mica-Interview mit Markus Kienzl

Mit seinen Soloarbeiten, die er vor zwei Jahren mit dem Album “Product” erstmals in gesammelter Form einer breiten Öffentlichkeit präsentierte, konnte sich Markus Kienzl auch außerhalb Österreichs einen Namen machen. Ein Gespräch mit dem viel beschäftigten Elektronikmusiker, Remixer und Club-Beschaller über den Stellenwert seiner Solotätigkeiten, nerdiges Equipment-Gebaren und Eitelkeiten vom DJ-Pult. Welchen Stellenwert haben deine Solotätigkeiten in Relation zum Schaffen mit den Sofa Surfers? Eine bloße Nebenbeschäftigung?

Es ist mehr als eine Nebenbeschäftigung. Ich denke, es ist ein sinnvoller Ausgleich, auch zur Band. Weil man logischerweise autark ist und weil man die Dinge selbst produzieren kann, die einem spontan am Herzen liegen. Das heißt: Es geht schneller, einen direkten Ausdruck zu finden. Aber es liegt trotzdem das Hauptaugenmerk auf den Sofa Surfers. Wenn gerade eine Sofa-Surfers-Produktion ansteht, nutzt man für sein eigenes Ding höchstens die Zeit, die frei bleibt. Aber es ist gleichzeitig auch für das Netzwerk sinnvoll. Dass es sich weiter verzweigt – auch für die Sofas. Ich sehe das schon oft als Vice-Versa: Dass man gerade mit Club-Geschichten irgendwo neu Fuß fassen kann und dass sich das dann auch wieder zu einer gewissen Verbreiterung eignet.

Bei deinem ersten Soloalbum “Product”, war’s ja so, dass es Stücke versammelte, die im Lauf von vier Jahren entstanden sind. Wie sieht das bezüglich deines nächsten Albums aus? Liegt aufgrund dieser Arbeitsweise schon etwas in der Lade?

Das was jetzt ansteht ist eine Maxi, weil dieses Format eher für schnelle Tracks sinnvoll ist. Es ist im Moment so, dass ich gerne live spiele und das natürlich vor allem in Clubs wo die Situation eher beschleunigte Tracks erfordert. Da bin ich gerade dabei. Aber es gibt auch genug andere Sachen an denen ich gerade arbeite. Wenn ich ein Album mache, dann herrschen aber ganz andere Voraussetzungen, damit auch ich zufrieden bin. Ein Album hat für mich den Charakter, dass ich mir das auch zu Hause anhören kann. Und das fühlt sich logischerweise anders an als im Club. Das mit dem Album dauert aber noch ein wenig.

Du hast das Live-Spielen angesprochen: Die meisten Live-Fotos zeigen dich mit unheimlich vielen Gerätschaften, Kabel und Knöpfen. Wie hast du es mit dem Equipment? Schlummert in dieser Hinsicht ein Nerd in dir?

Schon eher. Nerd ist aber ein wenig übertrieben ausgedrückt. Ich befasse mich so weit damit, als dass ich mir denke dass es mich im Ausdruck irgendwie weiter bringt. Es ist aber keinesfalls so, dass ich bis ins letzte Detail genau Bescheid weiß. Oder Bescheid wissen will. Aber klar ist es auch ein gewisses Vice-Versa. Es bringt dich weiter, wenn du dich damit befasst und du kannst ganz neue Dinge ausprobieren, wenn du dich damit halbwegs auseinander setzt und dich auskennst. Daran finde ich durchaus Gefallen.

Du bist auch als Remixer bekannt. Wie sieht für dich der Stellenwert dieser Tätigkeit aus? Bzw. was würde dich in diesem künstlerischen Feld noch besonders reizen?

Was das angeht habe ich überhaupt keine Präferenzen. Mit Remixen ist es bei mir so, dass ich von mir remixte Stücke als meine Stücke betrachte. Und natürlich umgekehrt: Wenn jemand ein Stück von mir remixed, dann macht derjenige sein Ding daraus. Aber im Generellen hat das für mich nicht so einen hohen Stellenwert . Wenn was an mich herangetragen wird und ich habe Zeit und Freude daran, dann sehr gerne. Aber es ist immer ein Problem, wenn man dann einen guten Track zusammenkriegt – so in der Basis -, ob man den dann für sich selbst verwenden soll. (lacht)

Um auf deine Tätigkeit als DJ bzw. in deinem Fall als clubkultureller Musikgenerator zu sprechen zu kommen: Verändert sich der Zugang zum Clubgebaren, wenn man doch etwas über Dreißig ist?

Im Prinzip gehe ich auch kaum mehr richtig weg, außer ich spiele .

Nur noch zum Arbeiten also .

Wenn du immer dort bist und dort sein musst, ist es etwas Anderes als klassisch wegzugehen. Also wenn du nur zuhören kannst … Aber woran ich noch immer Gefallen finde, ist, einfach lärmig sein zu können und die Stücke, die man im Studio macht endlich in einer gewissen Lautstärke fahren zu können. Das macht Sinn.

Die Auflege als große Versuchsanstalt für die eigenen Tracks?

Ja, schon ein bisschen, und wenn du auch noch die Möglichkeit hast, die Tracks den Raumverhältnissen anzupassen, wie du was fahren kannst, wann lauter oder leiser, dann hat das schon seinen Reiz und macht mir auch noch immer Spaß.

Willst du dabei eher dir selbst dienlich sein, wenn es darum geht, wie man ein Set gestaltet, oder dem Publikum? DJ-Dienstleister oder eine eitle Angelegenheit?

Ein bisschen eitel wahrscheinlich eh auch . Aber ich mach’s ja auch anderes als ein DJ, der jetzt ganz klassisch Platten mit hat. Ich kann bei meinen Sachen einfach sehr viel variieren. Dass es sich an die Gegebenheit anpasst – an die Stimmung des Ganzen. Das funktioniert ziemlich gut. Im schlechtesten Fall geht’s in die Hose (lacht). Aber es war noch nie ganz katastrophal. Ich denke mir, gerade das Anpassen an die Situationen vor Ort und die Stimmung, das ist das große Plus, das ich habe. Dass ich halt nicht Platten auflege, die hintereinander passieren. Dass ich da noch variieren kann. Und das macht mir auch Spaß.

Bei deinem Auftritt in New York wird Business as usual herrschen?

Ein bisschen. Uns freut es, dass wir mal nach New York kommen. Das einzige, was ich nicht weiß, ist, wie das im Austrian Cultural Forum sein wird. Aber ich lass’ mich mal überraschen.

Wie sieht es mit Projekten abseits der Musik aus?

Ich habe ja eine Tochter die jetzt zwei Jahre alt ist. Und bin ehrlich gesagt gerade froh, dass ich überhaupt Zeit für die Musik finde. Dass das alles rennt. Gerade am Anfang hat es viele Abstriche gegeben, was das betrifft. Aber wenn ich überhaupt Zeit habe, dann schaue ich, dass ich Musik mache.

Hat sich durch die Tochter der Stellenwert der Musik verändert?

Eigentlich nicht, aber dieser Umstand lässt halt weniger Handlungsspielraum für spontane Sachen zu. Ich muss mir immer erst die Zeit dafür nehmen. Weil die brauche ich immer, damit etwas Gutes entstehen kann. Nur drei Stunden und dann muss ich wieder woanders hin, das funktioniert nicht so.

Johannes Luxner

Markus Kienzl