werden, ist eine Art „Speed Dating“, wo es im Sinne der Vernetzung zu Gesprächen zwischen jungen Filmschaffenden, den JungkomponistInnen, bereits etablierten und renommierten KomponistInnen, FilmproduzentInnen, RegisseurInnen und anderen Branchenvertretern kommen soll. Geplant ist, dass sich jeder der jungen Filmschaffenden und KomponistInnen fünf Minuten mit den Experten unterhalten kann. Ich habe so ein „Speed Dating“ in Los Angeles bei der Billboard Film &Music Conference erlebt, wo es gut funktioniert hat. Es war interessant zu sehen, wie somit eine Interaktion entsteht. Wir erhoffen uns, dass dieses „Speed Dating“ auch in Wien quasi eine Art Startpunkt für eine verstärkte Kommunikation zwischen den Beteiligten ist. Was wir also versuchen ist, JungregisseurInnen und JungkomponistInnen die Gelegenheit zu bieten, sich kennenzulernen und mit bereits etablierten Größen in Kontakt zu treten.
Denn es ist sicherlich entscheidend, dass schon in jungen Jahren, die richtigen Kontakte geknüpft werden. Wenn man nach Los Angeles und Hollywood blickt, dann sieht man, dass Regisseure und Komponisten oft gemeinsam im Duo ganz nach oben gekommen sind. Ein Spielberg arbeitet bis jetzt ausschließlich mit John Williams zusammen, ein Cronenberg immer mit Howard Shore. Wenn zwei Menschen zusammenkommen, die dieselbe Sprache sprechen, bildlich und musikalisch, kann etwas wirklich Großes entstehen.
Wenn man sich die Gästeliste in diesem Jahr ansieht, so findet man erneut eine Reihe wirklich großer Namen. Lalo Schifrin etwa. Wie stellt man es an, dass die Stars tatsächlich auch nach Wien kommen?
Gerade bei Lalo Schifrin muss man sagen, dass dieser zeitgleich auch eine Einladung für die „World Soundtrack Awards“ in Ghent bekam, sich aber letztlich für uns entschied. Das hat sicher auch mit der Stadt Wien – der „Stadt der Musik“ zu tun, welche auch die Wiege der Filmmusik Pioniere Max Steiner und E.W. Korngold war. Den Komponisten bedeutet es insofern sehr viel, in Wien geehrt zu werden. Für viele ist es tatsächlich ein Highlight ihres Lebens. Das ist der eine Punkt.
Der zweite Punkt ist, dass die Community in Los Angeles auch eine eher kleine ist und sich vieles schnell herumspricht. Und wenn es dann z.B. einen Bruce Broughton (Anmerkung: 10-facher Emmy Preisträger und Governor der Oscar Academy) gibt, der ein Fan von unserer Veranstaltung ist und die „Werbetrommel“ für uns rührt, weil er überzeugt ist, dass wir auf hohem musikalischen Niveau arbeiten und dazu auch noch nette Leute sind, ist das natürlich auch nicht von Nachteil.
Und bei uns ist eben auch wirklich viel Herzblut dabei. Wir machen mit der Veranstaltung kein großes Geld. Jeder von uns liebt die Filmmusik. Und ich glaube, dass spüren die Leute.
Sind eigentlich auch über die Tage des Filmmusiksymposiums hinaus Kooperationen entstanden? Pflegen die Hollywood Komponisten, die in Wien zu Gast waren Kontakt mit den Leuten hier in Österreich?
Ja, ich denke schon. Erstens gibt es ja Facebook (lacht). Über diesen Weg sind natürlich etliche große Komponisten mit den damaligen Symposiums-Teilnehmern bzw. „Hollywood in Vienna“ Fans vernetzt. Zweitens ist es so, dass sich einige Komponisten für Jungkomponisten, die nach Los Angeles kommen, gerne Zeit nehmen und ihnen wiederum andere Leute vorstellen. Und dabei helfe ich natürlich auch sehr gerne. Wenn ein Komponist wirklich talentiert und noch dazu ein sympathischer Mensch ist, unterstütze ich ihn gerne mit meinen Kontakten. Networking ist ja auch in diesem Business ganz wichtig.
Inwieweit hat sich die Erwartungshaltung bezüglich der Veranstaltung in den letzten Jahren gewandelt? Wo liegen im Vergleich zum ersten Mal vor drei Jahren nun die Herausforderungen. In welcher Form finden diese in diesem Jahr Ausdruck.
Sie finden insofern Ausdruck, dass etwa das Konzert-Programm in diesem Jahr etwas anders gestaltet ist. Das heißt, wir wollten auch etwas andere musikalische Komponenten einbringen, wie etwa die Jazz Komponente mit Lalo Schifrin. In Zukunft möchten wir im Programm auch vermehrt der filmmusikalischen Vielfalt Rechnung tragen. Wir versuchen also Schritt für Schritt die Verschiedenartigkeit der Filmmusik zu zeigen.
Und das, was wir uns in diesem Jahr besonders auf die Fahnen geheftet haben, ist die Vernetzung von Film- und Musikschaffenden in Österreich. Das ist unser Auftrag, dafür bekommen wir unsere Förderung. Und im Moment sind wir intensiv am Nachdenken, wie wir es am besten anstellen, diese Aufgabe bestmöglich zu erfüllen – wie wir ein bisschen helfen können, dass auch die jungen Leute hier in Österreich in der Filmmusik-Branche Fuss fassen können, ohne immer über den großen Teich blicken zu müssen, da sie glauben, hier keine Aufträge zu finden.
Gehe ich recht in der Annahme, dass auch die Stadt Wien voll hinter diesem Festival steht?
Ja. Ohne die Stadt Wien könnten wir das alles gar nicht machen. Das ist klar. Alleine das Konzert könnte nur durch die Karteneinnahmen nicht finanziert werden. Hier sind teure Flüge im Spiel usw. Insofern, immer wieder mein Dank an die Stadt Wien, den Filmfonds Wien, an Wien Tourismus und an die Vienna Film Comission.
Wer sind eigentlich eure wichtigsten Partner, die mithelfen, dieses Projekt auf die Beine zu stellen?
Punkto Filmmusik Symposium danke ich vor allem Univ.Prof. Dr. Gerold W. Gruber von der Universität für Musik und darstellende Kunst. Er ist einzigartig darin, dass er ein wahrer Idealist ist. Er ist jemand, der immer glaubt, dass alles möglich ist, und auch die sonst so üblichen Eitelkeiten nicht kennt. Er war von Beginn an mit Begeisterung dabei und hat auch dafür gesorgt, dass wir an der Universität die nötige Infrastruktur erhalten. Zudem verwaltet er das Budget und hat auch manchmal eigene Mittel verwendet, um die ganze Sache mitzufinanzieren. Denn, was man auch sagen muss, die Mittel, welche wir bekommen, reichen natürlich alleine nicht aus. Wir operieren mit einem Minibudget und versuchen aus diesem das Beste herauszuholen.
Ein weiterer wichtiger Partner ist natürlich auch EU XXL Film, wo wir mit Mercedes Echerer , Katharina Albrecht-Stadler und Aylin Derinsu sehr, sehr nette und kooperative Partner gefunden haben, die das Know How von der Filmseite mitbringen, das wir verständlicherweise in dieser Form nicht haben.
Bei „Hollywood in Vienna“ kann ich gar nicht genug meinem fantastischen Team danken, das vor allem von der Begeisterung getragen wird – allen voran meine Partnern Christian Pöttler (echo medienhaus), Michael Balgavy und Erich Hoffmann.
Wenn es etwas gäbe, was ihr bisher noch nicht realisieren konntet, was wäre das? Was ist dein großer Wunsch für die Zukunft?
Mein großer Wunsch für die Zukunft wäre natürlich, dass wir mehr Geld zu Verfügung haben, damit wir zB. wieder eine Film Music Academy veranstalten können, die dieses Jahr den Einsparmaßnahmen zum Opfer fiel. Ein Festivalbudget, mit dem man besser operieren könnte, wäre insofern natürlich wünschenswert. Und dass es das Budget erlaubt, nicht nur ein Konzert zu veranstalten , sondern mehrere, um auch verschiedenste Musikgenres beleuchten zu können usw. Das wäre der Traum.
Und natürlich ist es auch ein großer Wunsch, dass unsere Anstrengungen einmal dazu führen, dass ein junger talentierter Komponist aus Österreich, auch für eine größere europäische Filmproduktion engagiert wird. Wenn wir dazu beitragen können, dass das Bewusstsein der Filmschaffenden dahingehend erweitert wird, dass es auch hierzulande Talente gibt, die absolut internationales Format haben, dann wäre das natürlich auch ein sehr schönes Ziel.
http://www.hollywoodinvienna.com