mica-Interview mit Martin Aschauer

Am 25. September öffnet im Wiener B72 der Club Nolabel zum ersten Mal seine Pforten und bildet damit den Auftakt zu dieser, vorerst, achtteiligen Konzertreihe. Martin Aschauer (FM5) spricht im mica-Interview über die Beweggründe, diesen Club ins Leben zu rufen und auch über die Plattform Nolabel, die dessen Hintergrund bildet.  

Nolabel ist ja sozusagen ein Kind von FM5. Welche Überlegungen standen hinter der Entscheidung, diese Plattform ins Leben zu rufen?

Das Freie Magazin FM5 ist eine Plattform für Kunst und Jugendkultur, die logischerweise nicht bloß den journalistischen Teil umfasst und gleich im ersten Jahr des Bestehens wurden wir mit der Situation konfrontiert, pro Woche 30 CDs zugeschickt zu bekommen. Einerseits sind wir kein Musikmagazin, in dem wir pro Woche sämtliche Artists featuren, deren eingeschickte Sachen hören und dann auch darüber schreiben können, andererseits bekommen wir wirklich viele qualitativ gute Sachen und die dann einfach unbehandelt wegzuwerfen, ist den Musikern gegenüber äußerst unfair.
Es ist einfach notwendig, nach qualitativen Kriterien auszuwählen und diese Selektion erfolgt nun einmal nach persönlichen Gesichtspunkten, gerade in einem freien Magazin, wo die Leute ihre Themen, über die sie schreiben, selbst entwickeln und auswählen können.
Die Musiker haben wirklich Potential, bekommen aber einfach nicht die notwendigen Hörräume, so zumindest unsere Meinung. Daraufhin haben wir eigentlich das Gespräch mit FM4 gesucht, die uns jedoch mehr oder weniger haben abblitzen lassen. In Folge haben wir schließlich überlegt, was wir, im Rahmen unserer Möglichkeiten, machen könnten, um Kunst dort abzuholen, wo sie passiert, nämlich direkt bei den Künstlern selbst. Den Musikern selbst also Möglichkeiten zu bieten, sich die notwendigen Räume, Kommunikationswege und Vernetzungstools zu schaffen. Aus diesen Überlegungen heraus ist dann Nolabel entstanden.

Wie lange gibt es die Plattform Nolabel jetzt bereits?

Nolabel ist heuer im April zwei Jahre alt geworden, das heißt, die Plattform geht gerade ins dritte Jahr, in dem wir jetzt auch den Club Nolabel ins Leben rufen.

Wie viele Künstler und Bands nehmen das Nolabel-Angebot mittlerweile in Anspruch und wie ist die Resonanz darauf?

Es sind immer ungefähr 500 Künstlerinnen und Künstler auf Nolabel vertreten gewesen, diese Größenordnung war eigentlich immer recht konstant. Dafür, dass wir keine Werbung für die Plattform gemacht haben, schon alleine, weil uns dafür einfach die finanziellen Ressourcen fehlen, ist das schon eine ziemlich beeindruckende Anzahl. Auch, weil man deutlich erkennt, dass große Nachfrage nach einem derartigen Angebot besteht und wir mit der Plattform einen richtigen Ansatz gefunden haben. Nämlich, jetzt nicht die Top-Artists zu featuren, sondern die Bands, die gerade neu im Entstehen sind, qualitativ zum Teil auch sehr gute Sachen machen, aber noch nicht die notwendigen Hörräume und Schichten für sich erschlossen haben. Für diese Künstler ist es wichtig, neue Wege zu gehen, neue Verbreitungsmöglichkeiten zu finden und wir wollen sie dabei unterstützen.

Gibt es bei Nolabel irgendwelche Teilnahmekritierien, beispielsweise eine Art qualitative Grenze, anhand derer entschieden wird, ob eine Band das Angebot nutzen darf oder nicht?

An der Plattform Nolabel kann jeder teilnehmen, der das möchte. Wir lehnen auch dieses ganze Jury-System ab. Jurys bewerten stets, stellen immer etwas in eine qualitative Relation, was immer subjektiv ist. Wir haben beschlossen, diesen Weg nicht zu gehen, sondern einfach den Künstlerinnen und Künstlern eine Ebene, einen Kommunikationskanal zur Verfügung zu stellen und darauf zu vertrauen, dass sie selbst am besten wissen, was sie machen. Somit bewerten sich alle Teilnehmenden selbst, bewerten gegenseitig ihre Songs und laden sich bestimmte Sachen runter. Auf diese Weise geben wir den Spielball wieder an die User zurück und bisher hat diese Variante eigentlich immer sehr gut funktioniert.

Kannst du einen kurzen Überblick über die wichtigsten Funktionen und das Konzept von Nolabel geben?

Die Plattform Nolabel kann Musik regionalisierbar und lokalisierbar machen. Man kann also beispielsweise ersehen, welche Bands und Künstler im Umfeld von Bad Kreuzen beheimatet sind, oder im Umkreis von Bernstein usw. Nolabel ist aber nicht bloß auf die Künstler ausgerichtet, sondern auch auf Veranstalter und Journalisten, die sich so mit den Musikern ebenfalls vernetzen können. Es war uns schon immer sehr wichtig, diese, sich daraus ergebenden, Synergieeffekte zu fördern und zu unterstützen. Mit der Umsetzung dieser Ziele in Form von Nolabel haben wir auch eine gewisse Vorreiterrolle eingenommen, vor uns gab es ein derartiges Angebot europaweit noch nicht.

Mit welchen Institutionen kooperiert die Plattform Nolabel derzeit und in welcher Weise?

Einen Kooperationspartner haben wir mit Fernwärme Wien jetzt vor allem für die Club-Szene gefunden. Was ebenfalls wirklich super funktioniert, ist die Vernetzung verschiedenster Medien, angefangen vom Drum’N’Bass Magazin Resident bis hin zum Gap und auch das mica und Manymusics sind involviert.
Es ist äußerst wichtig, dass es ein gemeinsames Miteinander gibt, ein gemeinsames Fördern von österreichischer Kunst, um sie dort zu erfassen und abzuholen, wo sie passiert. Dafür sind eben die richtigen Institutionen sehr wichtig, Partner, die sehr viel für Musikerinnen und Musiker machen und da bietet das mica in Österreich gute Schnittstellen und Informationsmöglichkeiten für Kunst- und Kulturschaffende. Man muss einfach ein verbindendes Element zwischen Konsumenten und Musikern schaffen und letzteren die Möglichkeit bieten, auch Erfahrungen sammeln zu können.

Ist es auch angedacht, mittel- oder langfristig, über die Landesgrenzen hinaus, irgendwelche Kooperationen, beispielsweise mit ähnlichen Plattformen einzugehen?

Die wichtigsten Kooperationspartner sind nach wie vor die Musikerinnen und Musiker, die an der Plattform partizipieren. Wenn man sich anschaut, wie viele Bands aus beispielsweise Italien, Deutschland, der Schweiz, Tschechien und Ungarn auf Nolabel vertreten sind, erkennt man bereits deutlich, dass wir mittlerweile längst die Grenzen Österreichs hinter uns gelassen haben. Natürlich haben wir auch vor, Nolabel weiter zu internationalisieren und österreichische Musik quasi zu exportieren, über die Landesgrenzen hinweg sichtbar und erkennbar zu machen. Was allerdings die wirtschaftlichen Kooperationspartner betrifft, so wird sich das auch weiterhin eher in Österreich abspielen.

 

 

Der Gedanke ging eh mehr in die Richtung, österreichischen Bands Auftritte im Ausland zu verschaffen und ausländischen dafür im Gegenzug Konzerte in Österreich zu ermöglichen.

Tatsächlich wissen wir, dass über Nolabel bereits jetzt schon relativ viel gebookt wird. Wir sind zwar keine Booking-Agentur, aber aufgrund eingehender Feedbacks, wo sich die Musiker bei uns bedanken, wissen wir, dass gegenseitige Einladungen, beispielsweise nach Deutschland, schon ganz gut laufen. Das organisieren wir aber großteils nicht selbst, sondern ergibt sich, eben aufgrund des bereits entstandenen Netzwerks zwischen Künstlern, Veranstaltern und Konsumente, bereits ohne jegliches Zutun unsererseits. Man erkennt deutlich, dass die einzelnen, in die Plattform involvierten, Akteure zunehmend lernen, auf die Bedürfnisse und Probleme der anderen einzugehen, miteinander zu arbeiten und so für alle Seiten neue Chancen und Möglichkeiten zu eröffnen.
Wir veranstalten in Oberösterreich ebenfalls größere Konzerte und es ist irrsinnig schwierig, in Erfahrung zu bringen, welche beispielsweise tschechische Band hierfür in Frage kommen würde. Nolabel zeigt hier neue Perspektiven auf, wie der Informationsfluss in dieser Richtung durch Vernetzung optimiert werden kann.

Ab jetzt findet regelmäßig, am letzten Dienstag des Monats, der Nolabel Club im B72 statt. Bildet die Eröffnung des Clubs den nächsten konsequenten Schritt für Nolabel, nämlich eine Basis für noch unerfahrene und unbekannte Künstler zu schaffen und diesen die Möglichkeit zu bieten, sich vor Publikum auszuprobieren?

Ja, das war dabei ein wesentlicher Gedanke, nämlich, den Sprung von der Virtualität in die Realität zu vollziehen und auch hier Akzente zu setzen. Mir sind derzeit keine Plattformen bekannt, die das ebenfalls in dieser Form umsetzen und den Bands derartige Auftrittsmöglichkeiten bieten. Dafür haben wir auch ein relativ faires System der Bezahlung gefunden.

Wie sieht dieses System aus?

Aufs Erste hört es sich zugegebenermaßen ziemlich ausbeuterisch an, die Grundgage beträgt nämlich null Euro. Extrem wichtig dabei ist das Feedback aus der Musikbranche und so werden bei jedem Club Nolabel Leute aus dem Musikbusiness anwesend sein, um eine alternative Sichtweise, abseits einer Fanbase anzubieten, wo man immer nur die Meinung derselben Leute zu hören bekommt. Die Musiker bekommen also die Möglichkeit, über den Tellerrand hinaus zu gehen und professionelles und qualitatives Feedback zu bekommen und zwar jenseits einer Jury. Wir geben keine Wertungen im eigentlichen Sinn, sondern beraten und bieten Hilfestellungen an – sofern diese natürlich seitens der Bands gewollt sind.
Es wird sicher nicht so sein, dass wir sagen “der Dreck ist schlecht”, oder so ähnlich, sondern eher, dass wir die Sache positiv angehen und schauen, was die jeweilige Band besser machen, was man verändern könnte. Ihnen zu sagen, was am Auftritt gut war, oder was man daran noch verbessern kann, beispielsweise. Gerade diese Live-Komponente ist wichtig, weil diese Auftritte und Live-Präsenz für die Bands auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen immer wichtiger werden.
Weiters bietet der Club den Bands die Möglichkeit, ihre Fans mit denen anderer Bands zu vermischen. Jede Band darf bei uns so viele Leute auf die Gästeliste schreiben, wie sie will und für jede Person, die sie schaffen, mitzunehmen und die eindeutig der Band zuordenbar ist, zahlen wir ihr einen Euro und ab 90 Gästen zwei Euro pro mitgebrachtem Besucher.
Wir lukrieren also keine Eintrittsgelder, sondern gehen den Weg, einen Hörraum und Kommunikationskanal zu eröffnen und bieten den Bands die Chance, sich zu präsentieren, andere Bands kennen zu lernen und ihre Fan-Basis zu verbreitern. Und all das in einem relativ unkommerziellen und unproblematischen Umfeld, bei dem die Band umso mehr verdient, je mehr sie es schafft, sich zu vernetzen.

War das B72 von Anfang an als Veranstaltungsort vorgesehen, oder lagen zunächst auch andere Locations in der engeren Auswahl?

Der Club ist im Wiener Replugged und in Oberösterreich ja bereits generalerprobt worden und der Grund, warum wir vom Replugged wieder Abstand genommen haben, lag einfach an der dortigen, unzureichenden Lüftung. Das B72 ist eigentlich auf uns zugekommen, weil sie den Club Nolabel für ein gutes Clubkonzept gehalten haben, das sich angenehm von anderen Angeboten abhebt und uns wurde angeboten, die Veranstaltung dort regelmäßig machen zu können. Die stellen uns das B72 gratis zur Verfügung, eine Location also, die auch Laufkundschaft hat, von der Szene her ebenfalls neue Konsumenten anspricht und darüber hinaus auch den Support und die Techniker zur Verfügung stellt.

Ist der Club Nolabel unbefristet angelegt, oder macht ihr erstmal eine befristete Testphase, um zu sehen, wie er ankommt?

Es gibt jetzt einmal acht Nolabel Konzerte und dann ist Sommerpause. Wenn dann die ganzen großen Festivals laufen, geht man ohnehin nicht so gerne in einen Club.
Danach müssen wir schauen, ob es möglich ist, das notwendige Geld aufzutreiben und überlegen, ob wir das alles unter ökonomischen Gesichtspunkten weiter führen können. Vor allem ist es wichtig und notwendig, verlässliche und gute Partner, wie beispielsweise den SKE Fonds, vielleicht Wüstenrot und vor allem Wien Energie, die uns schon massiv unterstützen, zu finden, die uns dabei helfen, den Club weiter betreiben zu können.
Es muss jedenfalls auch in der Wirtschaft die Bereitschaft bestehen, österreichische Kunst und Jugendkultur wertzuschätzen und zu unterstützen, um die nötigen Mittel aufbringen zu können, einen derartigen Club auch attraktiv zu gestalten. Es bringt ja auch nichts, so etwas zu veranstalten und dann nichts bieten zu können und die Künstler vielleicht noch, ich sage es jetzt einmal ganz salopp, ausgebeutet werden. Die Musikschaffenden selber also von dem Konzert nichts haben, außer selbst noch für die Abnützung der Instrumente aufkommen, Flyer drucken und verteilen zu müssen.
In vielen Clubs ist es gang und gäbe, dass die Bands gezwungen werden, ein gewisses Kontingent an Eintrittskarten verkaufen zu müssen, sich selbst auszubeuten und trotzdem fast nichts zurückbekommen. Wir versuchen im Gegensatz, einen positiven Ansatz zu wählen und die Veranstaltung wirklich für die Künstler und Bands zu machen. Dass dafür die notwendigen ökonomischen Grundlagen auch weiterhin gegeben sein werden, hoffen wir wirklich sehr. Es bedarf einfach einer gewissen Unterstützung seitens verschiedener Institutionen, damit österreichische Kunst weiterhin ermöglicht wird und bestehen kann.

Mir persönlich fällt in letzter Zeit verstärkt auf, dass sich sämtliche Sponsoren auf die großen Sommerfestivals konzentrieren, auf denen teure internationale Acts auftreten und andere Sachen im Gegenzug überhaupt nicht mehr interessant zu sein scheinen.

Wir selber sehen das auch so. Unsere größte Veranstaltung ist nicht der Club Nolabel, sondern das FM5 Geburtstagsfest und kaum macht man mit großen Bands mit klingendem Namen eine Veranstaltung, hat man auch schon Sponsoren an der Hand. Bietet man allerdings qualitativ gute Musik mit echten künstlerischen Präferenzen und Weiterbildungsmöglichkeiten, hat man es dagegen oftmals sehr schwer, finanzielle Unterstützung zu bekommen.
Da aber jede Band einmal klein und unerfahren angefangen hat, ist es uns eben sehr wichtig, ihnen diese Live-Auftritte bieten zu können, um sich auszuprobieren und natürlich auch Bestätigung für das eigene Schaffen zu bekommen. Es kann für eine Band sehr frustrierend sein, wirklich gute Musik zu machen und dann vor niemandem spielen zu können, eben nur deshalb, weil halt noch keiner die Band kennt. Wir möchten hier Abhilfe schaffen und auch den unbekannten Bands die notwendige Öffentlichkeit anbieten und natürlich au

 

Noch mal zurück zum Club Nolabel. Du hast erwähnt, dass bisher acht Konzerte geplant sind. Nach welchen Kriterien werden die Bands, die da auftreten werden, ausgewählt? Ich kann mir gut vorstellen, dass bei einer Plattform mit rund 500 Teilnehmern viele dabei sind, die diese Auftrittsmöglichkeit wahrnehmen wollen. Nach welchen Kriterien wählt ihr die Bands aus, die auftreten dürfen?

Es macht von vornherein schon nicht für alle Bands Sinn, dieses Angebot zu nutzen. Bands wie beispielsweise Guadalajara, die auch auf Nolabel präsent sind, brauchen diese Art von Feedback nicht mehr, da sie schon über die Erfahrung, die wir durch den Club vermitteln wollen, verfügen. Damit fällt einmal ein gewisser Anteil weg, aber du hast schon Recht, ein größerer Teil bleibt immer noch übrig und es gibt immer mehr Bewerbungen, als wir Gig-Plätze anbieten können.
Zuerst schauen wir dann zuerst, ob alle anfragenden Bands auch teilnahmeberechtigt sind, also ob sie ein Nolabel-Profil haben und dann werden wir es bei der nächsten Running-Order-Ausschreibung so machen, dass sich auch das Publikum eine Band auswählen darf. Außerdem achten wir natürlich auch darauf, an einem Auftrittsabend einen musikalischen Bogen zu schaffen.
Es ist natürlich schwierig, eine Auswahl zu treffen und dafür darf man uns auch ruhig kritisieren, aber wir bemühen uns, alles so fair wie möglich zu regeln. Dass letzten Endes aufgrund der Menge an Bands immer jemand benachteiligt wird, ist leider unvermeidbar. Die Alternative jedoch wäre es, gar nichts zu machen und wir sind auf jeden Fall der Meinung, dass es besser ist, etwas zu machen, wenn auch nicht perfekt, als überhaupt nichts zu unternehmen.

Hättet ihr die finanziellen und lokalen Möglichkeiten, würdet ihr den Club auch öfter als einmal im Monat veranstalten, oder würden damit dann auch eure personellen Ressourcen an ihre Grenzen stoßen?

Momentan schauen wir sehr aktiv, dass wir den Club Nolabel auch in die Bundesländer bringen können. Da gibt es gerade sehr gute Gespräche und nun muss man schauen, wie sich das alles entwickeln wird. Vor allem darf nicht vergessen werden, wie viel Arbeit hinter all dem steckt. Es ist aber noch nicht klar, ob das dann unter Club Nolabel laufen wird und wir selbst die Konzerte veranstalten, oder wir lediglich eine Art Vermittlerrolle übernehmen werden, um Bands Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen. Das hängt auch immer sehr von den zur Verfügung stehenden wirtschaftlichen Ressourcen ab. In Oberösterreich schaut es jedenfalls so aus, als ob es dort auch bald einen Club Nolabel geben wird.

Für wann genau ist das geplant bzw. wo soll das dort stattfinden?

Momentan verhandeln wir, um Nolabel 2009 nach Linz zu bringen. Es gibt noch eine Location im Baumgartenberg, deren Betreiber auch sehr an unserem Konzept einer regelmäßigen Veranstaltung interessiert wären – dort findet auch immer das FM5 Fest statt. Schwierig dabei ist natürlich auch, dass sich die jeweiligen Partner auch den Musikstandards, die wir festlegen, unterwerfen müssen. Wir halten nichts davon, dass Künstlerinnen und Künstler ausgebeutet werden, sondern sind bestrebt, dass sich alles in einem attraktiven, fairen und nachvollziehbaren Rahmen bewegt.
Es gibt genügend Lokalitäten, die gerne noch aktiver auf unser Netzwerk zugreifen würden, wir jedoch nichts davon halten, dass Bands dort dafür zahlen müssen, auftreten zu dürfen. So bekommt eine Band beispielsweise nur die Auftrittszusage, wenn sie garantiert, mindestens 50 Karten zu verkaufen. Wenn sie das nicht schafft, müssen die Mitglieder selbst draufzahlen. Diese Praxis gibt es auch bei vielen Bandwettbewerben, wovon wir wirklich überhaupt nichts halten und das nicht auch noch unterstützen wollen.
Im Gegensatz sind wir bestrebt, wieder auf eine gemeinschaftliche Basis zurück zu kommen, wo die Veranstalter lernen, die Bedürfnisse der Künstler zu berücksichtigen, aber auch in die andere Richtung die Musiker die Möglichkeiten und Risiken der Veranstalter begreifen und alle gemeinsam neue Wege gehen.
Wir sehen Nolabel einfach als Angebot, wobei wir nicht böse sind, wenn es irgendjemand nicht nutzen will. Es ist nur wichtig, dass die Bands überhaupt wissen, dass es diese Angebote überhaupt gibt, egal ob das jetzt Nolabel ist oder manymusics.org, wo Künstler ihre Produkte zum Download anbieten können. Zum Verkauf, wohlgemerkt, und nicht immer nur gratis zu verschenken. Einfach das Bewusstsein zu schaffen, dass Musik und Kunst ruhig auch etwas kosten darf.
In der Richtung sind manymusics oder auch das mica wichtige Player und Anlaufstellen, die man aber auch erst einmal kennen lernen muss. Die Künstler müssen auch erst einmal darüber informiert werden, dass es beispielsweise eine SKE-Fonds Förderung gibt, oder welche Partner kulturaffin sind, wie etwa Fernwärme Wien. Und dieses gemeinsame Miteinander wollen wir zukünftig weiter ausbauen und auch in der Realität Akzente setzen.

Es sind ja sicher bei euch auch Bands vertreten, die bereits bei einem Label untergekommen sind. Sind diese durch die Teilnahme an Nolabel in irgendeiner Weise eurer Plattform verpflichtet oder könnten sich dadurch rechtliche Probleme für die Bands ergeben?

Nein, wir sind auch glaube ich die einzige Plattform, die die Rechtsverhältnisse dermaßen klar legt, auch gegenüber den Konsumenten. Bei uns kann man einsehen, welche Bands bei der AKM oder Austromechana sind und welche unter Creative Commons lizenzieren. Letzteres ist auch ein Punkt, den die Musikwirtschaft derzeit noch komplett ausblendet, wobei das Creative Commons Modell den Bands neue Möglichkeiten bietet, die wir auch darstellen und aufzeigen wollen.
Irgendwelche Probleme gibt es hinsichtlich einer Mitgliedschaft bei Nolabel nicht. Wir haben einen Vertrag mit Austromechana und bezahlen auch für die Musik, die bei Nolabel downgeloadet wird. Bei uns geht man keinen Exklusivvertrag ein. Solange für den Künstler die Plattform attraktiv ist, kann er sie wählen, sobald sie das nicht mehr ist und ihren Zweck für das jeweilige Mitglied nicht mehr erfüllt, besteht jederzeit die Möglichkeit, sich genauso schnell wieder abzumelden, wie das bei der Anmeldung der Fall war. Wir zwingen niemanden dazu, sich bei und anzumelden und wir zwingen auch niemanden, dazu, angemeldet zu bleiben.
Nolabel ist ein Angebot, ob dieses Angebot genutzt wird, oder nicht, liegt, im Sinne der Nachfrage, bei den Konsumenten und bei den Musikern selbst. Sehen sie Sinn darin, oder tun sie das nicht. Wir wären froh darüber, wenn wirklich alles optimal laufen würde und wir Nolabel nicht mehr betreiben müssten, oder wenn es Angebote geben würde, die unsere Aufgaben besser und effektiver erfüllen könnten. Dann würden wir erstmal darüber nachdenken, den Betrieb der Plattform zu beenden. Solange es diese anderen Angebote jedoch nicht gibt und das Feedback seitens der Künstler eindeutig “weitermachen” lautet, weil sie einfach darauf angewiesen sind, werden wir das auch tun.

Das Interview führte Michael Masen

Foto 2 und 3: Markus Ossanger