mica-Interview mit Over at the Stars

Einen bemerkenswerten Popentwurf zwischen elektronischen Sounds am Puls der Zeit, verträumten Stimmungen und eingängigen Melodien legt das Trio Over at the Stars vor. Heimlich, still und leise haben Katharina Hanz, David Punz und Michael Jaksche seit ihrem Debüt Ende 2012 eine Reihe sehr schöner EPs vorgelegt. Darüber hinaus ist über das Tun und Streben der aus Oberösterreich stammenden und in Wien lebenden Musiker noch kaum etwas bekannt. Grund genug für Sebastian Fasthuber, einmal bei ihnen nachzufragen.

Es gibt noch relativ wenig Informationen über euch. Eine besagt, dass ihr euch aus Oberösterreich kennt, aber erst in Wien zusammengefunden habt.

David: Ja. Wir kennen uns aus der Jugend, haben uns aber erst in Wien richtig kennengelernt.

Michael:
Vor allem musikalisch. Wir zwei sind gemeinsam in die Schule gegangen, die Katharina in Linz. Aber wir hatten einen ähnlichen Freundeskreis. Musikalisch hat jeder für sich immer irgendwas gemacht. In Wien haben wir uns irgendwann gefragt, warum wir nicht gemeinsam was machen. Wir haben einfach geschaut, was passiert. Wann haben wir angefangen?

Katharina: Das war 2008.

David: Unser erster Auftritt war dann im Jänner 2010 im Subterrarium. Das ist coolerweise zusammengefallen mit dem Start der Soundpark Acts des Monats auf FM4. Wir waren da quasi der erste Act, der hervorgehoben wurde. Das hat sich sehr gut ergeben. Danach haben wir einmal im Rhiz gespielt. Es hat sich also schon ein bisschen was getan. Tracks von uns hat es damals allerdings nur im Internet gegeben, die haben wir ohne Label und großes Trarara ins Netz gestelt.

Welche musikalischen Vorleben gab es?

David: Ich war oder bin immer noch bei Your Ten Mofo. Wir haben uns nie offiziell aufgelöst.

Katharina: Von meinem musikalischen Vorleben findet man im Internet zum Glück nichts mehr.

Michael: Ich würde mittlerweile auch einige von meinen Solo-Elektroniksachen, die es im Internet gibt, lieber verschwinden lassen.

Katharina: Bei mir waren schon die Bandnamen urpeinlich.

Eure Musik reicht von Dreampop bis zu Electronica, von Dubstep bis R’n’B. Auf welcher Basis habt ihr begonnen?

Michael:
Angefangen hat es nur mit dem Begriff „elektronisch“. Wichtig war, dass für jeden ein Bereich dabei war, den er vorher nicht gemacht hat. Ich habe noch nie in einer Band gespielt, David und Katharina hatten kaum etwas mit Elektronik zu tun. Wir wollten probieren, ob wir Elektronik als Band machen können.

David: Wir haben bewusst am Anfang gesagt: Jeder macht alles und schaut, was geht. Ein relativ offener Prozess also. Für mich bemerkenswert war, dass sich relativ schnell eine Richtung ergeben hat.

Michael: Das war auch für mich ein Punkt, wo ich gesehen habe: Es funktioniert. Man hat gleich bei den ersten Nummern gemerkt, dass sie etwas haben, was keiner von uns alleine hätte machen können. Das ist die Energie der Band. Es ist nicht so, dass einer einen Song produziert und die anderen machen halt auch etwas dazu. Es lässt sich bei keinem Song wegreduzieren, dass er zu dritt entstanden ist.

David: Über die Zeit haben sich natürlich gewisse Schwerpunkte und Spezialgebiete der einzelnen Bandmitglieder herauskristallisiert.

Michael: Trotzdem haben wir nicht das Rockbandproblem, dass jeder immer etwas spielen muss, weil es komisch ausschaut, wenn er bei einer Nummer, in der sein Instrument nicht vorkommt, nichts spielt. Das ist gut.

Katharina: Wir arbeiten gerade an einem Bühnenkonzept, das noch strenger sein soll. Wenn es eine Nummer verlangt, soll nur einer oder vielleicht auch gar niemand auf der Bühne stehen.

Es gibt eine Vinyl-EP sowie die dreiteilige EP-Serie „Clicks“, die nur digital erschienen ist. Wie ist euer Zugang zum Veröffentlichen?

David: Das hat alles eine relativ lange Vorgeschichte. Unser Vinyl ist ja bei Couch Records rausgekommen. Das hat eine gewisse Zeit gedauert, bis wir uns mit dem Label geeinigt haben, wie das funktionieren soll. Es gab tausend verschiedene Varianten, auch ein Album war kurz angedacht. Für uns war das Ergebnis jedoch, dass wir kleinere Portionen bevorzugen. Wir finden die EP als Format viel passender und ansprechender. Insofern war ein Album bald nicht mehr am Tisch. Das erste Ergebnis unserer Arbeit war die Vinyl-EP. Die Serie digitaler EPs war eher ein pragmatisches Ding. Wir haben viel Material gehabt und wollten es veröffentlichen, um diesen Arbeitsprozess abzuschließen. Am geeignetsten erschienen uns drei Dreierportionen.

Katharina: Es hat sich herausgestellt, dass das Album nicht unsere Länge ist. Es ist einfach zu lang. In dem Format von drei mal drei Songs hat jeder Song seinen Platz und bekommt eine gewisse Aufmerksamkeit. Auf einem Album ist das nicht der Fall, da würden manche Songs zu Füllern degradiert werden.

Michael: Auch die Veröffentlichungszyklen, die üblicherweise mit einem Album einhergehen, sind uns zu lang. Wir wollten uns anschauen: Können wir nicht überhaupt jeden Monat etwas herausbringen? Für unsere nächsten Veröffentlichungen haben wir noch nichts geplant. Müssen wir auch nicht. Wenn wir etwas veröffentlichen wollen, dann geht es auf diese Art sehr schnell. Kurzes Format, Online-Release: Das lässt sich im Wesentlichen übers Wochenende bewerkstelligen.

Trotzdem ist es schade, dass es von „Clicks“ keinen Tonträger gibt.


Katharina:
Wir haben eh überlegt. Aber es ist natürlich auch praktisch, wenn man nicht über Stückzahlen nachdenken muss, und wie viele Platten einem dann vielleicht übrigbleiben.

David: Für uns ist der haptische Wert eigentlich schon auch wichtig. Das Cover der ersten EP wurde mit der Hand gedruckt. Aber die „Clicks“-Serie war eben praktischer orientiert.

Katharina: Das heißt nicht, dass wir nie mehr einen physischen Tonträger machen werden.

Macht ihr das bewusst, dass ihr so wenig von euch preisgebt? Um ein bisschen mysteriös zu erscheinen?

Katharina: Ich finde es nicht so cool, wenn über eine Band alles gleich findet. Unsere Facebook-Seite haben wir dann auch irgendwann eingestellt. Das bringt nur was, wenn man regelmäßig was kundzutun hat. Wir wollen aber nicht um jeden Preis mysteriös erscheinen. Es entspricht uns allen drei einfach ganz gut, dass wir uns nicht als Personen in den Vordergrund stellen.

David: Unser Problem bei Facebook war: Wir haben zu wenig Dinge, die wir für relevant halten.
Michael: Für relevant schon, aber nicht unbedingt publizierenswert. Wenn das mysteriös erscheint, okay. Wir haben aber auch selber auf viele Fragen keine Antworten. Den Namen Over at the Stars etwa haben wir für nie zu Ende definiert. Es darf gern etwas offen bleiben.

Katharina: Finde ich auch. Und wenn wer unbedingt unsere Schuhgrößen oder Lieblinsfarben wissen will, kann er gern ein E-Mail schicken.

David:
Ich finde es eigentlich ganz gut, dass man nicht zu oft etwas von sich hören lässt, aber dann im besten Fall was Interessantes. Wir sind nicht völlig unpräsent. Wir haben beim Elevate Festival gespielt, recht früh schon. Fast von null weg, das war cool. Da wissen bis heute nicht so ganz, wie das gekommen ist. Oder dann halt die Sache mit FM4.

Läuft eure Musik auch in der Tagesrotation?

David: Nein, nur in dem Soundpark-Monat waren wir gut in der Rotation. Das lief noch ein bisschen darüber hinaus, dann war aber auch recht schnell wieder Schluss.

Ich finde es schade, denn es gibt in Österreich nicht so viele Bands, die wie ihr aufgreifen oder reflektieren, was sich international im Pop tut.

Michael: Ja, das sehen wir eh auch so.

Katharina: Ich glaube, wir schrammen mit unserer Musik an so was wie einer Tagesrotation immer knapp vorbei.

David:
Vielleicht liegt es auch daran, dass wir nicht laufend groß anschieben oder lästig sind.

Katharina:
Aber wir machen unsere Musik mit einer Regelmäßigkeit, die ich von anderen Bands kaum kenne. Vielleicht auch mal weniger intensiv, weil wir Jobs haben. Aber seit Beginn fahren wir mindestens zwei Mal im Jahr eine Woche weg, um an neuem Material zu arbeiten. Die Band ist ein Teil in meinem Leben, auf den ich mich verlassen und immer freuen kann.

Der Welthit müsste nebenbei passieren?

Michael: Der müsste in der Tat nebenbei passieren. Wir sind keine Band, die einen Song noch ein wenig abändert, damit er vielleicht radiotauglicher ist. Da sind wir extrem streng. Die Musik muss genau so sein, wie wir wollen.

Werdet ihr von Musikblogs wahrgenommen?

David: Ja. Einmal dort, einmal da. Aus England kam mal Lob, etwas später ist in Kanada einer ausgeflippt. Wir schreiben halt nur Blogs an, die wir selber kennen und gut finden. Professionelle PR und Bemusterung machen wir nicht.

Michael: Das ist schon auch ein Gegenprogramm zu dem, was üblich ist. Mir gefällt, dass wir ganz genau am Material arbeiten. Wenn das lang dauert, dauert es eben lang. Und wenn es am Ende nur uns drei taugt, taugt es nur uns drei. Wir überlegen uns nicht, was man machen kann, um dieses oder jenes zu bedienen. Wir kennen auch Beispiele von befreundeten Bands, die mit PR-Leuten arbeiten. Was ich davon schon an Geschichten gehört habe, hätten wir damit nicht sehr viel Freude. Wir konzentrieren uns auf unsere Arbeit.

Katharina: Cool wäre es nur, wenn sich eine Person nicht aus professionellen Gründen für uns reinhaut, sondern einfach weil sie uns gut findet.

Was steht als nächstes an?

David: In einer Woche fahren wir wieder auf Bandlager ins Waldviertel, um neues Material zu machen. Denn jetzt ist fast alles von uns draußen. Diese Wochen haben sich als zentrales Tool erwiesen. Wir verbringen da den ganzen Tag miteinander. Das ist etwas ganz Anderes, als sich ab und zu im Proberaum zu treffen. Wobei wir mittlerweile auch schon proben.

 

http://overatthestars.com