mica-Interview mit Peter Rom

Peter Rom verbindet in seinem Trio seit über vier Jahren Einflüsse aus so unterschiedlichen Musikrichtungen wie Jazz und Indie-Rock. Gemeinsam mit Schlagzeuger Jörg Mikula und Raphael Preuschl an der Bassgitarre kreiert der Gitarrist einen in viele Richtungen offenen Sound, der sich sowohl durch Eingängigkeit und Prägnanz, vor allem aber durch einen zwingenden Groove auszeichnet.

MG: “Die Stücke in eurem Repertoire stammen vor allem aus der Feder von dir und Raphael Preuschl. Mit eurer Arbeitsweise unterscheidet ihr euch sehr stark von den im Jazz-Kontext üblichen Ausdrucksmitteln, vor allem auch was die Länge der Stücke betrifft, die in diesem Maßstab mit 5-6 Minuten relativ kurz ausfallen…”

PR: “Wir sind prinzipiell an Eigenkompositionen interessiert, die verschiedene Einflüsse in sich bergen. Mir persönlich gefällt auch sehr gut, wenn die Nummern eher kürzer ausfallen und eine Idee kompakt präsentiert wird, ohne zu lange darauf herumzureiten, damit dann im nächsten Stück wieder etwas Neues beginnen kann. Eine musikalische Idee, die man als wert befindet, sie weiter zu verfolgen, kann in verschiedenste Richtungen weiterentwickelt werden. Beim Arrangement, also an dem Punkt, wo man entscheidet, wie man die musikalischen Ideen verwertet, ist es wichtig, diesen Aspekt im Auge zu behalten.”

MG: “Viele eurer Kompositionen haben einen leicht verschrobenen, humorvollen Charakter, eines eurer Stücke trägt den Titel Kafkas Humor. Welche Rolle spielt diese Komponente in der Musik des Trios? ”

PR: “In unserer Musik kommt der Humor als wichtiges Ausdrucksmittel vor, das ist für uns ein ganz spezieller Faktor, der von verschiedenen Kritikern dankenswerterweise auch schon richtig erkannt worden ist (lacht). Es gibt natürlich ganz verschiedene Ausgangspunkte für unsere Kompositionen. Für bestimmte Stücke bildet irgendeine bestimmte Technik oder ein gewisser Sound den Ausgangspunkt, der in dem Stück dann von verschiedenen Seite beleuchtet wird. Was aber auch irrsinnig gefährlich sein kann, weil das irgendwie den Hang zur Etüde hat. Das ist aber auch die Herausforderung, denn gerade beim Gitarren-Trio, für das es wahnsinnig viele geschichtliche Vorreiter und Konventionen gibt, ist es einfach das Wichtigste, abwechslungsreich zu bleiben. Auf Pimp my Slide – einer Nummer aus dem neuen Programm – verwende ich zum Beispiel eine Slide-Gitarren-Technik, da stellt dann einfach dieser spezielle Sound in Verbindung mit Jazz-Harmonien die Inspirationsquelle dar. Ansonsten bin ich sehr von Kompositionen inspiriert, die einen sehr stark berühren aber nicht zu sehr mit diesen Pathos-Effekten arbeiten.”

MG: “Die du während deiner Zeit in Los Angeles, im Rahmen deines Studiums an der Berklee College of Music, vermutlich zur Genüge mitbekommen hast? ”

PR: ” Ich habe in Berklee bei Mick Goodrick studiert, bin dadurch natürlich sehr stark von ihm beeinflusst, was die Harmonik und die Voicings betrifft. Goodrick ist ja irgendwie ein Forscher, was das betrifft – in seinen Büchern kommt dieser Forschungsansatz sehr gut zur Geltung. Sein Ansatz ist stark mathematisch geprägt, er versucht vor allem die Tonkombination einer  abseits des klassischen Vierklanges – also 1, 3, 5, 7 – auszuloten. Diese Herangehensweise interessiert mich viel mehr als etwa von einem irgendeinem Musikstil ganz bestimmte Licks oder Stimmungen herauszufiltern. Dieser Versuch, anhand des Ausgangsmaterials, das von diesem Tonsystem und der Harmonik vorhanden ist, neue Kombinationen zu finden erscheint mir wesentlich spannender. Mir macht das auch unheimlichen Spaß, nach diesen neuen Tonkombinationen zu suchen und dabei teilweise die Musiktheorie zu überlisten. Viele meiner neuen Kombinationen sind eben ein Produkt dieser Forschungsreihe (lacht). In Los Angeles hab’ ich aber auch einfach viel in Pop/Rock-Bands gespielt – was für eine Weile auch ganz interessant war, aber ich bin dann natürlich wieder stärker in Richtung Jazz gegangen – und da war es auch irgendwie meine Spezialität, diese ganz bestimmten Sounds zu verwenden. Durch die zahlreichen Studio-Gigs für verschiedenste Bands hab’ ich irrsinnig viel gelernt, weil ich mein Vokabular in alle Richtungen erweitern konnte.”

MG: “In dieser Zeit hat auch die Zusammenarbeit mit der amerikanischen Rockband The Eye begonnen, die du ja bis heute pflegst….”

PR: “In dieser Band spielt auch Tim Butterworth, der Schlagzeuger von Ben Harper, was für mich eine interessante Erfahrung war. Ansonsten war das die klassische L.A.-Rock Studio-Geschichte, mit allem drum und dran. Ich hatte allein fünf Tage, nur für die Gitarre. Für eine zweite CD bin ich noch einmal in die Staaten geflogen, als ich eigentlich schon wieder in Wien war, und für die neue CD, die wohl bald rauskommt,  bin ich in Wien ins Studio gegangen und hab’ über Files gespielt, die sie mir geschickt haben. Das ist jetzt natürlich nicht unbedingt mein Sound, aber das ist schon in Ordnung, gehört wohl auch irgendwie zum Gitarristendasein dazu, in so einer Band zu spielen. Ich bin da offen, auch in diese Richtung.”

MG: “Diese Offenheit hört man euren Kompositionen auch an, offenbar teilen deine Mitmusiker diese musikalische Neugier? ”

PR: “In den letzten Jahren sind für uns alle drei viele neue Einflüsse dazugekommen, man hat sich sowohl am Instrument als auch persönlich weiterentwickelt, was man ganz gut auf Electro hört finde ich, der Trio-Nummer auf der aktuellen JazzWerkstatt CD. Da treffen eben Jazz-Harmonien auf ein nicht zu rockiges Umfeld und das Schlagzeugspiel von Jörg Mikula, der in diesem Stück irgendwie auf seine Weise eine Casio-Orgel nachempfindet. (lacht). Wir versuchen eben noch mehr, uns verschiedene Anleihen aus unterschiedlichen Musikrichtungen zu nehmen und diese mit Improvisation einerseits und Jazz-Harmonik andererseits zu verbinden. Diese Verbindungen entstehen aber weniger aus einer bewussten Absicht heraus, sondern stellen wohl eher so eine Art Selbst-Reflektion dar, da spielt auch das Unterbewusstsein eine große Rolle, unsere musikalische Herkunft eben.”

MG: “Wenn man sich das Cover eurer Debüt-CD says who ansieht, könnte man auf den Gedanken kommen, dass ihr sehr viel mit Effektgeräten arbeitet.. Hängt diese demokratische Rollenverteilung nicht stark mit den erweiterten Ausdrucksmöglichkeiten zusammen, die Raphael Preuschl am Bass zur Verfügung stehen?”

PR: “Im Lauf der Zeit hat sich immer mehr herauskristallisiert, dass die typische Rollenverteilung in Trio-Konstellationen – in denen Bass und Schlagzeug begleiten und das Melodieinstrument fast nur solistisch zu hören ist – eigentlich erübrigt. Vor allem deshalb, weil Raphael Preuschl mit seinen instrumentalistischen Fähigkeiten bei sehr vielen Stücken auch die Lead-Rolle übernimmt und ich auch sehr am Bass-Spiel auf der Gitarre interessiert bin. Dadurch ergibt sich eine Rollenverteilung, die man vielleicht nicht unbedingt gewohnt ist. Der Einsatz von Effektgeräten bedeutet für uns eine ständige Weiterentwicklung, mit jedem neuen Sound, den man verwendet, ergeben sich ganz neue Vorstellungen davon, was musikalisch möglich ist. Und auch die Technik entwickelt sich irrsinnig schnell, alle drei Monate kommt irgendein neues Pedal heraus, da versuchen wir natürlich auch am laufenden zu bleiben. Wenn man recht viele Effektgeräte verwendet, passiert es aber natürlich sehr schnell, dass man plötzlich zu viele Effekte hat und zuwenig Grund-Sound, damit verschwimmt dann irgendwie das Grundsignal und die ursprüngliche Idee der Komposition geht darunter eicht verloren. Deswegen gibt es auch in diesem Bereich die Herausforderung, mit ganz charakteristischen Settings und Effektkombinationen zu arbeiten, die einem Stück ein ganz eigenes Gesicht und einen entsprechenden Widererkennungswert verleihen, der die Performance dieser Komposition einzigartig macht.”

MG: “Es gelingt euch aber sehr gut, die Effekte in den Gesamtsound zu integrieren, ohne dass der eigentliche Klang eurer Instrumente darunter verschwindet. Ist es nicht  schwierig, sich angesichts der vorhandenen technischen Möglichkeiten diese Ausgewogenheit zu bewahren? ”

PR: “Wir wollen aber auf jeden Fall die Balance halten, unser Instrument ist ja aus Holz, und dieses Holz hat einen ganz eigenen Klang, der für sich selbst genommen eigentlich schon unglaublich reizvoll ist. Insofern versuchen wir es hinsichtlich der Effektgeräte dabei zu belassen, dass sie als zwar als musikalische Stilmittel immer wieder zum Einsatz kommen, aber dazwischen immer wieder vom ursprünglichen Sound des Instruments kontrastiert wird. Denn die Persönlichkeit und der Spielstil eines Musikers ist in dieser reinen Form eben fast am besten hörbar, und diese Komponente wollen wir auf keinen Fall missen. Das sollte bei jedem Konzert und jeder Platte auf keinen Fall zu kurz kommen.”

Das Interview führte Martin Gansinger.

Aktuelle CD:
Peter Rom Trio “says who?!” (Jazzwerkstatt Records)

Foto 1 Peter Rom: Helmut Lackner
Foto 2 Peter Rom: Laurent Ziegler

 

Peter Rom