Martin Ptak ist in seiner Karriere aus musikalischer Sicht schon viel umher gekommen. Er spielte Klassik, viel Jazz und hat auch so manch Ausflüge in popularmusikalische Fächer getätigt. Doch erst mit seinem im vergangenen Jahr erschienenen Album „Twilight Street“ ist der mit dem Niederösterreichischen Kulturpreis ausgezeichnete Pianist, Posaunist und Komponist dort angekommen, wo er insgeheim eigentlich immer hin wollte, in der, wie er sagt, „ruhigeren“ Musik. Martin Ptak im Interview mit Michael Ternai über seinen Werdegang, die Suche nach der eigenen Klangsprache, sowie sein am 13. Juli bei Glatt & Verkehrt uraufgeführtes Werk „River Tales“.
Wie sieht dein Werdegang aus? Was hat dich dazu gebracht, heute die Musik zu machen, die du machst? Diese sehr offene und stileübergreifende.
Ich hab mit sieben Jahren mit dem Klavierspielen begonnen, vorwiegend Klassik. Ich war ganz gut unterwegs und von der klassischen Musik begeistert, bis eines Tages mein Onkel, der Dixieland-Musiker war, mir eines Tages Blues- und Jazzsachen vorgespielt hat. Von da an war meine Begeisterung für diese Stile entfacht und ich wollte nur noch diese Art von Musik spielen. Was auch dazu geführt hat, dass meine musikalische Auseinandersetzung mit der Klassik in den Hintergrund gerückt ist. Mit 16 Jahren wollte ich überhaupt nur noch Jazzmusiker werden und habe mich aus diesem Grund dazu entschlossen, neben dem Klavier noch Posaune zu lernen, die ich mit 19 dann auch angefangen habe zu studieren.
Obwohl ich eine Zeit lang beide Instrumente live gespielt habe, war es dann doch so, dass die Jazz-Posaune dominiert hat. Erst vor einigen Jahren habe ich mich an die Anfangstage, an die Klassik, erinnert. Sie hat begonnen, mich wieder zu berühren. Oder sagen wir so, ich habe zugelassen, dass sie das konnte. Sie war lange durch die Popularmusik in den Hintergrund gedrängt. Irgendwie hat sich der Kreis wieder geschlossen und ich bin wieder viel mehr in der Klassik drinnen. Ich höre wieder Chopin und ähnliches, also die Musik, die ich als Kind gespielt habe. Über viele Umwege bin ich sozusagen dahin zurück gekommen, wo ich einmal war.
Was man über dich immer liest und auch bei Musik hört ist, dass du dich schon sehr auch ins Filmmusikalische bewegst. Ist das beabsichtigt?
Ich liebe das Medium Film und TV seit meinen Kindheitstagen in den 70er und 80-er Jahren. Im Laufe der Jahre entdeckte ich dann Regisseure wie Hitchcock und Lynch und bemerkte, daß mich die Musik der Filme oft mehr in den Bann zog als die Bilder. Durch diese Erkenntnis habe ich begonnen, mich immer intensiver mit diesem Thema zu beschäftigen. Da war ich etwa 20. Später ist dann auch die Begeisterung für die Minimal Music und Ambient Music dazugekommen.
Wie würdest du selbst deine musikalische Sprache beschreiben?
Ich habe immer zwei Seiten gehabt. Einerseits war ich mit dem Instrument Posaune in der Jazz- und Bigband-Richtung verhaftet und man ist bei der Ausbildung am Jazz-Konservatorium für diese “Rolle” ausgebildet worden . In diesen Jahren war ich auch oft mit Formationen wie etwa der Nouvelle Cuisine Bigband oder dem Upper Austrian Jazz Orchestra unterwegs.
Die andere -stillere- Seite von mir war immer die Klavierseite. Die ist aber, wie ich schon vorher erwähnt habe, durch meine anderen Tätigkeiten in den Hintergrund gerückt. Sie war zwar immer da, nur habe ich sie nie wirklich forciert. Irgendwann hat sich dann das Gefühl eingestellt, dass ich diese, –meine eigentlich wahre Seite- in den Vordergrund treten lassen will, die Liebe zur ruhigeren Musik.
Mit dem Entschluss, die CD „Twilight Street“ aufzunehmen, hat sich dieser Sinneswandel dann verfestigt und realisiert. Auf der CD sind teilweise auch alte Nummern drauf, die ich schon lange Zeit in der Lade liegen gehabt, aber nie verwirklicht habe.
Du hast ja inzwischen mit vielen verschiedenen Leuten aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammengearbeitet. Mit den 5/8erl In Ehr`n, Axel Wolph, Julian Le Play oder dem Upper Austrian Jazz Orchstra. Inwieweit ist es für dich bedeutend, stilistisch so breit wie möglich musizieren zu können?
Das war mir lange Zeit sehr wichtig. Im Moment verliert es immer mehr an Wichtigkeit. Ich verspüre den Drang, mich vor allem meinen eigenen Sachen zuzuwenden und meine eigene Sprache weiterzuentwickeln. Wenn man es zulässt, diese zu sprechen, dann bekommt man schnell Lust auf mehr. Der wichtigste Prozess der letzten Jahre bzw. in meinem ganzen musikalischen Leben war, die Liebe zur eigenen Musik, die immer in mir geschlummert hat, zu befreien.
Es ist inzwischen auch so, dass ich viele Sachen absage, die ich vor drei, vier Jahren noch gemacht hätte. Im Moment bin ich für laute Bigband-Musik nicht mehr richtig zu begeistern, obwohl die Energie von Jazzorchestern toll sein kann. Aber wie gesagt, ich wende mich jetzt mehr dem Raum und der Ruhe in der Musik zu.
Kannst du vielleicht etwas über das Werk „River Tales“ erzählen, dass du für Glatt & Verkehrt geschrieben hast?
Es hat damit begonnen, dass Joe Aichinger und Albert Hosp meine CD gehört haben und sie ihnen gefallen hat. Aus diesem Grund sind sie mit der Frage an mich herangetreten, ob ich etwas Neues für eine Kirche machen könnte. Das Stück bzw. die Stücke beziehen sich einerseits auf den “Fluss” als Symbol für das Wiederkehrende. Da ich andererseits ganz in der Nähe der Donau bei Krems aufgewachsen bin, habe ich sozusagen meine inneren Bilder vom Fluß “vertont”.
Und hast du freie Hand gehabt. Etwa in der Auswahl deiner MitmusikerInnen. Du hast ja wirklich einige renommierte Namen um dich gescharrt.
Ja ich hatte freie Hand. Ursprünglich wollte ich einen Solisten hinzuziehen, der sich über die Klänge drüber bewegen sollte. Angefragt habe ich zunächst bei dem amerikanischen Trompeter Jon Hassell, dem die Idee auch sehr gut gefallen hat. Nur hat es sein Terminkalender nicht zugelassen, dass aus dem Projekt etwas werden sollte. Auch Manu Delago hätte es gerne gemacht. Der hat aber eine Björk Tournee rein bekommen. Dann habe ich mir gedacht, okay, ich mache das jetzt ohne einen Solisten und schreibe für ein Ensemble, bis schließlich Joe Aichinger zu mir gekommen ist und mir die Cellistin Okkyung Lee empfohlen hat, mit der ich mich dann ausgetauscht habe. Ja, und sie habe ich jetzt als Solistin dabei. Nicht in dem Sinne, dass sie die ganze Zeit solistisch agiert, aber doch innerhalb des Ensembles den einen oder anderen “Spot” bekommen wird. Den Rest des Ensembles bilden großartige MusikerInnen, die ich schon länger kenne und mit denen ich gerne zusammenarbeite.
Ist es eigentlich eine besondere Herausforderung Musik für eine Kirche als Aufführungsort zu schreiben?
Ich denke, meine Musik bietet sich für eine solche Konstellation an. Ich liebe es, wenn sich die Musik in einem Raum ausbreiten kann. Und insofern spiele ich sehr mit den räumlichen Möglichkeiten, damit sich die Klänge entfalten können. Ich experimentiere in diesem Projekt sehr viel mit dem Hall in der Kirche und versuche diesen bestmöglich für meine Zwecke zu nützen.
Du hast ja im vergangenen Jahr den Niederösterreichischen Kulturpreis verliehen bekommen. Inwieweit hast du dich in deiner Leistung als Musiker bestätigt gefühlt. Sind dir solche Auszeichnungen wichtig?
Ich bin sehr froh und dankbar darüber. Es hat zwar lange gedauert, aber ich denke, es war letztlich eine Konsequenz daraus, dass ich wirklich unbeirrt mein Ding durchgezogen habe. Meine jetzige Musik ist eine, die aus dem Herzen kommt, und daher ist es ein sehr schönes Gefühl, dass die Leute das zu schätzen wissen.
Der Prozess, der mich an den Punkt gebracht hat, meine eigene Sprache, meinen eigenen Stil zu verwirklichen, war ein langer. Ich bewundere MusikerInnen, die schon mit 25 genau wissen, was sie machen wollen. Ich habe in diesem Alter zwar auch schon meine eigene Musik gemacht, musste aber trotzdem erst in viele Ecken reinschnuppern, um zu wissen, was ich tatsächlich will.
Inwieweit bist du deiner Meinung nach der Vorstellung des idealen Klangs deiner Musik eigentlich schon nahe gekommen?
Mit dem, was mir im Moment in meinem Kopf herumschwirrt, kann ich sagen, dass sich das gut anfühlt. Ich denke, wenn ich eine Note schreibe, dann muss diese ohnehin diesen eigenen Filter durchdringen, dass ich sie okay finde. Natürlich sind Geschmäcker verschieden und manche Menschen können vielleicht mit dem was ich mache nichts anfangen, aber ich bemühe mich sehr, authentisch zu sein und bei mir zu bleiben. Ich glaube, wenn du darauf hörst, was dir dein Gefühl sagt, dann können das die Leute auch spüren.
Wie sieht es mit zukünftigen Projekten aus? Gibt es schon welche, die du in der Pipeline hast?
Am 24. August spiele ich im Rahmen der Melker Sommerfestspiele ein Duo-Konzert mit dem Posaunisten Alois Eberl. Wir haben vor, das „River Tales“ Programm in etwas überarbeiteter Form zur Aufführung zu bringen. Dazu kommen an das Duo-Format angepasste Stücke der „Twilight Street“ CD. Auf dieses Konzert freue ich mich schon sehr, weil in dieser kleinen Besetzung, die ganze Sache noch intimer wird. Und der Plan für den Herbst ist, die Musik von „River Tales“ auf CD aufzunehmen.
Fotos Martin Ptak: Severin Koller
http://www.martinptak.com/